Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.

Bild:
<< vorherige Seite

Northumberland ein und drangen, ohne Widerstand zu finden, bis Newcastle vor, wo Graf Percy Heißsporn in Verschanzung lag. Vor den Thoren der Stadt kam es zu einem persönlichen Gefecht zwischen den beiden Rivalen, in welchem der Douglas das Glück hatte, seinem Gegner das Fähnchen von der Lanzenspitze abzureißen. Er hob sich sofort hoch im Sattel empor, wies auf das Fähnchen, das er in Händen hielt, und rief vor Freund und Feind laut über das Feld hin, daß er diese Beute nach Schottland heimtragen und auf dem Thurmknauf seines Schlosses von Dalkeith befestigen wolle. Percy antwortete: "Das sollst Du nun und nimmermehr." Im Einklang mit diesem seinem Wort suchte Percy jetzt dem heimziehenden Douglas den Rückzug abzuschneiden und überfiel in selbiger Nacht noch das schottische Lager bei Otterburn, sieben Meilen nördlich von Newcastle. Der Mond stand am Himmel und man focht mit Muth und Verzweiflung. Endlich hoffte der Douglas den Kampf zur Entscheidung bringen zu können, und mit einem Streitkolben bewaffnet, der so schwer war, daß Wenige ihn schwingen konnten, stürmte er in den dicksten Knäuel der Engländer hinein. Nur drei Genossen waren mit ihm, sein Schloß-Caplan und zwei Diener. Ehe der Rest der Schotten folgen konnte, war es um ihn geschehen; drei tiefe Wunden warfen ihn vom Pferde, neben ihm lagen die beiden Diener in ihrem Blute, und nur der Priester stand noch aufrecht und schützte seinen gefallenen Herrn vor Schimpf und Unbill. "Ich sterbe,

