Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.Sie liegen tief in Sand und Blut, Im ersten Grün die Gräber stehn, Der beste Bursch daneben ruht, Den Mädchenaugen je gesehn. Weh Sieger Dir, der nach der Schlacht Noch die Geschlagnen niedertrat, Du hast manch' Herz betrübt gemacht, Das Dir doch nichts zu Leide that." - Ich habe bis hierher in kurzen Worten die Schlacht von Culloden beschrieben; ich führe nun den Leser auf das Schlachtfeld hinaus. Der Weg führt von Inverneß zunächst zwischen Gärten und Ahornbäumen, dann zwischen Hecken und Hügeln hin, die hier und dort den Weg verengen und eine Art Schluchten-Terrain bilden. Wir mochten eine gute Viertelstunde gegangen sein, als sich plötzlich der Blick nach allen Seiten erweiterte und unser Führer mit der vollen Hand in's Blaue deutend, ausrief: "there's Culloden Moor." Ziemlich zu unseren Füßen und das Hügel-Terrain umzirkend, aus dem wir eben heraustraten, floß ein Bach, halb Graben halb Bergwasser, und bezeichnete die Grenze zwischen dem diesseits gelegenen Gartenland von Inverneß und der Oede des Moorlands das jenseits lag. Sogar die abschüssigen Wände des Baches selbst schienen an dieser Scheidung Theil zu nehmen; die eine Wand war dicht mit Disteln bestanden, die andere war kahl und die Vergißmeinnicht am untersten Rande derselben, gehörten mehr dem Wasser als dem Boden an. Wir passirten eine alte Feldsteinbrücke, die über den Bach führte und standen nun auf Culloden-Moor. Dies berühmt gewordene Sie liegen tief in Sand und Blut, Im ersten Grün die Gräber stehn, Der beste Bursch daneben ruht, Den Mädchenaugen je gesehn. Weh Sieger Dir, der nach der Schlacht Noch die Geschlagnen niedertrat, Du hast manch’ Herz betrübt gemacht, Das Dir doch nichts zu Leide that.“ – Ich habe bis hierher in kurzen Worten die Schlacht von Culloden beschrieben; ich führe nun den Leser auf das Schlachtfeld hinaus. Der Weg führt von Inverneß zunächst zwischen Gärten und Ahornbäumen, dann zwischen Hecken und Hügeln hin, die hier und dort den Weg verengen und eine Art Schluchten-Terrain bilden. Wir mochten eine gute Viertelstunde gegangen sein, als sich plötzlich der Blick nach allen Seiten erweiterte und unser Führer mit der vollen Hand in’s Blaue deutend, ausrief: „there’s Culloden Moor.“ Ziemlich zu unseren Füßen und das Hügel-Terrain umzirkend, aus dem wir eben heraustraten, floß ein Bach, halb Graben halb Bergwasser, und bezeichnete die Grenze zwischen dem diesseits gelegenen Gartenland von Inverneß und der Oede des Moorlands das jenseits lag. Sogar die abschüssigen Wände des Baches selbst schienen an dieser Scheidung Theil zu nehmen; die eine Wand war dicht mit Disteln bestanden, die andere war kahl und die Vergißmeinnicht am untersten Rande derselben, gehörten mehr dem Wasser als dem Boden an. Wir passirten eine alte Feldsteinbrücke, die über den Bach führte und standen nun auf Culloden-Moor. Dies berühmt gewordene <TEI> <text> <body> <div> <div> <p> <lg type="poem"> <pb facs="#f0254" n="240"/> <l>Sie liegen tief in Sand und Blut,</l><lb/> <l>Im ersten Grün die Gräber stehn,</l><lb/> <l>Der beste Bursch daneben ruht,</l><lb/> <l>Den Mädchenaugen je gesehn.</l><lb/> <l>Weh Sieger Dir, der nach der Schlacht</l><lb/> <l>Noch die Geschlagnen niedertrat,</l><lb/> <l>Du hast manch’ Herz betrübt gemacht,</l><lb/> <l>Das Dir doch nichts zu Leide that.