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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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In dem alten Herrenhause zu Stechlin sah es am
Begräbnistage sehr verändert aus; sonst so still und
abgeschieden, war heute alles Andrang und Bewegung.
Zahllose Kutschen erschienen und stellten sich auf dem
Dorfplatz auf, die meisten ganz in Nähe der Kirche.
Diese lag in prallem Sonnenschein da, so daß man
deutlich die hohen, in die Feldsteinwand eingemauerten
Grabsteine sah, die früher, vor der Restaurierung, im
Kirchenschiff gelegen hatten. Epheu fehlte; nur Holunder¬
büsche, die zu grünen anfingen, und dazwischen Eber¬
eschensträucher wuchsen um den Chor herum.

Der Tote war auf dem durch Palmen und Lorbeer
in eine grüne Halle umgewandelten Hausflur aufgebahrt.
Adelheid machte die Honneurs, und ihre hohen Jahre,
noch mehr aber ihr Selbstbewußtsein, ließen sie die ihr
zuständige Rolle mit einer gewissen Würde durchführen.
Außer den Barbys, Vater und Tochter, waren, von
Berlin her, noch Baron und Baronin Berchtesgaden
gekommen, ebenso Rex und Hauptmann von Czako.
Rex sah aus, als ob er am Grabe sprechen wolle,
während sich Czako darauf beschränkte, das gesellschaft¬
liche Durchschnittstrauermaß zu zeigen.

Aber diese Berliner Gäste verschwanden natürlich
in dem Kontingent, das die Grafschaft gestellt hatte.
Dieselben Herren, die sich -- kaum ein halbes Jahr
zurück -- am Rheinsberger Wahltage zusammengefunden
und sich damals, von ein paar Ausnahmen abgesehen,
über Torgelows Sieg eigentlich mehr erheitert als ge¬
ärgert hatten, waren auch heute wieder da: Baron Beetz,
Herr von Krangen, Jongherr van dem Peerenbom, von
Gnewkow, von Blechernhahn, von Storbeck, von Molchow,
von der Nonne, die meisten, wie herkömmlich, mit sehr
kritischen Gesichtern. Auch Direktor Thormeyer war
gekommen, in pontificalibus, angethan mit so vielen
Orden und Medaillen, daß er damit weit über den

In dem alten Herrenhauſe zu Stechlin ſah es am
Begräbnistage ſehr verändert aus; ſonſt ſo ſtill und
abgeſchieden, war heute alles Andrang und Bewegung.
Zahlloſe Kutſchen erſchienen und ſtellten ſich auf dem
Dorfplatz auf, die meiſten ganz in Nähe der Kirche.
Dieſe lag in prallem Sonnenſchein da, ſo daß man
deutlich die hohen, in die Feldſteinwand eingemauerten
Grabſteine ſah, die früher, vor der Reſtaurierung, im
Kirchenſchiff gelegen hatten. Epheu fehlte; nur Holunder¬
büſche, die zu grünen anfingen, und dazwiſchen Eber¬
eſchenſträucher wuchſen um den Chor herum.

Der Tote war auf dem durch Palmen und Lorbeer
in eine grüne Halle umgewandelten Hausflur aufgebahrt.
Adelheid machte die Honneurs, und ihre hohen Jahre,
noch mehr aber ihr Selbſtbewußtſein, ließen ſie die ihr
zuſtändige Rolle mit einer gewiſſen Würde durchführen.
Außer den Barbys, Vater und Tochter, waren, von
Berlin her, noch Baron und Baronin Berchtesgaden
gekommen, ebenſo Rex und Hauptmann von Czako.
Rex ſah aus, als ob er am Grabe ſprechen wolle,
während ſich Czako darauf beſchränkte, das geſellſchaft¬
liche Durchſchnittstrauermaß zu zeigen.

Aber dieſe Berliner Gäſte verſchwanden natürlich
in dem Kontingent, das die Grafſchaft geſtellt hatte.
Dieſelben Herren, die ſich — kaum ein halbes Jahr
zurück — am Rheinsberger Wahltage zuſammengefunden
und ſich damals, von ein paar Ausnahmen abgeſehen,
über Torgelows Sieg eigentlich mehr erheitert als ge¬
ärgert hatten, waren auch heute wieder da: Baron Beetz,
Herr von Krangen, Jongherr van dem Peerenbom, von
Gnewkow, von Blechernhahn, von Storbeck, von Molchow,
von der Nonne, die meiſten, wie herkömmlich, mit ſehr
kritiſchen Geſichtern. Auch Direktor Thormeyer war
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Orden und Medaillen, daß er damit weit über den

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[498/0505] In dem alten Herrenhauſe zu Stechlin ſah es am Begräbnistage ſehr verändert aus; ſonſt ſo ſtill und abgeſchieden, war heute alles Andrang und Bewegung. Zahlloſe Kutſchen erſchienen und ſtellten ſich auf dem Dorfplatz auf, die meiſten ganz in Nähe der Kirche. Dieſe lag in prallem Sonnenſchein da, ſo daß man deutlich die hohen, in die Feldſteinwand eingemauerten Grabſteine ſah, die früher, vor der Reſtaurierung, im Kirchenſchiff gelegen hatten. Epheu fehlte; nur Holunder¬ büſche, die zu grünen anfingen, und dazwiſchen Eber¬ eſchenſträucher wuchſen um den Chor herum. Der Tote war auf dem durch Palmen und Lorbeer in eine grüne Halle umgewandelten Hausflur aufgebahrt. Adelheid machte die Honneurs, und ihre hohen Jahre, noch mehr aber ihr Selbſtbewußtſein, ließen ſie die ihr zuſtändige Rolle mit einer gewiſſen Würde durchführen. Außer den Barbys, Vater und Tochter, waren, von Berlin her, noch Baron und Baronin Berchtesgaden gekommen, ebenſo Rex und Hauptmann von Czako. Rex ſah aus, als ob er am Grabe ſprechen wolle, während ſich Czako darauf beſchränkte, das geſellſchaft¬ liche Durchſchnittstrauermaß zu zeigen. Aber dieſe Berliner Gäſte verſchwanden natürlich in dem Kontingent, das die Grafſchaft geſtellt hatte. Dieſelben Herren, die ſich — kaum ein halbes Jahr zurück — am Rheinsberger Wahltage zuſammengefunden und ſich damals, von ein paar Ausnahmen abgeſehen, über Torgelows Sieg eigentlich mehr erheitert als ge¬ ärgert hatten, waren auch heute wieder da: Baron Beetz, Herr von Krangen, Jongherr van dem Peerenbom, von Gnewkow, von Blechernhahn, von Storbeck, von Molchow, von der Nonne, die meiſten, wie herkömmlich, mit ſehr kritiſchen Geſichtern. Auch Direktor Thormeyer war gekommen, in pontificalibus, angethan mit ſo vielen Orden und Medaillen, daß er damit weit über den

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 498. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/505>, abgerufen am 21.11.2024.