Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.Ich will nun beschreiben, wie die Tage vergingen und wähle dazu zunächst einen Sommertag. Erst um acht oder auch wohl noch später brauchten wir - natürlich mit Ausnahme des einen, der die "Wache" hatte - an unsrem Geschäftstisch zu erscheinen und so waren wir denn in der angenehmen Lage, wenn wir nur recht früh aufstanden, die schöne Morgenfrische zwei oder dritthalb Stunden lang genießen zu können. Davon machten wir denn auch redlich Gebrauch. Um sechs rüsteten wir uns, um in der Elster oder Pleiße - ich glaube es war ziemlich genau die Stelle, wo Poniatowski ertrunken war - ein Schwimmbad zu nehmen und eine Stunde später ging es in das "Rosenthal", an dessen Eingang wir uns, weil jeder seine Lieblingsstelle hatte, zu trennen pflegten. Es gab damals zwei Hauptlokale, vielleicht existieren sie unter gleichem Namen noch: Bonorand und Kinschy. Ich hielt es mit Kinschy. Zu so früher Stunde waren noch kaum Gäste da, und der ganze reizende Platz gehörte mir. Ein auf Holzpfeilern ruhendes, weit vorspringendes Dach überdeckte eine Veranda mit einem vorgelegenen Kiesweg, den von der anderen Seite her die großen alten Bäume überschatteten. In allen Zweigen war ein Jubilieren, und kaum daß mein Frühstück erschien, so hüpften auch schon die Spatzen auf meinem Tisch Ich will nun beschreiben, wie die Tage vergingen und wähle dazu zunächst einen Sommertag. Erst um acht oder auch wohl noch später brauchten wir – natürlich mit Ausnahme des einen, der die „Wache“ hatte – an unsrem Geschäftstisch zu erscheinen und so waren wir denn in der angenehmen Lage, wenn wir nur recht früh aufstanden, die schöne Morgenfrische zwei oder dritthalb Stunden lang genießen zu können. Davon machten wir denn auch redlich Gebrauch. Um sechs rüsteten wir uns, um in der Elster oder Pleiße – ich glaube es war ziemlich genau die Stelle, wo Poniatowski ertrunken war – ein Schwimmbad zu nehmen und eine Stunde später ging es in das „Rosenthal“, an dessen Eingang wir uns, weil jeder seine Lieblingsstelle hatte, zu trennen pflegten. Es gab damals zwei Hauptlokale, vielleicht existieren sie unter gleichem Namen noch: Bonorand und Kinschy. Ich hielt es mit Kinschy. Zu so früher Stunde waren noch kaum Gäste da, und der ganze reizende Platz gehörte mir. Ein auf Holzpfeilern ruhendes, weit vorspringendes Dach überdeckte eine Veranda mit einem vorgelegenen Kiesweg, den von der anderen Seite her die großen alten Bäume überschatteten. In allen Zweigen war ein Jubilieren, und kaum daß mein Frühstück erschien, so hüpften auch schon die Spatzen auf meinem Tisch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0129" n="120"/> <p>Ich will nun beschreiben, wie die Tage vergingen und wähle dazu zunächst einen Sommertag.</p><lb/> <p>Erst um acht oder auch wohl noch später brauchten wir – natürlich mit Ausnahme des einen, der die „Wache“ hatte – an unsrem Geschäftstisch zu erscheinen und so waren wir denn in der angenehmen Lage, wenn wir nur recht früh aufstanden, die schöne Morgenfrische zwei oder dritthalb Stunden lang genießen zu können. Davon machten wir denn auch redlich Gebrauch. Um sechs rüsteten wir uns, um in der Elster oder Pleiße – ich glaube es war ziemlich genau die Stelle, wo <choice><sic>Poniatowsti</sic><corr>Poniatowski</corr></choice> ertrunken war – ein Schwimmbad zu nehmen und eine Stunde später ging es in das „Rosenthal“, an dessen Eingang wir uns, weil jeder seine Lieblingsstelle hatte, zu trennen pflegten. Es gab damals zwei Hauptlokale, vielleicht existieren sie unter gleichem Namen noch: Bonorand und Kinschy. Ich hielt es mit Kinschy. Zu so früher Stunde waren noch kaum Gäste da, und der ganze reizende Platz gehörte mir. Ein auf Holzpfeilern ruhendes, weit vorspringendes Dach überdeckte eine Veranda mit einem vorgelegenen Kiesweg, den von der anderen Seite her die großen alten Bäume überschatteten. In allen Zweigen war ein Jubilieren, und kaum daß mein Frühstück erschien, so hüpften auch schon die Spatzen auf meinem Tisch<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [120/0129]
Ich will nun beschreiben, wie die Tage vergingen und wähle dazu zunächst einen Sommertag.
Erst um acht oder auch wohl noch später brauchten wir – natürlich mit Ausnahme des einen, der die „Wache“ hatte – an unsrem Geschäftstisch zu erscheinen und so waren wir denn in der angenehmen Lage, wenn wir nur recht früh aufstanden, die schöne Morgenfrische zwei oder dritthalb Stunden lang genießen zu können. Davon machten wir denn auch redlich Gebrauch. Um sechs rüsteten wir uns, um in der Elster oder Pleiße – ich glaube es war ziemlich genau die Stelle, wo Poniatowski ertrunken war – ein Schwimmbad zu nehmen und eine Stunde später ging es in das „Rosenthal“, an dessen Eingang wir uns, weil jeder seine Lieblingsstelle hatte, zu trennen pflegten. Es gab damals zwei Hauptlokale, vielleicht existieren sie unter gleichem Namen noch: Bonorand und Kinschy. Ich hielt es mit Kinschy. Zu so früher Stunde waren noch kaum Gäste da, und der ganze reizende Platz gehörte mir. Ein auf Holzpfeilern ruhendes, weit vorspringendes Dach überdeckte eine Veranda mit einem vorgelegenen Kiesweg, den von der anderen Seite her die großen alten Bäume überschatteten. In allen Zweigen war ein Jubilieren, und kaum daß mein Frühstück erschien, so hüpften auch schon die Spatzen auf meinem Tisch
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(2018-07-25T10:02:20Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T10:02:20Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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