“ –</l><lb/> </lg> </p><lb/> <p>Ich habe bis hierher in kurzen Worten die <hi rendition="#g">Schlacht</hi> von Culloden beschrieben; ich führe nun den Leser auf das <hi rendition="#g">Schlachtfeld</hi> hinaus. Der Weg führt von Inverneß zunächst zwischen Gärten und Ahornbäumen, dann zwischen Hecken und Hügeln hin, die hier und dort den Weg verengen und eine Art Schluchten-Terrain bilden.</p><lb/> <p>Wir mochten eine gute Viertelstunde gegangen sein, als sich plötzlich der Blick nach allen Seiten erweiterte und unser Führer mit der vollen Hand in’s Blaue deutend, ausrief: <hi rendition="#aq"><foreign xml:lang="eng">„there’s Culloden Moor.“</foreign></hi> Ziemlich zu unseren Füßen und das Hügel-Terrain umzirkend, aus dem wir eben heraustraten, floß ein Bach, halb Graben halb Bergwasser, und bezeichnete die Grenze zwischen dem diesseits gelegenen Gartenland von Inverneß und der Oede des Moorlands das jenseits lag. Sogar die abschüssigen Wände des Baches selbst schienen an dieser Scheidung Theil zu nehmen; die eine Wand war dicht mit Disteln bestanden, die andere war kahl und die Vergißmeinnicht am untersten Rande derselben, gehörten mehr dem Wasser als dem Boden an. Wir passirten eine alte Feldsteinbrücke, die über den Bach führte und standen nun auf Culloden-Moor. Dies berühmt gewordene<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [240/0254]
Sie liegen tief in Sand und Blut,
Im ersten Grün die Gräber stehn,
Der beste Bursch daneben ruht,
Den Mädchenaugen je gesehn.
Weh Sieger Dir, der nach der Schlacht
Noch die Geschlagnen niedertrat,
Du hast manch’ Herz betrübt gemacht,
Das Dir doch nichts zu Leide that.“ –
Ich habe bis hierher in kurzen Worten die Schlacht von Culloden beschrieben; ich führe nun den Leser auf das Schlachtfeld hinaus. Der Weg führt von Inverneß zunächst zwischen Gärten und Ahornbäumen, dann zwischen Hecken und Hügeln hin, die hier und dort den Weg verengen und eine Art Schluchten-Terrain bilden.
Wir mochten eine gute Viertelstunde gegangen sein, als sich plötzlich der Blick nach allen Seiten erweiterte und unser Führer mit der vollen Hand in’s Blaue deutend, ausrief: „there’s Culloden Moor.“ Ziemlich zu unseren Füßen und das Hügel-Terrain umzirkend, aus dem wir eben heraustraten, floß ein Bach, halb Graben halb Bergwasser, und bezeichnete die Grenze zwischen dem diesseits gelegenen Gartenland von Inverneß und der Oede des Moorlands das jenseits lag. Sogar die abschüssigen Wände des Baches selbst schienen an dieser Scheidung Theil zu nehmen; die eine Wand war dicht mit Disteln bestanden, die andere war kahl und die Vergißmeinnicht am untersten Rande derselben, gehörten mehr dem Wasser als dem Boden an. Wir passirten eine alte Feldsteinbrücke, die über den Bach führte und standen nun auf Culloden-Moor. Dies berühmt gewordene
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(2018-07-25T15:22:45Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas, Linda Martin: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T15:22:45Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Hrsg. von Maren Ermisch. Berlin 2017 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das reiseliterarische Werk, Bd. 2]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Der Text der Ausgabe wird hier ergänzt um das Kapitel „Lochleven-Castle“, das aus verlagstechnischen Gründen in der Erstausgabe fehlte (vgl. dazu die entsprechenden Informationen auf der Seite der Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen). Die dazugehörigen Faksimiles, 0331 bis 0333, wurden von Seiten der Österreichischen Nationalbibliothek übernommen. Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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