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Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883.

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zierte, während der Rand des Tümpels in hohen
Binsen stand.

"Sieh, Victoire, das sind Binsen."

"Ja, liebe Tante."

"Kannst Du Dir denken, ma chere, daß, als ich
jung war, die Binsen als kleine Nachtlichter gebraucht
wurden, und auch wirklich ganz ruhig auf einem
Glase schwammen, wenn man krank war oder auch
bloß nicht schlafen konnte. . ."

"Gewiß," sagte Victoire. "Jetzt nimmt man
Wachsfädchen, die man zerschneidet, und in ein Karten¬
stückchen steckt."

"Ganz recht, mein Engelchen. Aber früher waren
es Binsen, des joncs. Und sie brannten auch. Und
deshalb erzähl' ich es Dir. Denn sie müssen doch
ein natürliches Fett gehabt haben, ich möchte sagen
etwas Kienenes."

"Es ist wohl möglich," antwortete Victoire, die
der Tante nie widersprach, und horchte, während sie
dies sagte, nach dem Tümpel hin, in dem das Musi¬
zieren der Unken immer lauter wurde. Gleich danach
aber sah sie, daß ein halberwachsenes Mädchen von der
Kirche her im vollem Lauf auf sie zukam und mit
einem zottigen weißen Spitz sich neckte, der bellend
und beißend an der Kleinen empor sprang. Dabei
warf die Kleine, mitten im Lauf, einen an einem
Strick und einem Klöppel hängenden Kirchenschlüssel

zierte, während der Rand des Tümpels in hohen
Binſen ſtand.

„Sieh, Victoire, das ſind Binſen.“

„Ja, liebe Tante.“

„Kannſt Du Dir denken, ma chère, daß, als ich
jung war, die Binſen als kleine Nachtlichter gebraucht
wurden, und auch wirklich ganz ruhig auf einem
Glaſe ſchwammen, wenn man krank war oder auch
bloß nicht ſchlafen konnte. . .“

„Gewiß,“ ſagte Victoire. „Jetzt nimmt man
Wachsfädchen, die man zerſchneidet, und in ein Karten¬
ſtückchen ſteckt.“

„Ganz recht, mein Engelchen. Aber früher waren
es Binſen, des joncs. Und ſie brannten auch. Und
deshalb erzähl' ich es Dir. Denn ſie müſſen doch
ein natürliches Fett gehabt haben, ich möchte ſagen
etwas Kienenes.“

„Es iſt wohl möglich,“ antwortete Victoire, die
der Tante nie widerſprach, und horchte, während ſie
dies ſagte, nach dem Tümpel hin, in dem das Muſi¬
zieren der Unken immer lauter wurde. Gleich danach
aber ſah ſie, daß ein halberwachſenes Mädchen von der
Kirche her im vollem Lauf auf ſie zukam und mit
einem zottigen weißen Spitz ſich neckte, der bellend
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[52/0064] zierte, während der Rand des Tümpels in hohen Binſen ſtand. „Sieh, Victoire, das ſind Binſen.“ „Ja, liebe Tante.“ „Kannſt Du Dir denken, ma chère, daß, als ich jung war, die Binſen als kleine Nachtlichter gebraucht wurden, und auch wirklich ganz ruhig auf einem Glaſe ſchwammen, wenn man krank war oder auch bloß nicht ſchlafen konnte. . .“ „Gewiß,“ ſagte Victoire. „Jetzt nimmt man Wachsfädchen, die man zerſchneidet, und in ein Karten¬ ſtückchen ſteckt.“ „Ganz recht, mein Engelchen. Aber früher waren es Binſen, des joncs. Und ſie brannten auch. Und deshalb erzähl' ich es Dir. Denn ſie müſſen doch ein natürliches Fett gehabt haben, ich möchte ſagen etwas Kienenes.“ „Es iſt wohl möglich,“ antwortete Victoire, die der Tante nie widerſprach, und horchte, während ſie dies ſagte, nach dem Tümpel hin, in dem das Muſi¬ zieren der Unken immer lauter wurde. Gleich danach aber ſah ſie, daß ein halberwachſenes Mädchen von der Kirche her im vollem Lauf auf ſie zukam und mit einem zottigen weißen Spitz ſich neckte, der bellend und beißend an der Kleinen empor ſprang. Dabei warf die Kleine, mitten im Lauf, einen an einem Strick und einem Klöppel hängenden Kirchenſchlüſſel

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883/64>, abgerufen am 09.11.2024.