Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883.

Bild:
<< vorherige Seite

was Schauspiel heißt, und so hab ich sie fortgeschickt.
Freilich auch aus Selbstsucht; denn daß ich es gestehe,
mich verlangte nach Ruhe."

"Die nun mein Erscheinen doch wiederum stört.
Aber nicht auf lange, nur gerade lange genug, um
mich eines Auftrags zu entledigen, einer Anfrage, mit
der ich übrigens leichtmöglicherweise zu spät komme,
wenn Alvensleben schon gesprochen haben sollte."

"Was ich nicht glaube, vorausgesetzt, daß es nicht
Dinge sind, die Mama für gut befunden hat, selbst
vor mir als Geheimnis zu behandeln"

"Ein sehr unwahrscheinlicher Fall. Denn es ist
ein Auftrag, der sich an Mutter und Tochter gleich¬
zeitig richtet. Wir hatten ein Diner beim Prinzen,
cercle intime, zuletzt natürlich auch Dussek. Er sprach
vom Theater (von was andrem sollt er) und brachte
sogar Bülow zum Schweigen, was vielleicht eine
That war."

"Aber Sie medisieren ja, lieber Schach."

"Ich verkehre lange genug im Salon der Frau
v. Carayon, um wenigstens in den Elementen dieser
Kunst unterrichtet zu sein."

"Immer schlimmer, immer größere Ketzereien.
Ich werde Sie vor das Großinquisitoriat der Mama
bringen. Und wenigstens der Tortur einer Sitten¬
predigt sollen Sie nicht entgehen."

"Ich wüßte keine liebere Strafe."

was Schauſpiel heißt, und ſo hab ich ſie fortgeſchickt.
Freilich auch aus Selbſtſucht; denn daß ich es geſtehe,
mich verlangte nach Ruhe.“

„Die nun mein Erſcheinen doch wiederum ſtört.
Aber nicht auf lange, nur gerade lange genug, um
mich eines Auftrags zu entledigen, einer Anfrage, mit
der ich übrigens leichtmöglicherweiſe zu ſpät komme,
wenn Alvensleben ſchon geſprochen haben ſollte.“

„Was ich nicht glaube, vorausgeſetzt, daß es nicht
Dinge ſind, die Mama für gut befunden hat, ſelbſt
vor mir als Geheimnis zu behandeln“

„Ein ſehr unwahrſcheinlicher Fall. Denn es iſt
ein Auftrag, der ſich an Mutter und Tochter gleich¬
zeitig richtet. Wir hatten ein Diner beim Prinzen,
cercle intime, zuletzt natürlich auch Duſſek. Er ſprach
vom Theater (von was andrem ſollt er) und brachte
ſogar Bülow zum Schweigen, was vielleicht eine
That war.“

„Aber Sie mediſieren ja, lieber Schach.“

„Ich verkehre lange genug im Salon der Frau
v. Carayon, um wenigſtens in den Elementen dieſer
Kunſt unterrichtet zu ſein.“

„Immer ſchlimmer, immer größere Ketzereien.
Ich werde Sie vor das Großinquiſitoriat der Mama
bringen. Und wenigſtens der Tortur einer Sitten¬
predigt ſollen Sie nicht entgehen.“

„Ich wüßte keine liebere Strafe.“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0116" n="104"/>
was Schau&#x017F;piel heißt, und &#x017F;o hab ich &#x017F;ie fortge&#x017F;chickt.<lb/>
Freilich auch aus Selb&#x017F;t&#x017F;ucht; denn daß ich es ge&#x017F;tehe,<lb/>
mich verlangte nach Ruhe.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Die nun mein Er&#x017F;cheinen <hi rendition="#g">doch</hi> wiederum &#x017F;tört.<lb/>
Aber nicht auf lange, nur gerade lange genug, um<lb/>
mich eines Auftrags zu entledigen, einer Anfrage, mit<lb/>
der ich übrigens leichtmöglicherwei&#x017F;e zu &#x017F;pät komme,<lb/>
wenn Alvensleben &#x017F;chon ge&#x017F;prochen haben &#x017F;ollte.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Was ich nicht glaube, vorausge&#x017F;etzt, daß es nicht<lb/>
Dinge &#x017F;ind, die Mama für gut befunden hat, &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
vor mir als Geheimnis zu behandeln&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ein &#x017F;ehr unwahr&#x017F;cheinlicher Fall. Denn es i&#x017F;t<lb/>
ein Auftrag, der &#x017F;ich an Mutter und Tochter gleich¬<lb/>
zeitig richtet. Wir hatten ein Diner beim Prinzen,<lb/><hi rendition="#aq">cercle intime</hi>, zuletzt natürlich auch Du&#x017F;&#x017F;ek. Er &#x017F;prach<lb/>
vom Theater (von was andrem &#x017F;ollt er) und brachte<lb/>
&#x017F;ogar Bülow zum Schweigen, was vielleicht eine<lb/>
That war.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Aber Sie medi&#x017F;ieren ja, lieber Schach.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ich verkehre lange genug im Salon der Frau<lb/>
v. Carayon, um wenig&#x017F;tens in den Elementen die&#x017F;er<lb/>
Kun&#x017F;t unterrichtet zu &#x017F;ein.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Immer &#x017F;chlimmer, immer größere Ketzereien.<lb/>
Ich werde Sie vor das Großinqui&#x017F;itoriat der Mama<lb/>
bringen. Und wenig&#x017F;tens der Tortur einer Sitten¬<lb/>
predigt &#x017F;ollen Sie nicht entgehen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ich wüßte keine liebere Strafe.&#x201C;<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[104/0116] was Schauſpiel heißt, und ſo hab ich ſie fortgeſchickt. Freilich auch aus Selbſtſucht; denn daß ich es geſtehe, mich verlangte nach Ruhe.“ „Die nun mein Erſcheinen doch wiederum ſtört. Aber nicht auf lange, nur gerade lange genug, um mich eines Auftrags zu entledigen, einer Anfrage, mit der ich übrigens leichtmöglicherweiſe zu ſpät komme, wenn Alvensleben ſchon geſprochen haben ſollte.“ „Was ich nicht glaube, vorausgeſetzt, daß es nicht Dinge ſind, die Mama für gut befunden hat, ſelbſt vor mir als Geheimnis zu behandeln“ „Ein ſehr unwahrſcheinlicher Fall. Denn es iſt ein Auftrag, der ſich an Mutter und Tochter gleich¬ zeitig richtet. Wir hatten ein Diner beim Prinzen, cercle intime, zuletzt natürlich auch Duſſek. Er ſprach vom Theater (von was andrem ſollt er) und brachte ſogar Bülow zum Schweigen, was vielleicht eine That war.“ „Aber Sie mediſieren ja, lieber Schach.“ „Ich verkehre lange genug im Salon der Frau v. Carayon, um wenigſtens in den Elementen dieſer Kunſt unterrichtet zu ſein.“ „Immer ſchlimmer, immer größere Ketzereien. Ich werde Sie vor das Großinquiſitoriat der Mama bringen. Und wenigſtens der Tortur einer Sitten¬ predigt ſollen Sie nicht entgehen.“ „Ich wüßte keine liebere Strafe.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883/116
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883/116>, abgerufen am 09.11.2024.