Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.Gedicht. Später bin ich wieder davon abgekommen und kenne jetzt nichts Oederes als "Partei, Partei." Aber damals war ich ganz in ihrem Zauber befangen. Und diesen Zauber an Leib und Seele zu fühlen, dazu sollte mir, als der Sommer 1841 auf die Neige ging, Gelegenheit werden. Ich hatte mir herausgerechnet, daß ich, um meinem auf "Partei" gerichteten Zwecke näher zu kommen, in einem Leipziger Blatte mein Heil versuchen müsse, was mir denn auch gelang und zwar als der "Leipziger Schillerverein" - etwas andres als der spätere Zweigverein der Schillerstiftung - eine Schiller-Weste erstanden und dem Schillermuseum einverleibt hatte. Man machte davon, worin ich aber unrecht haben mochte, mehr als mir billig schien und so schrieb ich denn unter dem Titel "Shakespeares Strumpf" ein kleines Spottgedicht nieder, das den Tag darauf in dem vielgelesenen "Leipziger Tageblatt" erschien. Es lautete: Laut gesungen, hoch gesprungen, Ob verschimmelt auch und dumpf, Seht, wir haben ihn errungen, William Shakespeares wollnen Strumpf. Seht, wir haben jetzt die Strümpfe, Haben jetzt das heil'ge Ding, Drinnen er durch Moor und Sümpfe Sicher vor Erkältung ging. Gedicht. Später bin ich wieder davon abgekommen und kenne jetzt nichts Oederes als „Partei, Partei.“ Aber damals war ich ganz in ihrem Zauber befangen. Und diesen Zauber an Leib und Seele zu fühlen, dazu sollte mir, als der Sommer 1841 auf die Neige ging, Gelegenheit werden. Ich hatte mir herausgerechnet, daß ich, um meinem auf „Partei“ gerichteten Zwecke näher zu kommen, in einem Leipziger Blatte mein Heil versuchen müsse, was mir denn auch gelang und zwar als der „Leipziger Schillerverein“ – etwas andres als der spätere Zweigverein der Schillerstiftung – eine Schiller-Weste erstanden und dem Schillermuseum einverleibt hatte. Man machte davon, worin ich aber unrecht haben mochte, mehr als mir billig schien und so schrieb ich denn unter dem Titel „Shakespeares Strumpf“ ein kleines Spottgedicht nieder, das den Tag darauf in dem vielgelesenen „Leipziger Tageblatt“ erschien. Es lautete: Laut gesungen, hoch gesprungen, Ob verschimmelt auch und dumpf, Seht, wir haben ihn errungen, William Shakespeares wollnen Strumpf. Seht, wir haben jetzt die Strümpfe, Haben jetzt das heil’ge Ding, Drinnen er durch Moor und Sümpfe Sicher vor Erkältung ging. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0140" n="131"/> Gedicht. Später bin ich wieder davon abgekommen und kenne jetzt nichts Oederes als „Partei, Partei.“ Aber damals war ich ganz in ihrem Zauber befangen. </p><lb/> <p>Und diesen Zauber an Leib und Seele zu fühlen, dazu sollte mir, als der Sommer 1841 auf die Neige ging, Gelegenheit werden.</p><lb/> <p>Ich hatte mir herausgerechnet, daß ich, um meinem auf „Partei“ gerichteten Zwecke näher zu kommen, in einem Leipziger Blatte mein Heil versuchen müsse, was mir denn auch gelang und zwar als der „Leipziger Schillerverein“ – etwas andres als der spätere Zweigverein der Schillerstiftung – eine Schiller-Weste erstanden und dem Schillermuseum einverleibt hatte. Man machte davon, worin ich aber unrecht haben mochte, mehr als mir billig schien und so schrieb ich denn unter dem Titel „Shakespeares Strumpf“ ein kleines Spottgedicht nieder, das den Tag darauf in dem vielgelesenen „Leipziger Tageblatt“ erschien. Es lautete:</p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Laut gesungen, hoch gesprungen,</l><lb/> <l>Ob verschimmelt auch und dumpf,</l><lb/> <l>Seht, wir haben ihn errungen,</l><lb/> <l>William Shakespeares wollnen Strumpf.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Seht, wir haben jetzt die Strümpfe,</l><lb/> <l>Haben jetzt das heil’ge Ding,</l><lb/> <l>Drinnen er durch Moor und Sümpfe</l><lb/> <l>Sicher vor Erkältung ging.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [131/0140]
Gedicht. Später bin ich wieder davon abgekommen und kenne jetzt nichts Oederes als „Partei, Partei.“ Aber damals war ich ganz in ihrem Zauber befangen.
Und diesen Zauber an Leib und Seele zu fühlen, dazu sollte mir, als der Sommer 1841 auf die Neige ging, Gelegenheit werden.
Ich hatte mir herausgerechnet, daß ich, um meinem auf „Partei“ gerichteten Zwecke näher zu kommen, in einem Leipziger Blatte mein Heil versuchen müsse, was mir denn auch gelang und zwar als der „Leipziger Schillerverein“ – etwas andres als der spätere Zweigverein der Schillerstiftung – eine Schiller-Weste erstanden und dem Schillermuseum einverleibt hatte. Man machte davon, worin ich aber unrecht haben mochte, mehr als mir billig schien und so schrieb ich denn unter dem Titel „Shakespeares Strumpf“ ein kleines Spottgedicht nieder, das den Tag darauf in dem vielgelesenen „Leipziger Tageblatt“ erschien. Es lautete:
Laut gesungen, hoch gesprungen,
Ob verschimmelt auch und dumpf,
Seht, wir haben ihn errungen,
William Shakespeares wollnen Strumpf.
Seht, wir haben jetzt die Strümpfe,
Haben jetzt das heil’ge Ding,
Drinnen er durch Moor und Sümpfe
Sicher vor Erkältung ging.
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(2018-07-25T10:02:20Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T10:02:20Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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