Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.

Bild:
<< vorherige Seite

Höhe des Berges erreicht und sahen nun, von gut gewählter Stelle aus, auf die breite Wassermasse, die, einen andern dreißig Fuß hohen Fall bereits im Rücken, unmittelbar neben uns in den eigentlichen Felsentopf hinunter schäumte. Schotten behaupten, daß nur die Cascaden von Tivoli schöner seien. Mag sein; wir aber, ohne damit der Schönheit der Scene zu nahe treten zu wollen, sahen öfter nach dem Mädchen im blauen Kittel, das jetzt auf einem Felsenvorsprung, umschäumt und umdonnert, lachenden Auges dastand, als auf die Wassermasse, die fast an ihren Füßen vorbei in den dunkeln Schlot hinabstürzte. Die Staffage ging über die Landschaft. Die stille Betrachtung beider aber ward jetzt durch die Schiffsglocke unterbrochen, die über Baum und Felsen hinweg zu uns herauf drang und mit ihren scharfen Klängen siegreich den tiefen Brausebaß des Wasserfalls durchschnitt. Eine Silbermünze dem schwarzen Kinde zuwerfend, gingen wir nun wieder, über das schlüpfrige Moos hin, bergab und hatten in wenigen Minuten den Steamer erreicht.

Dieser Wasserfall, der wirklich schön und imposant ist, bildet den besten Theil nicht nur der Ufer des Loch Neß, sondern des caledonischen Kanals überhaupt. Die nächste Sehenswürdigkeit z. B., die sich "Fort Augustus" nennt, hat wenig Anspruch darauf, mit dem "Fall of Foyers" an Interesse zu concurriren, und steht als Festung auf keiner höheren Stufe als die Blockhäuser in

Höhe des Berges erreicht und sahen nun, von gut gewählter Stelle aus, auf die breite Wassermasse, die, einen andern dreißig Fuß hohen Fall bereits im Rücken, unmittelbar neben uns in den eigentlichen Felsentopf hinunter schäumte. Schotten behaupten, daß nur die Cascaden von Tivoli schöner seien. Mag sein; wir aber, ohne damit der Schönheit der Scene zu nahe treten zu wollen, sahen öfter nach dem Mädchen im blauen Kittel, das jetzt auf einem Felsenvorsprung, umschäumt und umdonnert, lachenden Auges dastand, als auf die Wassermasse, die fast an ihren Füßen vorbei in den dunkeln Schlot hinabstürzte. Die Staffage ging über die Landschaft. Die stille Betrachtung beider aber ward jetzt durch die Schiffsglocke unterbrochen, die über Baum und Felsen hinweg zu uns herauf drang und mit ihren scharfen Klängen siegreich den tiefen Brausebaß des Wasserfalls durchschnitt. Eine Silbermünze dem schwarzen Kinde zuwerfend, gingen wir nun wieder, über das schlüpfrige Moos hin, bergab und hatten in wenigen Minuten den Steamer erreicht.

Dieser Wasserfall, der wirklich schön und imposant ist, bildet den besten Theil nicht nur der Ufer des Loch Neß, sondern des caledonischen Kanals überhaupt. Die nächste Sehenswürdigkeit z. B., die sich „Fort Augustus“ nennt, hat wenig Anspruch darauf, mit dem „Fall of Foyers“ an Interesse zu concurriren, und steht als Festung auf keiner höheren Stufe als die Blockhäuser in

