Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.Willen war, am meisten der eigene Vater, und nur in Einem gab Pierre Barthelemy nicht nach, wenigstens nicht gleich. Das war, als es sich um den einzuschlagenden Beruf handelte. Der Sohn wollte Künstler werden, aber damit drang er bei dem Vater nicht durch, der aus eigner Erfahrung wußte, wie wenig dabei herauskomme. Statt dessen also kam mein Onkel August bei Quittel in die Lehre, bei Quittel, was damals ein großer Name war, der Inbegriff alles Feinen, etwa wie heute Gerson oder Treu und Nuglisch oder Lohse. Quittel besaß ein Putzgeschäft unter der Stechbahn, wo Hof, Adel und vornehme Fremde ihre Einkäufe machten. Es war keine Frage, daß Onkel August wundervoll dahin paßte, schon weil er hübsch, flink und verbindlich und noch mehr weil er im Französischen fest und sicher war. Aber er seinerseits war nicht zufrieden, weil er den Wunsch ein freier Künstler zu werden, nie aufgegeben hatte. So kam schließlich, was trotz aller vorausgehender Weigerung des Vaters kommen mußte: Quittel wurde quittiert und mit Professor Wach vertauscht; an die Stelle von Putzgeschäft-Kartons traten Atelier-Kartons. Das war nun zunächst ein großes Glück, denn um Professor Wach's Haupt wob sich ein kleiner Heiligenschein; Wach war ein schöner Mann, bester Porträt- Willen war, am meisten der eigene Vater, und nur in Einem gab Pierre Barthélemy nicht nach, wenigstens nicht gleich. Das war, als es sich um den einzuschlagenden Beruf handelte. Der Sohn wollte Künstler werden, aber damit drang er bei dem Vater nicht durch, der aus eigner Erfahrung wußte, wie wenig dabei herauskomme. Statt dessen also kam mein Onkel August bei Quittel in die Lehre, bei Quittel, was damals ein großer Name war, der Inbegriff alles Feinen, etwa wie heute Gerson oder Treu und Nuglisch oder Lohse. Quittel besaß ein Putzgeschäft unter der Stechbahn, wo Hof, Adel und vornehme Fremde ihre Einkäufe machten. Es war keine Frage, daß Onkel August wundervoll dahin paßte, schon weil er hübsch, flink und verbindlich und noch mehr weil er im Französischen fest und sicher war. Aber er seinerseits war nicht zufrieden, weil er den Wunsch ein freier Künstler zu werden, nie aufgegeben hatte. So kam schließlich, was trotz aller vorausgehender Weigerung des Vaters kommen mußte: Quittel wurde quittiert und mit Professor Wach vertauscht; an die Stelle von Putzgeschäft-Kartons traten Atelier-Kartons. Das war nun zunächst ein großes Glück, denn um Professor Wach’s Haupt wob sich ein kleiner Heiligenschein; Wach war ein schöner Mann, bester Porträt- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0179" n="170"/> Willen war, am meisten der eigene Vater, und nur in Einem gab Pierre Barthélemy <hi rendition="#g">nicht</hi> nach, wenigstens nicht gleich. Das war, als es sich um den einzuschlagenden Beruf handelte. Der Sohn wollte Künstler werden, aber damit drang er bei dem Vater nicht durch, der aus eigner Erfahrung wußte, wie wenig dabei herauskomme. Statt dessen also kam mein Onkel August bei Quittel in die Lehre, bei Quittel, was damals ein großer Name war, der Inbegriff alles Feinen, etwa wie heute Gerson oder Treu und Nuglisch oder Lohse. Quittel besaß ein Putzgeschäft unter der Stechbahn, wo Hof, Adel und vornehme Fremde ihre Einkäufe machten. Es war keine Frage, daß Onkel August wundervoll dahin paßte, schon weil er hübsch, flink und verbindlich und noch mehr weil er im Französischen fest und sicher war. Aber er seinerseits war nicht zufrieden, weil er den Wunsch ein freier Künstler zu werden, nie aufgegeben hatte. So kam schließlich, was trotz aller vorausgehender Weigerung des Vaters kommen mußte: Quittel wurde quittiert und mit Professor Wach vertauscht; an die Stelle von Putzgeschäft-Kartons traten Atelier-Kartons. Das war nun zunächst ein großes Glück, denn um Professor Wach’s Haupt wob sich ein kleiner Heiligenschein; Wach war ein schöner Mann, bester Porträt-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [170/0179]
Willen war, am meisten der eigene Vater, und nur in Einem gab Pierre Barthélemy nicht nach, wenigstens nicht gleich. Das war, als es sich um den einzuschlagenden Beruf handelte. Der Sohn wollte Künstler werden, aber damit drang er bei dem Vater nicht durch, der aus eigner Erfahrung wußte, wie wenig dabei herauskomme. Statt dessen also kam mein Onkel August bei Quittel in die Lehre, bei Quittel, was damals ein großer Name war, der Inbegriff alles Feinen, etwa wie heute Gerson oder Treu und Nuglisch oder Lohse. Quittel besaß ein Putzgeschäft unter der Stechbahn, wo Hof, Adel und vornehme Fremde ihre Einkäufe machten. Es war keine Frage, daß Onkel August wundervoll dahin paßte, schon weil er hübsch, flink und verbindlich und noch mehr weil er im Französischen fest und sicher war. Aber er seinerseits war nicht zufrieden, weil er den Wunsch ein freier Künstler zu werden, nie aufgegeben hatte. So kam schließlich, was trotz aller vorausgehender Weigerung des Vaters kommen mußte: Quittel wurde quittiert und mit Professor Wach vertauscht; an die Stelle von Putzgeschäft-Kartons traten Atelier-Kartons. Das war nun zunächst ein großes Glück, denn um Professor Wach’s Haupt wob sich ein kleiner Heiligenschein; Wach war ein schöner Mann, bester Porträt-
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(2018-07-25T10:02:20Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T10:02:20Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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