Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.

Bild:
<< vorherige Seite

einige Redner suchten das Volk für die Idee zu begeistern, aus dem bereits vorhandenen Material eine Steinpyramide aufzuschichten. Man begann auch, aber eh' noch irgend ein Resultat gewonnen war, fing der Whisky an, seine Wirkung zu äußern. Der Steinhaufen, der schon da lag, wurde auseinandergerissen; dem Secretair und Kassirer wurden Hochs gebracht, "weil sie gescheidte Leute gewesen seien", die Gräber wurden zu Zech- und Tanzplätzen, und eine von Lärm, Uebermuth und Whisky berauschte Menge zog endlich wieder in die Stadt zurück. Wie jene wüste Nacht das intendirte Monument ließ, so ist es geblieben, ein Haufen Steine, theils noch aufgeschichtet daliegend, theils umhergestreut, das Ganze eine Stätte der Verwüstung. -

Wir schieden gern von dieser Hälfte des Friedhofs, die zu so viel unerfreulichen Betrachtungen Veranlassung gab, und setzten unsern Weg noch ein paar tausend Schritt bis über diese Stätte hinaus fort. An einem Granitblock von der Form eines Riesen-Kiesels machten wir Halt. Dieser Stein, der zugleich die äußerste Grenze des Schlachtfeldes bezeichnet, heißt der Duke's Stone, "der Herzogs-Stein". Er liegt hart am Wege wie ein Meilenstein. Als die Grampians noch jung waren, müssen längst verronnene Fluthen diesen Felsblock losgelöst, und mit ihm spielend, ihn endlich an dieser Stelle niedergelegt haben. Der Stein ist beinah mannshoch und von solchem Umfang, daß 24 Personen mit Bequemlichkeit daran essen könnten. Es heißt, daß der Herzog

einige Redner suchten das Volk für die Idee zu begeistern, aus dem bereits vorhandenen Material eine Steinpyramide aufzuschichten. Man begann auch, aber eh’ noch irgend ein Resultat gewonnen war, fing der Whisky an, seine Wirkung zu äußern. Der Steinhaufen, der schon da lag, wurde auseinandergerissen; dem Secretair und Kassirer wurden Hochs gebracht, „weil sie gescheidte Leute gewesen seien“, die Gräber wurden zu Zech- und Tanzplätzen, und eine von Lärm, Uebermuth und Whisky berauschte Menge zog endlich wieder in die Stadt zurück. Wie jene wüste Nacht das intendirte Monument ließ, so ist es geblieben, ein Haufen Steine, theils noch aufgeschichtet daliegend, theils umhergestreut, das Ganze eine Stätte der Verwüstung. –

Wir schieden gern von dieser Hälfte des Friedhofs, die zu so viel unerfreulichen Betrachtungen Veranlassung gab, und setzten unsern Weg noch ein paar tausend Schritt bis über diese Stätte hinaus fort. An einem Granitblock von der Form eines Riesen-Kiesels machten wir Halt. Dieser Stein, der zugleich die äußerste Grenze des Schlachtfeldes bezeichnet, heißt der Duke’s Stone, „der Herzogs-Stein“. Er liegt hart am Wege wie ein Meilenstein. Als die Grampians noch jung waren, müssen längst verronnene Fluthen diesen Felsblock losgelöst, und mit ihm spielend, ihn endlich an dieser Stelle niedergelegt haben. Der Stein ist beinah mannshoch und von solchem Umfang, daß 24 Personen mit Bequemlichkeit daran essen könnten. Es heißt, daß der Herzog

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div>
          <p><pb facs="#f0260" n="246"/>
einige Redner suchten das Volk für die Idee zu begeistern,              aus dem bereits vorhandenen Material eine Steinpyramide aufzuschichten. Man begann auch,              aber eh&#x2019; noch irgend ein Resultat gewonnen war, fing der Whisky an, seine Wirkung zu              äußern. Der Steinhaufen, der schon da lag, wurde auseinandergerissen; dem Secretair und              Kassirer wurden Hochs gebracht, &#x201E;weil sie gescheidte Leute gewesen seien&#x201C;, die Gräber              wurden zu Zech- und Tanzplätzen, und eine von Lärm, Uebermuth und Whisky berauschte              Menge zog endlich wieder in die Stadt zurück. Wie jene wüste Nacht das intendirte              Monument ließ, so ist es geblieben, ein Haufen Steine, theils noch aufgeschichtet              daliegend, theils umhergestreut, das Ganze eine Stätte der Verwüstung. &#x2013;          </p><lb/>
          <p>Wir schieden gern von dieser Hälfte des Friedhofs, die zu so              viel unerfreulichen Betrachtungen Veranlassung gab, und setzten unsern Weg noch ein paar              tausend Schritt bis über diese Stätte hinaus fort. An einem Granitblock von der Form              eines Riesen-Kiesels machten wir Halt. Dieser Stein, der zugleich die äußerste Grenze              des Schlachtfeldes bezeichnet, heißt der Duke&#x2019;s Stone, &#x201E;der Herzogs-Stein&#x201C;. Er liegt              hart am Wege wie ein Meilenstein. Als die Grampians noch jung waren, müssen längst              verronnene Fluthen diesen Felsblock losgelöst, und mit ihm spielend, ihn endlich an              dieser Stelle niedergelegt haben. Der Stein ist beinah mannshoch und von solchem Umfang,              daß 24 Personen mit Bequemlichkeit daran essen könnten. Es heißt, daß der Herzog<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[246/0260] einige Redner suchten das Volk für die Idee zu begeistern, aus dem bereits vorhandenen Material eine Steinpyramide aufzuschichten. Man begann auch, aber eh’ noch irgend ein Resultat gewonnen war, fing der Whisky an, seine Wirkung zu äußern. Der Steinhaufen, der schon da lag, wurde auseinandergerissen; dem Secretair und Kassirer wurden Hochs gebracht, „weil sie gescheidte Leute gewesen seien“, die Gräber wurden zu Zech- und Tanzplätzen, und eine von Lärm, Uebermuth und Whisky berauschte Menge zog endlich wieder in die Stadt zurück. Wie jene wüste Nacht das intendirte Monument ließ, so ist es geblieben, ein Haufen Steine, theils noch aufgeschichtet daliegend, theils umhergestreut, das Ganze eine Stätte der Verwüstung. – Wir schieden gern von dieser Hälfte des Friedhofs, die zu so viel unerfreulichen Betrachtungen Veranlassung gab, und setzten unsern Weg noch ein paar tausend Schritt bis über diese Stätte hinaus fort. An einem Granitblock von der Form eines Riesen-Kiesels machten wir Halt. Dieser Stein, der zugleich die äußerste Grenze des Schlachtfeldes bezeichnet, heißt der Duke’s Stone, „der Herzogs-Stein“. Er liegt hart am Wege wie ein Meilenstein. Als die Grampians noch jung waren, müssen längst verronnene Fluthen diesen Felsblock losgelöst, und mit ihm spielend, ihn endlich an dieser Stelle niedergelegt haben. Der Stein ist beinah mannshoch und von solchem Umfang, daß 24 Personen mit Bequemlichkeit daran essen könnten. Es heißt, daß der Herzog

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2018-07-25T15:22:45Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas, Linda Martin: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-07-25T15:22:45Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Hrsg. von Maren Ermisch. Berlin 2017 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das reiseliterarische Werk, Bd. 2]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Der Text der Ausgabe wird hier ergänzt um das Kapitel „Lochleven-Castle“, das aus verlagstechnischen Gründen in der Erstausgabe fehlte (vgl. dazu die entsprechenden Informationen auf der Seite der Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen). Die dazugehörigen Faksimiles, 0331 bis 0333, wurden von Seiten der Österreichischen Nationalbibliothek übernommen.

Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).

  • Bogensignaturen: nicht übernommen;
  • Druckfehler: dokumentiert;
  • fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;
  • Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet;
  • i/j in Fraktur: keine Angabe;
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert;
  • Kolumnentitel: nicht übernommen;
  • Kustoden: keine Angabe;
  • langes s (ſ): als s transkribiert;
  • Normalisierungen: keine;
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;
  • Seitenumbrüche markiert: ja;
  • Silbentrennung: aufgelöst;
  • u/v bzw. U/V: keine Angabe;
  • Vokale mit übergest. e: keine Angabe;
  • Vollständigkeit: vollständig erfasst;
  • Zeichensetzung: wie Vorlage;
  • Zeilenumbrüche markiert: nein.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/260
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/260>, abgerufen am 31.10.2024.