Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.nigliche Ordre zum Sheriff von Teviotdale ernannt worden, ein Amt und eine Würde, das William Douglas glaubte beanspruchen zu dürfen. Voll Rachedurst überfiel er den Ramsay in der Nähe von Hawick und nahm ihn gefangen. Roß und Mann führte er dann mit eigenen Händen heim und warf beide in den Thurm seines Schlosses. Dort sollten sie verhungern. Man erzählt sich, daß der unglückliche Ramsay eine Woche lang sein Leben gefristet habe mit Hülfe von Futterkörnern, die aus einem über ihm befindlichen Kornboden durch allerhand kleine Ritzen und Spalten spärlich in seinen Kerker herabfielen. Das Herz des schwarzen Lords blieb unerweicht, und Ramsay starb; sein Mörder aber, eben unser Lord William Douglas, wurde wenige Wochen später auf der Jagd erschlagen. Sein Grabstein in Melrose verschweigt die dunkle That seines Lebens und seines Todes. In der Nähe dieser beiden Douglas-Gräber befindet sich ein dritter Stein, unter dem das Herz König Robert's, bekannter unter dem Namen Robert Bruce, begraben liegt. Die in alten Historienbüchern überlieferte Geschichte, die sich an dieses Herz knüpft, ist abermals eine Douglas-Geschichte. Graf Strachwitz hat dieselbe in seiner schönsten Ballade "das Herz von Douglas" (an der Alles schön ist, mit Ausnahme des Verwirrung stiftenden Titels) benutzt und verherrlicht. Ich gebe die Geschichte hier in aller Kürze. Robert Bruce, als er zu sterben kam, schickte Boten und ließ Lord Douglas an sein nigliche Ordre zum Sheriff von Teviotdale ernannt worden, ein Amt und eine Würde, das William Douglas glaubte beanspruchen zu dürfen. Voll Rachedurst überfiel er den Ramsay in der Nähe von Hawick und nahm ihn gefangen. Roß und Mann führte er dann mit eigenen Händen heim und warf beide in den Thurm seines Schlosses. Dort sollten sie verhungern. Man erzählt sich, daß der unglückliche Ramsay eine Woche lang sein Leben gefristet habe mit Hülfe von Futterkörnern, die aus einem über ihm befindlichen Kornboden durch allerhand kleine Ritzen und Spalten spärlich in seinen Kerker herabfielen. Das Herz des schwarzen Lords blieb unerweicht, und Ramsay starb; sein Mörder aber, eben unser Lord William Douglas, wurde wenige Wochen später auf der Jagd erschlagen. Sein Grabstein in Melrose verschweigt die dunkle That seines Lebens und seines Todes. In der Nähe dieser beiden Douglas-Gräber befindet sich ein dritter Stein, unter dem das Herz König Robert’s, bekannter unter dem Namen Robert Bruce, begraben liegt. Die in alten Historienbüchern überlieferte Geschichte, die sich an dieses Herz knüpft, ist abermals eine Douglas-Geschichte. Graf Strachwitz hat dieselbe in seiner schönsten Ballade „das Herz von Douglas“ (an der Alles schön ist, mit Ausnahme des Verwirrung stiftenden Titels) benutzt und verherrlicht. Ich gebe die Geschichte hier in aller Kürze. Robert Bruce, als er zu sterben kam, schickte Boten und ließ Lord Douglas an sein <TEI> <text> <body> <div> <div> <p><pb facs="#f0343" n="326"/> nigliche Ordre zum Sheriff von Teviotdale ernannt worden, ein Amt und eine Würde, das William Douglas glaubte beanspruchen zu dürfen. Voll Rachedurst überfiel er den Ramsay in der Nähe von Hawick und nahm ihn gefangen. Roß und Mann führte er dann mit eigenen Händen heim und warf beide in den Thurm seines Schlosses. Dort sollten sie verhungern. Man erzählt sich, daß der unglückliche Ramsay eine Woche lang sein Leben gefristet habe mit Hülfe von Futterkörnern, die aus einem über ihm befindlichen Kornboden durch allerhand kleine Ritzen und Spalten spärlich in seinen Kerker herabfielen. Das Herz des schwarzen Lords blieb unerweicht, und Ramsay starb; sein Mörder aber, eben unser Lord William Douglas, wurde wenige Wochen später auf der Jagd erschlagen. Sein Grabstein in Melrose verschweigt die dunkle That seines Lebens und seines Todes.</p><lb/> <p>In der Nähe dieser beiden Douglas-Gräber befindet sich ein dritter Stein, unter dem das Herz König Robert’s, bekannter unter dem Namen Robert Bruce, begraben liegt. Die in alten Historienbüchern überlieferte Geschichte, die sich an dieses Herz knüpft, ist abermals eine <hi rendition="#g">Douglas</hi>-Geschichte. Graf Strachwitz hat dieselbe in seiner schönsten Ballade „das Herz von Douglas“ (an der Alles schön ist, mit Ausnahme des Verwirrung stiftenden Titels) benutzt und verherrlicht. Ich gebe die Geschichte hier in aller Kürze. Robert Bruce, als er zu sterben kam, schickte Boten und ließ Lord Douglas an sein<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [326/0343]
nigliche Ordre zum Sheriff von Teviotdale ernannt worden, ein Amt und eine Würde, das William Douglas glaubte beanspruchen zu dürfen. Voll Rachedurst überfiel er den Ramsay in der Nähe von Hawick und nahm ihn gefangen. Roß und Mann führte er dann mit eigenen Händen heim und warf beide in den Thurm seines Schlosses. Dort sollten sie verhungern. Man erzählt sich, daß der unglückliche Ramsay eine Woche lang sein Leben gefristet habe mit Hülfe von Futterkörnern, die aus einem über ihm befindlichen Kornboden durch allerhand kleine Ritzen und Spalten spärlich in seinen Kerker herabfielen. Das Herz des schwarzen Lords blieb unerweicht, und Ramsay starb; sein Mörder aber, eben unser Lord William Douglas, wurde wenige Wochen später auf der Jagd erschlagen. Sein Grabstein in Melrose verschweigt die dunkle That seines Lebens und seines Todes.
In der Nähe dieser beiden Douglas-Gräber befindet sich ein dritter Stein, unter dem das Herz König Robert’s, bekannter unter dem Namen Robert Bruce, begraben liegt. Die in alten Historienbüchern überlieferte Geschichte, die sich an dieses Herz knüpft, ist abermals eine Douglas-Geschichte. Graf Strachwitz hat dieselbe in seiner schönsten Ballade „das Herz von Douglas“ (an der Alles schön ist, mit Ausnahme des Verwirrung stiftenden Titels) benutzt und verherrlicht. Ich gebe die Geschichte hier in aller Kürze. Robert Bruce, als er zu sterben kam, schickte Boten und ließ Lord Douglas an sein
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/343>, abgerufen am 27.07.2024. |