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Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.

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Königs nachgebend - an der Universität seine Vorlesungen hielt. In seinen - Rückerts - an die Spree gerichteten und hier nur aus dem Gedächtnis - also ungenau - wiedergegebenen Reimzeilen:

Als Schwan trittst in Berlin Du ein,
Um auszutreten dann als Schw...

ergab sich sein eigentlichstes Empfinden. Er sehnte sich nach Neuseß zurück, denn er war kein Mann für Residenz und Hof und vielleicht noch weniger für gefügige, dem Hofe zugeneigte Professoren.

Müller übersetzte damals neben andrem Kalidasas "Wolkenboten" und wenn ich Wolfsohn alles verdanke, was ich von vorturgeniewscher russischer Litteratur weiß, so Müller alles, was ich von Sanskritdichtung weiß. Es ist ein Glück, daß man kluge Freunde hat und daß der Verkehr mit ihnen dafür sorgt, daß einem ein bißchen was anfliegt.

Sein nicht ironisches, aber liebenswürdig schelmisches Wesen, das er schon in Leipzig hatte, war ihm treu geblieben. Einmal kam ich in großer Aufregung zu ihm und sagte: "Müller, ich muß Dir etwas vorlesen." Er lachte ganz unheimlich und als ich etwas verblüfft drein sah, setzte er begütigend hinzu: "Du wunderst Dich. Aber da ist nichts zu verwundern. Lenau, so hab ich neulich gelesen, ist verrückt geworden. Und Du hast natürlich gleich ein

Königs nachgebend – an der Universität seine Vorlesungen hielt. In seinen – Rückerts – an die Spree gerichteten und hier nur aus dem Gedächtnis – also ungenau – wiedergegebenen Reimzeilen:

Als Schwan trittst in Berlin Du ein,
Um auszutreten dann als Schw

ergab sich sein eigentlichstes Empfinden. Er sehnte sich nach Neuseß zurück, denn er war kein Mann für Residenz und Hof und vielleicht noch weniger für gefügige, dem Hofe zugeneigte Professoren.

Müller übersetzte damals neben andrem Kalidasas „Wolkenboten“ und wenn ich Wolfsohn alles verdanke, was ich von vorturgeniewscher russischer Litteratur weiß, so Müller alles, was ich von Sanskritdichtung weiß. Es ist ein Glück, daß man kluge Freunde hat und daß der Verkehr mit ihnen dafür sorgt, daß einem ein bißchen was anfliegt.

Sein nicht ironisches, aber liebenswürdig schelmisches Wesen, das er schon in Leipzig hatte, war ihm treu geblieben. Einmal kam ich in großer Aufregung zu ihm und sagte: „Müller, ich muß Dir etwas vorlesen.“ Er lachte ganz unheimlich und als ich etwas verblüfft drein sah, setzte er begütigend hinzu: „Du wunderst Dich. Aber da ist nichts zu verwundern. Lenau, so hab ich neulich gelesen, ist verrückt geworden. Und Du hast natürlich gleich ein

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[154/0163] Königs nachgebend – an der Universität seine Vorlesungen hielt. In seinen – Rückerts – an die Spree gerichteten und hier nur aus dem Gedächtnis – also ungenau – wiedergegebenen Reimzeilen: Als Schwan trittst in Berlin Du ein, Um auszutreten dann als Schw… ergab sich sein eigentlichstes Empfinden. Er sehnte sich nach Neuseß zurück, denn er war kein Mann für Residenz und Hof und vielleicht noch weniger für gefügige, dem Hofe zugeneigte Professoren. Müller übersetzte damals neben andrem Kalidasas „Wolkenboten“ und wenn ich Wolfsohn alles verdanke, was ich von vorturgeniewscher russischer Litteratur weiß, so Müller alles, was ich von Sanskritdichtung weiß. Es ist ein Glück, daß man kluge Freunde hat und daß der Verkehr mit ihnen dafür sorgt, daß einem ein bißchen was anfliegt. Sein nicht ironisches, aber liebenswürdig schelmisches Wesen, das er schon in Leipzig hatte, war ihm treu geblieben. Einmal kam ich in großer Aufregung zu ihm und sagte: „Müller, ich muß Dir etwas vorlesen.“ Er lachte ganz unheimlich und als ich etwas verblüfft drein sah, setzte er begütigend hinzu: „Du wunderst Dich. Aber da ist nichts zu verwundern. Lenau, so hab ich neulich gelesen, ist verrückt geworden. Und Du hast natürlich gleich ein

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Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2018-07-25T10:02:20Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-07-25T10:02:20Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/163>, abgerufen am 04.12.2024.