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Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.

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und rief ihm zu: "Du bist just so lang wie ich selber, Spens, laß uns sehen wie es mit Deinem Muthe steht." Spens antwortete: "wenn es sein muß, so muß es sein." Sie stiegen von den Pferden und drangen auf einander ein; nachdem sie eine Zeit lang gekämpft, traf Angus den Spens in die Weiche. Der Hieb war tödtlich; dem Diener Kilspendie's aber rief er zu: "sag' meinem Vetter dem König, daß Alles ehrlich zugegangen sei." Dann ritt er seines Weges, aber nicht westlich auf die Falkenjagd, sondern südlich nach seinem Schlosse Tantalon, das für uneinnehmbar galt.

Bell the Cat wurde alt, aber seine alten Tage sollten ihm Gram bringen. Er war gegen siebzig oder drüber, als König Jakob seinen Unheilszug gegen England beschloß. Angus war unter denen die den König beschworen von diesem Zuge abzustehn. Mit wie wenig Erfolg lehrt der Tag von Floddenfield. Noch am Abend vor der Schlacht trat Angus in das Zelt des Königs, um seine Befürchtungen und seine Rathschläge zu wiederholen. Der König wurde des Zuhörens endlich müde und rief dem alten Manne voll Bitterkeit zu: "geh heim Angus, wenn Du Dich fürchtest." Bei diesen Worten brach der Alte in Thränen aus. Er erklärte den Undank dieses Königs nicht länger tragen zu können und verließ das Schlachtfeld, nachdem er seine Lehnsleute unter den Oberbefehl seiner Söhne gestellt hatte. Seine Befürchtungen waren nur allzu gerecht gewesen; am Abend des andern Tages lagen zweihundert Douglas

und rief ihm zu: „Du bist just so lang wie ich selber, Spens, laß uns sehen wie es mit Deinem Muthe steht.“ Spens antwortete: „wenn es sein muß, so muß es sein.“ Sie stiegen von den Pferden und drangen auf einander ein; nachdem sie eine Zeit lang gekämpft, traf Angus den Spens in die Weiche. Der Hieb war tödtlich; dem Diener Kilspendie’s aber rief er zu: „sag’ meinem Vetter dem König, daß Alles ehrlich zugegangen sei.“ Dann ritt er seines Weges, aber nicht westlich auf die Falkenjagd, sondern südlich nach seinem Schlosse Tantalon, das für uneinnehmbar galt.

Bell the Cat wurde alt, aber seine alten Tage sollten ihm Gram bringen. Er war gegen siebzig oder drüber, als König Jakob seinen Unheilszug gegen England beschloß. Angus war unter denen die den König beschworen von diesem Zuge abzustehn. Mit wie wenig Erfolg lehrt der Tag von Floddenfield. Noch am Abend vor der Schlacht trat Angus in das Zelt des Königs, um seine Befürchtungen und seine Rathschläge zu wiederholen. Der König wurde des Zuhörens endlich müde und rief dem alten Manne voll Bitterkeit zu: „geh heim Angus, wenn Du Dich fürchtest.“ Bei diesen Worten brach der Alte in Thränen aus. Er erklärte den Undank dieses Königs nicht länger tragen zu können und verließ das Schlachtfeld, nachdem er seine Lehnsleute unter den Oberbefehl seiner Söhne gestellt hatte. Seine Befürchtungen waren nur allzu gerecht gewesen; am Abend des andern Tages lagen zweihundert Douglas

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[82/0096] und rief ihm zu: „Du bist just so lang wie ich selber, Spens, laß uns sehen wie es mit Deinem Muthe steht.“ Spens antwortete: „wenn es sein muß, so muß es sein.“ Sie stiegen von den Pferden und drangen auf einander ein; nachdem sie eine Zeit lang gekämpft, traf Angus den Spens in die Weiche. Der Hieb war tödtlich; dem Diener Kilspendie’s aber rief er zu: „sag’ meinem Vetter dem König, daß Alles ehrlich zugegangen sei.“ Dann ritt er seines Weges, aber nicht westlich auf die Falkenjagd, sondern südlich nach seinem Schlosse Tantalon, das für uneinnehmbar galt. Bell the Cat wurde alt, aber seine alten Tage sollten ihm Gram bringen. Er war gegen siebzig oder drüber, als König Jakob seinen Unheilszug gegen England beschloß. Angus war unter denen die den König beschworen von diesem Zuge abzustehn. Mit wie wenig Erfolg lehrt der Tag von Floddenfield. Noch am Abend vor der Schlacht trat Angus in das Zelt des Königs, um seine Befürchtungen und seine Rathschläge zu wiederholen. Der König wurde des Zuhörens endlich müde und rief dem alten Manne voll Bitterkeit zu: „geh heim Angus, wenn Du Dich fürchtest.“ Bei diesen Worten brach der Alte in Thränen aus. Er erklärte den Undank dieses Königs nicht länger tragen zu können und verließ das Schlachtfeld, nachdem er seine Lehnsleute unter den Oberbefehl seiner Söhne gestellt hatte. Seine Befürchtungen waren nur allzu gerecht gewesen; am Abend des andern Tages lagen zweihundert Douglas

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2018-07-25T15:22:45Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas, Linda Martin: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-07-25T15:22:45Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Hrsg. von Maren Ermisch. Berlin 2017 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das reiseliterarische Werk, Bd. 2]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Der Text der Ausgabe wird hier ergänzt um das Kapitel „Lochleven-Castle“, das aus verlagstechnischen Gründen in der Erstausgabe fehlte (vgl. dazu die entsprechenden Informationen auf der Seite der Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen). Die dazugehörigen Faksimiles, 0331 bis 0333, wurden von Seiten der Österreichischen Nationalbibliothek übernommen.

Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).

  • Bogensignaturen: nicht übernommen;
  • Druckfehler: dokumentiert;
  • fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;
  • Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet;
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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/96>, abgerufen am 16.05.2024.