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Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883.

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"Und wir, lieber Bülow," unterbrach Frau
v. Carayon, "wir werden ihn uns ansehen, trotzdem
es uns Anstoß giebt. Victoire hat Recht, und wenn
bei Iffland die Eitelkeit stärker sein darf als das
Prinzip, so bei uns die Neugier. Ich hoffe, Herr
v. Schach und Sie, lieber Alvensleben, werden uns
begleiten. Übrigens sind ein paar der eingelegten
Lieder nicht übel. Wir erhielten sie gestern. Victoire,
Du könntest uns das ein' oder andere davon singen."

"Ich habe sie kaum durchgespielt."

"O, dann bitt' ich um so mehr," bemerkte Schach.
"Alle Salonvirtuosität ist mir verhaßt. Aber was
ich in der Kunst liebe, das ist ein solches poetisches
Suchen und Tappen."

Bülow lächelte vor sich hin und schien sagen zu
wollen: "Ein jeder nach seinen Mitteln."

Schach aber führte Victoiren an das Klavier, und
diese sang, während er begleitete.

Die Blüte, sie schläft so leis und lind
Wohl in der Wiege von Schnee;
Einlullt sie der Winter "Schlaf ein geschwind
Du blühendes Kind"
Und das Kind es weint und verschläft sein Weh
Und hernieder steigen aus duftiger Höh
Die Schwestern und lieben und blühn . .

Eine kleine Pause trat ein, und Frau v. Carayon
fragte: "Nun, Herr Sander, wie besteht es vor Ihrer

„Und wir, lieber Bülow,“ unterbrach Frau
v. Carayon, „wir werden ihn uns anſehen, trotzdem
es uns Anſtoß giebt. Victoire hat Recht, und wenn
bei Iffland die Eitelkeit ſtärker ſein darf als das
Prinzip, ſo bei uns die Neugier. Ich hoffe, Herr
v. Schach und Sie, lieber Alvensleben, werden uns
begleiten. Übrigens ſind ein paar der eingelegten
Lieder nicht übel. Wir erhielten ſie geſtern. Victoire,
Du könnteſt uns das ein' oder andere davon ſingen.“

„Ich habe ſie kaum durchgeſpielt.“

„O, dann bitt' ich um ſo mehr,“ bemerkte Schach.
„Alle Salonvirtuoſität iſt mir verhaßt. Aber was
ich in der Kunſt liebe, das iſt ein ſolches poetiſches
Suchen und Tappen.“

Bülow lächelte vor ſich hin und ſchien ſagen zu
wollen: „Ein jeder nach ſeinen Mitteln.“

Schach aber führte Victoiren an das Klavier, und
dieſe ſang, während er begleitete.

Die Blüte, ſie ſchläft ſo leis und lind
Wohl in der Wiege von Schnee;
Einlullt ſie der Winter „Schlaf ein geſchwind
Du blühendes Kind“
Und das Kind es weint und verſchläft ſein Weh
Und hernieder ſteigen aus duftiger Höh
Die Schweſtern und lieben und blühn . .

Eine kleine Pauſe trat ein, und Frau v. Carayon
fragte: „Nun, Herr Sander, wie beſteht es vor Ihrer

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[20/0032] „Und wir, lieber Bülow,“ unterbrach Frau v. Carayon, „wir werden ihn uns anſehen, trotzdem es uns Anſtoß giebt. Victoire hat Recht, und wenn bei Iffland die Eitelkeit ſtärker ſein darf als das Prinzip, ſo bei uns die Neugier. Ich hoffe, Herr v. Schach und Sie, lieber Alvensleben, werden uns begleiten. Übrigens ſind ein paar der eingelegten Lieder nicht übel. Wir erhielten ſie geſtern. Victoire, Du könnteſt uns das ein' oder andere davon ſingen.“ „Ich habe ſie kaum durchgeſpielt.“ „O, dann bitt' ich um ſo mehr,“ bemerkte Schach. „Alle Salonvirtuoſität iſt mir verhaßt. Aber was ich in der Kunſt liebe, das iſt ein ſolches poetiſches Suchen und Tappen.“ Bülow lächelte vor ſich hin und ſchien ſagen zu wollen: „Ein jeder nach ſeinen Mitteln.“ Schach aber führte Victoiren an das Klavier, und dieſe ſang, während er begleitete. Die Blüte, ſie ſchläft ſo leis und lind Wohl in der Wiege von Schnee; Einlullt ſie der Winter „Schlaf ein geſchwind Du blühendes Kind“ Und das Kind es weint und verſchläft ſein Weh Und hernieder ſteigen aus duftiger Höh Die Schweſtern und lieben und blühn . . Eine kleine Pauſe trat ein, und Frau v. Carayon fragte: „Nun, Herr Sander, wie beſteht es vor Ihrer

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883/32>, abgerufen am 23.11.2024.