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div>
          <p><pb facs="#f0277" n="263"/>
Höhe des Berges erreicht und sahen nun, von gut gewählter              Stelle aus, auf die breite Wassermasse, die, einen andern dreißig Fuß hohen Fall bereits              im Rücken, unmittelbar neben uns in den eigentlichen Felsentopf hinunter schäumte.              Schotten behaupten, daß nur die Cascaden von Tivoli schöner seien. Mag sein; wir aber,              ohne damit der Schönheit der Scene zu nahe treten zu wollen, sahen öfter nach dem              Mädchen im blauen Kittel, das jetzt auf einem Felsenvorsprung, umschäumt und umdonnert,              lachenden Auges dastand, als auf die Wassermasse, die fast an ihren Füßen vorbei in den              dunkeln Schlot hinabstürzte. Die Staffage ging über die Landschaft. Die stille              Betrachtung beider aber ward jetzt durch die Schiffsglocke unterbrochen, die über Baum              und Felsen hinweg zu uns herauf drang und mit ihren scharfen Klängen siegreich den              tiefen Brausebaß des Wasserfalls durchschnitt. Eine Silbermünze dem schwarzen Kinde              zuwerfend, gingen wir nun wieder, über das schlüpfrige Moos hin, bergab und hatten in              wenigen Minuten den Steamer erreicht.          </p><lb/>
          <p>Dieser Wasserfall, der wirklich schön und imposant ist, bildet den besten Theil nicht nur der Ufer des Loch Neß, sondern des caledonischen Kanals überhaupt. Die nächste Sehenswürdigkeit z. B., die sich &#x201E;Fort Augustus&#x201C; nennt, hat wenig Anspruch darauf, mit dem &#x201E;Fall of Foyers&#x201C; an Interesse zu concurriren, und steht als <hi rendition="#g">Festung</hi> auf keiner höheren Stufe als die Blockhäuser in<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[263/0277] Höhe des Berges erreicht und sahen nun, von gut gewählter Stelle aus, auf die breite Wassermasse, die, einen andern dreißig Fuß hohen Fall bereits im Rücken, unmittelbar neben uns in den eigentlichen Felsentopf hinunter schäumte. Schotten behaupten, daß nur die Cascaden von Tivoli schöner seien. Mag sein; wir aber, ohne damit der Schönheit der Scene zu nahe treten zu wollen, sahen öfter nach dem Mädchen im blauen Kittel, das jetzt auf einem Felsenvorsprung, umschäumt und umdonnert, lachenden Auges dastand, als auf die Wassermasse, die fast an ihren Füßen vorbei in den dunkeln Schlot hinabstürzte. Die Staffage ging über die Landschaft. Die stille Betrachtung beider aber ward jetzt durch die Schiffsglocke unterbrochen, die über Baum und Felsen hinweg zu uns herauf drang und mit ihren scharfen Klängen siegreich den tiefen Brausebaß des Wasserfalls durchschnitt. Eine Silbermünze dem schwarzen Kinde zuwerfend, gingen wir nun wieder, über das schlüpfrige Moos hin, bergab und hatten in wenigen Minuten den Steamer erreicht. Dieser Wasserfall, der wirklich schön und imposant ist, bildet den besten Theil nicht nur der Ufer des Loch Neß, sondern des caledonischen Kanals überhaupt. Die nächste Sehenswürdigkeit z. B., die sich „Fort Augustus“ nennt, hat wenig Anspruch darauf, mit dem „Fall of Foyers“ an Interesse zu concurriren, und steht als Festung auf keiner höheren Stufe als die Blockhäuser in

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2018-07-25T15:22:45Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas, Linda Martin: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-07-25T15:22:45Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Hrsg. von Maren Ermisch. Berlin 2017 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das reiseliterarische Werk, Bd. 2]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Der Text der Ausgabe wird hier ergänzt um das Kapitel „Lochleven-Castle“, das aus verlagstechnischen Gründen in der Erstausgabe fehlte (vgl. dazu die entsprechenden Informationen auf der Seite der Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen). Die dazugehörigen Faksimiles, 0331 bis 0333, wurden von Seiten der Österreichischen Nationalbibliothek übernommen.

Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).

  • Bogensignaturen: nicht übernommen;
  • Druckfehler: dokumentiert;
  • fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;
  • Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet;
  • i/j in Fraktur: keine Angabe;
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert;
  • Kolumnentitel: nicht übernommen;
  • Kustoden: keine Angabe;
  • langes s (ſ): als s transkribiert;
  • Normalisierungen: keine;
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;
  • Seitenumbrüche markiert: ja;
  • Silbentrennung: aufgelöst;
  • u/v bzw. U/V: keine Angabe;
  • Vokale mit übergest. e: keine Angabe;
  • Vollständigkeit: vollständig erfasst;
  • Zeichensetzung: wie Vorlage;
  • Zeilenumbrüche markiert: nein.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/277
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/277>, abgerufen am 22.11.2024.