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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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einen Tag verweilen zu wollen. Von Capri nahm
Woldemar ein einziges Andenken mit, einen Kranz von
Lorbeer und Oliven. "Den hat er sich verdient." --

Die letzte Station war Dresden, und von hier aus
war es denn auch, daß Woldemar ein paar kurze Zeilen
an Lorenzen richtete.

Lieber Lorenzen.

Seit einer halben Stunde sind wir in Dresden,
und ich schreibe diese Zeilen angesichts des immer
wieder schönen Bildes von der Terrasse aus, das auch
auf den Verwöhntesten noch wirkt. Wir wollen morgen
in aller Frühe von hier fort, sind um zehn in Berlin
und um zwölf in Gransee. Denn ich will zunächst
unser altes Stechlin wiedersehen und einen Kranz am
Sarge niederlegen. Bitte, sorgen Sie, daß mich ein
Wagen auf der Station erwartet. Wenn ich auch Sie
persönlich träfe, so wäre mir das das Erwünschteste.
Es plaudert sich unterwegs so gut. Und von wem
könnt' ich mehr und zugleich Zuverlässigeres erfahren,
als von Ihnen, der Sie die letzten Tage mit durch¬
lebt haben werden. Meine Frau grüßt herzlichst.
Wie immer Ihr alter, treu und dankbar ergebenster

Woldemar v. St.

Um zwölf hielt der Zug auf Bahnhof Gransee.
Woldemar sah schon vom Coupe aus den Wagen; aber
statt Lorenzen war Krippenstapel da. Das war ihm
zunächst nicht angenehm, aber er nahm es bald von
der guten Seite. "Krippenstapel ist am Ende noch besser,
weil er unbefangener ist und mit manchem weniger zu¬
rückhält. Lorenzen, wenn er dies Wort auch belächeln
würde, hat einen diplomatischen Zug."

In diesem Augenblick erfolgte die Begrüßung mit
dem inzwischen herangetretenen "Bienenvater", und alle

einen Tag verweilen zu wollen. Von Capri nahm
Woldemar ein einziges Andenken mit, einen Kranz von
Lorbeer und Oliven. „Den hat er ſich verdient.“ —

Die letzte Station war Dresden, und von hier aus
war es denn auch, daß Woldemar ein paar kurze Zeilen
an Lorenzen richtete.

Lieber Lorenzen.

Seit einer halben Stunde ſind wir in Dresden,
und ich ſchreibe dieſe Zeilen angeſichts des immer
wieder ſchönen Bildes von der Terraſſe aus, das auch
auf den Verwöhnteſten noch wirkt. Wir wollen morgen
in aller Frühe von hier fort, ſind um zehn in Berlin
und um zwölf in Granſee. Denn ich will zunächſt
unſer altes Stechlin wiederſehen und einen Kranz am
Sarge niederlegen. Bitte, ſorgen Sie, daß mich ein
Wagen auf der Station erwartet. Wenn ich auch Sie
perſönlich träfe, ſo wäre mir das das Erwünſchteſte.
Es plaudert ſich unterwegs ſo gut. Und von wem
könnt' ich mehr und zugleich Zuverläſſigeres erfahren,
als von Ihnen, der Sie die letzten Tage mit durch¬
lebt haben werden. Meine Frau grüßt herzlichſt.
Wie immer Ihr alter, treu und dankbar ergebenſter

Woldemar v. St.

Um zwölf hielt der Zug auf Bahnhof Granſee.
Woldemar ſah ſchon vom Coupé aus den Wagen; aber
ſtatt Lorenzen war Krippenſtapel da. Das war ihm
zunächſt nicht angenehm, aber er nahm es bald von
der guten Seite. „Krippenſtapel iſt am Ende noch beſſer,
weil er unbefangener iſt und mit manchem weniger zu¬
rückhält. Lorenzen, wenn er dies Wort auch belächeln
würde, hat einen diplomatiſchen Zug.“

In dieſem Augenblick erfolgte die Begrüßung mit
dem inzwiſchen herangetretenen „Bienenvater“, und alle

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[512/0519] einen Tag verweilen zu wollen. Von Capri nahm Woldemar ein einziges Andenken mit, einen Kranz von Lorbeer und Oliven. „Den hat er ſich verdient.“ — Die letzte Station war Dresden, und von hier aus war es denn auch, daß Woldemar ein paar kurze Zeilen an Lorenzen richtete. Lieber Lorenzen. Seit einer halben Stunde ſind wir in Dresden, und ich ſchreibe dieſe Zeilen angeſichts des immer wieder ſchönen Bildes von der Terraſſe aus, das auch auf den Verwöhnteſten noch wirkt. Wir wollen morgen in aller Frühe von hier fort, ſind um zehn in Berlin und um zwölf in Granſee. Denn ich will zunächſt unſer altes Stechlin wiederſehen und einen Kranz am Sarge niederlegen. Bitte, ſorgen Sie, daß mich ein Wagen auf der Station erwartet. Wenn ich auch Sie perſönlich träfe, ſo wäre mir das das Erwünſchteſte. Es plaudert ſich unterwegs ſo gut. Und von wem könnt' ich mehr und zugleich Zuverläſſigeres erfahren, als von Ihnen, der Sie die letzten Tage mit durch¬ lebt haben werden. Meine Frau grüßt herzlichſt. Wie immer Ihr alter, treu und dankbar ergebenſter Woldemar v. St. Um zwölf hielt der Zug auf Bahnhof Granſee. Woldemar ſah ſchon vom Coupé aus den Wagen; aber ſtatt Lorenzen war Krippenſtapel da. Das war ihm zunächſt nicht angenehm, aber er nahm es bald von der guten Seite. „Krippenſtapel iſt am Ende noch beſſer, weil er unbefangener iſt und mit manchem weniger zu¬ rückhält. Lorenzen, wenn er dies Wort auch belächeln würde, hat einen diplomatiſchen Zug.“ In dieſem Augenblick erfolgte die Begrüßung mit dem inzwiſchen herangetretenen „Bienenvater“, und alle

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 512. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/519>, abgerufen am 21.11.2024.