Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883.Mirabeau de Carayon, oder sagen wir Mirabelle Und dabei lachte sie voll Uebermut und Bitter¬ "Sie dürfen so nicht lachen, Victoire, nicht so. Victoirens Lippen flogen, ihre Sicherheit verließ "Victoire, Sie thun sich Unrecht; Sie wüten Mirabeau de Carayon, oder ſagen wir Mirabelle Und dabei lachte ſie voll Uebermut und Bitter¬ „Sie dürfen ſo nicht lachen, Victoire, nicht ſo. Victoirens Lippen flogen, ihre Sicherheit verließ „Victoire, Sie thun ſich Unrecht; Sie wüten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0120" n="108"/><hi rendition="#g">Mirabeau</hi> de Carayon, oder ſagen wir Mirabelle<lb/> de Carayon, das klingt ſchön und ungezwungen, und<lb/> wenn ichs recht überſetze, ſo heißt es Wunderhold.“</p><lb/> <p>Und dabei lachte ſie voll Uebermut und Bitter¬<lb/> keit. Aber die Bitterkeit klang vor.</p><lb/> <p>„Sie dürfen <hi rendition="#g">ſo</hi> nicht lachen, Victoire, nicht <hi rendition="#g">ſo</hi>.<lb/> Das kleidet Ihnen nicht, das verhäßlicht Sie. Ja,<lb/> werfen Sie nur die Lippen, — <hi rendition="#g">verhäßlicht</hi> Sie.<lb/> Der Prinz hatte doch Recht, als er enthuſiaſtiſch von<lb/> Ihnen ſprach. Armes Geſetz der Form und der Farbe.<lb/> Was allein gilt, iſt das ewig Eine, daß ſich die Seele<lb/> den Körper ſchafft oder ihn durchleuchtet und<lb/> verklärt.“</p><lb/> <p>Victoirens Lippen flogen, ihre Sicherheit verließ<lb/> ſie, und ein Froſt ſchüttelte ſie. Sie zog den Shawl<lb/> höher hinauf, und Schach nahm ihre Hand, die eis¬<lb/> kalt war, denn alles Blut drängte nach ihrem Herzen.</p><lb/> <p>„Victoire, Sie thun ſich Unrecht; Sie wüten<lb/> nutzlos gegen ſich ſelbſt, und ſind um nichts beſſer<lb/> als der Schwarzſeher, der nach allem Trüben ſucht<lb/> und an Gottes hellem Sonnenlicht vorüber ſieht. Ich<lb/> beſchwöre Sie, faſſen Sie ſich und glauben Sie wieder<lb/> an Ihr Anrecht auf Leben und Liebe. War ich denn<lb/> blind? In dem bittren Wort, in dem Sie ſich<lb/> demütigen wollten, in eben dieſem Worte haben Sies<lb/> getroffen, ein für allemal. Alles iſt Märchen und<lb/> Wunder an Ihnen; ja Mirabelle, ja Wunderhold!“<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [108/0120]
Mirabeau de Carayon, oder ſagen wir Mirabelle
de Carayon, das klingt ſchön und ungezwungen, und
wenn ichs recht überſetze, ſo heißt es Wunderhold.“
Und dabei lachte ſie voll Uebermut und Bitter¬
keit. Aber die Bitterkeit klang vor.
„Sie dürfen ſo nicht lachen, Victoire, nicht ſo.
Das kleidet Ihnen nicht, das verhäßlicht Sie. Ja,
werfen Sie nur die Lippen, — verhäßlicht Sie.
Der Prinz hatte doch Recht, als er enthuſiaſtiſch von
Ihnen ſprach. Armes Geſetz der Form und der Farbe.
Was allein gilt, iſt das ewig Eine, daß ſich die Seele
den Körper ſchafft oder ihn durchleuchtet und
verklärt.“
Victoirens Lippen flogen, ihre Sicherheit verließ
ſie, und ein Froſt ſchüttelte ſie. Sie zog den Shawl
höher hinauf, und Schach nahm ihre Hand, die eis¬
kalt war, denn alles Blut drängte nach ihrem Herzen.
„Victoire, Sie thun ſich Unrecht; Sie wüten
nutzlos gegen ſich ſelbſt, und ſind um nichts beſſer
als der Schwarzſeher, der nach allem Trüben ſucht
und an Gottes hellem Sonnenlicht vorüber ſieht. Ich
beſchwöre Sie, faſſen Sie ſich und glauben Sie wieder
an Ihr Anrecht auf Leben und Liebe. War ich denn
blind? In dem bittren Wort, in dem Sie ſich
demütigen wollten, in eben dieſem Worte haben Sies
getroffen, ein für allemal. Alles iſt Märchen und
Wunder an Ihnen; ja Mirabelle, ja Wunderhold!“
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |