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Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.

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Ueberschrift "An Georg Herwegh" trugen*). Es hieß darin, nach voraufgehender Schilderung eines grenzenlosen politischen und beinah auch menschlichen Elends:

... Schon fühlt ich meinen Blick umnachtet,
Da plötzlich zwang es mich empor,
Es schlug, wonach ich längst geschmachtet,
Wie Wellenrauschen an mein Ohr,
Und siehe, daß gestillet werde
Der Durst, woran ich fast verschied,
Durchzog ein Strom die Wüstenerde
Und dieser Strom - es war Dein Lied.
Ich habe nicht genippt, getrunken
Und seinen Wellenschlag belauscht,
Ich bin in seine Flut gesunken
Und habe drinnen mich berauscht etc.
*) Ich möchte zur Vermeidung von Mißverständnissen an dieser Stelle noch anfügen dürfen, daß alles Spöttische, was ich hier gegen die Freiheitsphrasendichtung jener Zeit ausgesprochen habe, sich wohl gegen uns Herweghianer von damals, aber nicht gegen Herwegh selbst richtet. Ich will nicht bestreiten, daß auch das, was Herwegh in Person geschrieben hat, vielfach an Phrase leidet, aber es ist durch eine ganz ungewöhnliche Fülle von Geist und Talent auf eine solche Hochstufe gehoben, daß, für mich wenigstens, die Frage "Phrase oder nicht" daneben verschwindet. "Noch einen Fluch schlepp' ich herbei", - diese das berühmte Gedicht "Gegen Rom" einleitende Zeile mahnt mich immer an den, der übereifrig Scheite zum Huß-Scheiterhaufen herbeitrug, aber es sind doch Strophen drin, die ich bis diesen Tag mit dem größten Vergnügen, jedenfalls mit einer gewissen Metierbewunderung lese. Dasselbe gilt von

Ueberschrift „An Georg Herwegh“ trugen*). Es hieß darin, nach voraufgehender Schilderung eines grenzenlosen politischen und beinah auch menschlichen Elends:

… Schon fühlt ich meinen Blick umnachtet,
Da plötzlich zwang es mich empor,
Es schlug, wonach ich längst geschmachtet,
Wie Wellenrauschen an mein Ohr,
Und siehe, daß gestillet werde
Der Durst, woran ich fast verschied,
Durchzog ein Strom die Wüstenerde
Und dieser Strom – es war Dein Lied.
Ich habe nicht genippt, getrunken
Und seinen Wellenschlag belauscht,
Ich bin in seine Flut gesunken
Und habe drinnen mich berauscht etc.
*) Ich möchte zur Vermeidung von Mißverständnissen an dieser Stelle noch anfügen dürfen, daß alles Spöttische, was ich hier gegen die Freiheitsphrasendichtung jener Zeit ausgesprochen habe, sich wohl gegen uns Herweghianer von damals, aber nicht gegen Herwegh selbst richtet. Ich will nicht bestreiten, daß auch das, was Herwegh in Person geschrieben hat, vielfach an Phrase leidet, aber es ist durch eine ganz ungewöhnliche Fülle von Geist und Talent auf eine solche Hochstufe gehoben, daß, für mich wenigstens, die Frage „Phrase oder nicht“ daneben verschwindet. „Noch einen Fluch schlepp’ ich herbei“, – diese das berühmte Gedicht „Gegen Rom“ einleitende Zeile mahnt mich immer an den, der übereifrig Scheite zum Huß-Scheiterhaufen herbeitrug, aber es sind doch Strophen drin, die ich bis diesen Tag mit dem größten Vergnügen, jedenfalls mit einer gewissen Metierbewunderung lese. Dasselbe gilt von
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[161/0170] Ueberschrift „An Georg Herwegh“ trugen *). Es hieß darin, nach voraufgehender Schilderung eines grenzenlosen politischen und beinah auch menschlichen Elends: … Schon fühlt ich meinen Blick umnachtet, Da plötzlich zwang es mich empor, Es schlug, wonach ich längst geschmachtet, Wie Wellenrauschen an mein Ohr, Und siehe, daß gestillet werde Der Durst, woran ich fast verschied, Durchzog ein Strom die Wüstenerde Und dieser Strom – es war Dein Lied. Ich habe nicht genippt, getrunken Und seinen Wellenschlag belauscht, Ich bin in seine Flut gesunken Und habe drinnen mich berauscht etc. *) Ich möchte zur Vermeidung von Mißverständnissen an dieser Stelle noch anfügen dürfen, daß alles Spöttische, was ich hier gegen die Freiheitsphrasendichtung jener Zeit ausgesprochen habe, sich wohl gegen uns Herweghianer von damals, aber nicht gegen Herwegh selbst richtet. Ich will nicht bestreiten, daß auch das, was Herwegh in Person geschrieben hat, vielfach an Phrase leidet, aber es ist durch eine ganz ungewöhnliche Fülle von Geist und Talent auf eine solche Hochstufe gehoben, daß, für mich wenigstens, die Frage „Phrase oder nicht“ daneben verschwindet. „Noch einen Fluch schlepp’ ich herbei“, – diese das berühmte Gedicht „Gegen Rom“ einleitende Zeile mahnt mich immer an den, der übereifrig Scheite zum Huß-Scheiterhaufen herbeitrug, aber es sind doch Strophen drin, die ich bis diesen Tag mit dem größten Vergnügen, jedenfalls mit einer gewissen Metierbewunderung lese. Dasselbe gilt von

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2018-07-25T10:02:20Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-07-25T10:02:20Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/170>, abgerufen am 04.12.2024.