Northumberland ein und drangen, ohne Widerstand zu finden, bis Newcastle vor, wo Graf Percy Heißsporn in Verschanzung lag. Vor den Thoren der Stadt kam es zu einem persönlichen Gefecht zwischen den beiden Rivalen, in welchem der Douglas das Glück hatte, seinem Gegner das Fähnchen von der Lanzenspitze abzureißen. Er hob sich sofort hoch im Sattel empor, wies auf das Fähnchen, das er in Händen hielt, und rief vor Freund und Feind laut über das Feld hin, daß er diese Beute nach Schottland heimtragen und auf dem Thurmknauf seines Schlosses von Dalkeith befestigen wolle. Percy antwortete: „Das sollst Du nun und nimmermehr.“ Im Einklang mit diesem seinem Wort suchte Percy jetzt dem heimziehenden Douglas den Rückzug abzuschneiden und überfiel in selbiger Nacht noch das schottische Lager bei Otterburn, sieben Meilen nördlich von Newcastle. Der Mond stand am Himmel und man focht mit Muth und Verzweiflung. Endlich hoffte der Douglas den Kampf zur Entscheidung bringen zu können, und mit einem Streitkolben bewaffnet, der so schwer war, daß Wenige ihn schwingen konnten, stürmte er in den dicksten Knäuel der Engländer hinein. Nur drei Genossen waren mit ihm, sein Schloß-Caplan und zwei Diener. Ehe der Rest der Schotten folgen konnte, war es um ihn geschehen; drei tiefe Wunden warfen ihn vom Pferde, neben ihm lagen die beiden Diener in ihrem Blute, und nur der Priester stand noch aufrecht und schützte seinen gefallenen Herrn vor Schimpf und Unbill. „Ich sterbe,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div>
          <p><pb facs="#f0341" n="324"/>
Northumberland ein und drangen, ohne Widerstand zu finden,              bis Newcastle vor, wo Graf Percy Heißsporn in Verschanzung lag. Vor den Thoren der Stadt              kam es zu einem persönlichen Gefecht zwischen den beiden Rivalen, in welchem der Douglas              das Glück hatte, seinem Gegner das Fähnchen von der Lanzenspitze abzureißen. Er hob sich              sofort hoch im Sattel empor, wies auf das Fähnchen, das er in Händen hielt, und rief vor              Freund und Feind laut über das Feld hin, daß er diese Beute nach Schottland heimtragen              und auf dem Thurmknauf seines Schlosses von Dalkeith befestigen wolle. Percy antwortete:              &#x201E;Das sollst Du nun und nimmermehr.&#x201C; Im Einklang mit diesem seinem Wort suchte Percy              jetzt dem heimziehenden Douglas den Rückzug abzuschneiden und überfiel in selbiger Nacht              noch das schottische Lager bei Otterburn, sieben Meilen nördlich von Newcastle. Der Mond              stand am Himmel und man focht mit Muth und Verzweiflung. Endlich hoffte der Douglas den              Kampf zur Entscheidung bringen zu können, und mit einem Streitkolben bewaffnet, der so              schwer war, daß Wenige ihn schwingen konnten, stürmte er in den dicksten Knäuel der              Engländer hinein. Nur drei Genossen waren mit ihm, sein Schloß-Caplan und zwei Diener.              Ehe der Rest der Schotten folgen konnte, war es um ihn geschehen; drei tiefe Wunden              warfen ihn vom Pferde, neben ihm lagen die beiden Diener in ihrem Blute, und nur der              Priester stand noch aufrecht und schützte seinen gefallenen Herrn vor Schimpf und              Unbill. &#x201E;Ich sterbe,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[324/0341] Northumberland ein und drangen, ohne Widerstand zu finden, bis Newcastle vor, wo Graf Percy Heißsporn in Verschanzung lag. Vor den Thoren der Stadt kam es zu einem persönlichen Gefecht zwischen den beiden Rivalen, in welchem der Douglas das Glück hatte, seinem Gegner das Fähnchen von der Lanzenspitze abzureißen. Er hob sich sofort hoch im Sattel empor, wies auf das Fähnchen, das er in Händen hielt, und rief vor Freund und Feind laut über das Feld hin, daß er diese Beute nach Schottland heimtragen und auf dem Thurmknauf seines Schlosses von Dalkeith befestigen wolle. Percy antwortete: „Das sollst Du nun und nimmermehr.“ Im Einklang mit diesem seinem Wort suchte Percy jetzt dem heimziehenden Douglas den Rückzug abzuschneiden und überfiel in selbiger Nacht noch das schottische Lager bei Otterburn, sieben Meilen nördlich von Newcastle. Der Mond stand am Himmel und man focht mit Muth und Verzweiflung. Endlich hoffte der Douglas den Kampf zur Entscheidung bringen zu können, und mit einem Streitkolben bewaffnet, der so schwer war, daß Wenige ihn schwingen konnten, stürmte er in den dicksten Knäuel der Engländer hinein. Nur drei Genossen waren mit ihm, sein Schloß-Caplan und zwei Diener. Ehe der Rest der Schotten folgen konnte, war es um ihn geschehen; drei tiefe Wunden warfen ihn vom Pferde, neben ihm lagen die beiden Diener in ihrem Blute, und nur der Priester stand noch aufrecht und schützte seinen gefallenen Herrn vor Schimpf und Unbill. „Ich sterbe,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2018-07-25T15:22:45Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas, Linda Martin: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-07-25T15:22:45Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Hrsg. von Maren Ermisch. Berlin 2017 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das reiseliterarische Werk, Bd. 2]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Der Text der Ausgabe wird hier ergänzt um das Kapitel „Lochleven-Castle“, das aus verlagstechnischen Gründen in der Erstausgabe fehlte (vgl. dazu die entsprechenden Informationen auf der Seite der Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen). Die dazugehörigen Faksimiles, 0331 bis 0333, wurden von Seiten der Österreichischen Nationalbibliothek übernommen.

Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).

  • Bogensignaturen: nicht übernommen;
  • Druckfehler: dokumentiert;
  • fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;
  • Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet;
  • i/j in Fraktur: keine Angabe;
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert;
  • Kolumnentitel: nicht übernommen;
  • Kustoden: keine Angabe;
  • langes s (ſ): als s transkribiert;
  • Normalisierungen: keine;
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;
  • Seitenumbrüche markiert: ja;
  • Silbentrennung: aufgelöst;
  • u/v bzw. U/V: keine Angabe;
  • Vokale mit übergest. e: keine Angabe;
  • Vollständigkeit: vollständig erfasst;
  • Zeichensetzung: wie Vorlage;
  • Zeilenumbrüche markiert: nein.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/341
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/341>, abgerufen am 01.06.2024.