Gesandtschaftsattachee mit echt westfälischem Freimut sagen: "er - der Gesandtschaftsattachee - vergäße, daß er, Hermann Schauenburg, sich vorläufig, Gott sei Dank, noch auf deutschem Grund und Boden befände". Die Sache kam also nicht zu stande. Wohl ihm. Er ging nach Westfalen und Rheinland zurück und hat sich in Bonn, wo er auch Privatdozent an der Universität war, als Augenarzt hervorgethan. Leider geriet er, wohl nicht unverschuldet, in höchst unliebsame Streitigkeiten mit Professor C. O. Weber und mußte Bonn verlassen. In Düsseldorf trat er bald darauf an die Spitze einer lithographischen Anstalt, scheiterte aber und kehrte zu seiner ärztlichen Praxis zurück. Er wechselte beständig, war in Castellaun im Hunsrück, in Zell an der Mosel, in Godesberg, in Quedlinburg und zuletzt in Mörs, Regierungsbezirk Düsseldorf. Dort starb er. Oppositionslust und zu hohe Meinung von sich hemmten ihn in Geltendmachung seiner geistigen Anlagen.
Hermann Kriege war frei von Dichtung und blieb auch "immun", trotzdem die Gefahr der Ansteckung sowohl seinem Umgange wie den Zeitläuften nach - Herwegh-Zeit - sehr groß war. Er war dadurch gefeit, daß er ganz und gar in der politisch-freiheitlichen Bewegung stand, mit der er's ernsthaft nahm, und man wird ihm nachsagen müssen,
Gesandtschaftsattachee mit echt westfälischem Freimut sagen: „er – der Gesandtschaftsattachee – vergäße, daß er, Hermann Schauenburg, sich vorläufig, Gott sei Dank, noch auf deutschem Grund und Boden befände“. Die Sache kam also nicht zu stande. Wohl ihm. Er ging nach Westfalen und Rheinland zurück und hat sich in Bonn, wo er auch Privatdozent an der Universität war, als Augenarzt hervorgethan. Leider geriet er, wohl nicht unverschuldet, in höchst unliebsame Streitigkeiten mit Professor C. O. Weber und mußte Bonn verlassen. In Düsseldorf trat er bald darauf an die Spitze einer lithographischen Anstalt, scheiterte aber und kehrte zu seiner ärztlichen Praxis zurück. Er wechselte beständig, war in Castellaun im Hunsrück, in Zell an der Mosel, in Godesberg, in Quedlinburg und zuletzt in Mörs, Regierungsbezirk Düsseldorf. Dort starb er. Oppositionslust und zu hohe Meinung von sich hemmten ihn in Geltendmachung seiner geistigen Anlagen.
Hermann Kriege war frei von Dichtung und blieb auch „immun“, trotzdem die Gefahr der Ansteckung sowohl seinem Umgange wie den Zeitläuften nach – Herwegh-Zeit – sehr groß war. Er war dadurch gefeit, daß er ganz und gar in der politisch-freiheitlichen Bewegung stand, mit der er’s ernsthaft nahm, und man wird ihm nachsagen müssen,
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Gesandtschaftsattachee mit echt westfälischem Freimut sagen: „er – der Gesandtschaftsattachee – vergäße, daß er, Hermann Schauenburg, sich vorläufig, Gott sei Dank, noch auf deutschem Grund und Boden befände“. Die Sache kam also nicht zu stande. Wohl ihm. Er ging nach Westfalen und Rheinland zurück und hat sich in Bonn, wo er auch Privatdozent an der Universität war, als Augenarzt hervorgethan. Leider geriet er, wohl nicht unverschuldet, in höchst unliebsame Streitigkeiten mit Professor C. O. Weber und mußte Bonn verlassen. In Düsseldorf trat er bald darauf an die Spitze einer lithographischen Anstalt, scheiterte aber und kehrte zu seiner ärztlichen Praxis zurück. Er wechselte beständig, war in Castellaun im Hunsrück, in Zell an der Mosel, in Godesberg, in Quedlinburg und zuletzt in Mörs, Regierungsbezirk Düsseldorf. Dort starb er. Oppositionslust und zu hohe Meinung von sich hemmten ihn in Geltendmachung seiner geistigen Anlagen.</p><lb/><p><hirendition="#g">Hermann Kriege</hi> war frei von Dichtung und blieb auch „immun“, trotzdem die Gefahr der Ansteckung sowohl seinem Umgange wie den Zeitläuften nach – Herwegh-Zeit – sehr groß war. Er war dadurch gefeit, daß er ganz <choice><sic>nnd</sic><corr>und</corr></choice> gar in der politisch-freiheitlichen Bewegung stand, mit der er’s ernsthaft nahm, und man wird ihm nachsagen müssen,<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
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Gesandtschaftsattachee mit echt westfälischem Freimut sagen: „er – der Gesandtschaftsattachee – vergäße, daß er, Hermann Schauenburg, sich vorläufig, Gott sei Dank, noch auf deutschem Grund und Boden befände“. Die Sache kam also nicht zu stande. Wohl ihm. Er ging nach Westfalen und Rheinland zurück und hat sich in Bonn, wo er auch Privatdozent an der Universität war, als Augenarzt hervorgethan. Leider geriet er, wohl nicht unverschuldet, in höchst unliebsame Streitigkeiten mit Professor C. O. Weber und mußte Bonn verlassen. In Düsseldorf trat er bald darauf an die Spitze einer lithographischen Anstalt, scheiterte aber und kehrte zu seiner ärztlichen Praxis zurück. Er wechselte beständig, war in Castellaun im Hunsrück, in Zell an der Mosel, in Godesberg, in Quedlinburg und zuletzt in Mörs, Regierungsbezirk Düsseldorf. Dort starb er. Oppositionslust und zu hohe Meinung von sich hemmten ihn in Geltendmachung seiner geistigen Anlagen.
Hermann Kriege war frei von Dichtung und blieb auch „immun“, trotzdem die Gefahr der Ansteckung sowohl seinem Umgange wie den Zeitläuften nach – Herwegh-Zeit – sehr groß war. Er war dadurch gefeit, daß er ganz und gar in der politisch-freiheitlichen Bewegung stand, mit der er’s ernsthaft nahm, und man wird ihm nachsagen müssen,
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Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/145>, abgerufen am 18.06.2024.
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