von Tisch aufstand, nur noch der Frage gegenüber, wie die zwei verbleibenden Nachmittagsstunden geschickt unterzubringen seien. Aber auch das ging. An der Ecke der Schönhauser- und Weinmeisterstraße, will also sagen an einer Stelle, wohin Direktor Klöden und die gesamte Lehrerschaft nie kommen konnten, lag die Konditorei meines Freundes Anthieny, der der Stehely jener von der Kultur noch unberührten Ost-Nord-Ostgegenden war. Da trank ich dann, nachdem ich vorher einen Wall klassisch-zeitgenössischer Litteratur: den "Beobachter an der Spree", den "Freimütigen", den "Gesellschafter" und vor allem mein Leib- und Magenblatt, den "Berliner Figaro", um mich her aufgetürmt hatte, meinen Kaffee. Selige Stunden. Ich vertiefte mich in die Theaterkritiken von Ludwig Rellstab, las Novellen und Aufsätze von Gubitz und vor allem die Gedichte jener sechs oder sieben jungen Herren, die damals - vielleicht ohne viel persönliche Fühlung untereinander - eine Berliner Dichterschule bildeten. Unter ihnen waren Eduard Ferrand, Franz von Gaudy, Julius Minding und August Kopisch die weitaus besten, Talente, die sich denn auch, trotz allem Wandel der Zeiten, bis diese Stunde behauptet haben. Der am ehesten Zurückgetretene - Ferrand; er starb sehr früh - war vielleicht am hervor-
von Tisch aufstand, nur noch der Frage gegenüber, wie die zwei verbleibenden Nachmittagsstunden geschickt unterzubringen seien. Aber auch das ging. An der Ecke der Schönhauser- und Weinmeisterstraße, will also sagen an einer Stelle, wohin Direktor Klöden und die gesamte Lehrerschaft nie kommen konnten, lag die Konditorei meines Freundes Anthieny, der der Stehely jener von der Kultur noch unberührten Ost-Nord-Ostgegenden war. Da trank ich dann, nachdem ich vorher einen Wall klassisch-zeitgenössischer Litteratur: den „Beobachter an der Spree“, den „Freimütigen“, den „Gesellschafter“ und vor allem mein Leib- und Magenblatt, den „Berliner Figaro“, um mich her aufgetürmt hatte, meinen Kaffee. Selige Stunden. Ich vertiefte mich in die Theaterkritiken von Ludwig Rellstab, las Novellen und Aufsätze von Gubitz und vor allem die Gedichte jener sechs oder sieben jungen Herren, die damals – vielleicht ohne viel persönliche Fühlung untereinander – eine Berliner Dichterschule bildeten. Unter ihnen waren Eduard Ferrand, Franz von Gaudy, Julius Minding und August Kopisch die weitaus besten, Talente, die sich denn auch, trotz allem Wandel der Zeiten, bis diese Stunde behauptet haben. Der am ehesten Zurückgetretene – Ferrand; er starb sehr früh – war vielleicht am hervor-
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von Tisch aufstand, nur noch der Frage gegenüber, wie die zwei verbleibenden Nachmittagsstunden geschickt unterzubringen seien. Aber auch das ging. An der Ecke der Schönhauser- und Weinmeisterstraße, will also sagen an einer Stelle, wohin Direktor Klöden und die gesamte Lehrerschaft nie kommen konnten, lag die Konditorei meines Freundes Anthieny, der der Stehely jener von der Kultur noch unberührten Ost-Nord-Ostgegenden war. Da trank ich dann, nachdem ich vorher einen Wall klassisch-zeitgenössischer Litteratur: den „Beobachter an der Spree“, den „Freimütigen“, den „Gesellschafter“ und vor allem mein Leib- und Magenblatt, den „Berliner Figaro“, um mich her aufgetürmt hatte, meinen Kaffee. Selige Stunden. Ich vertiefte mich in die Theaterkritiken von Ludwig Rellstab, las Novellen und Aufsätze von Gubitz und vor allem die Gedichte jener sechs oder sieben jungen Herren, die damals – vielleicht ohne viel persönliche Fühlung untereinander – eine Berliner Dichterschule bildeten. Unter ihnen waren Eduard Ferrand, Franz von Gaudy, Julius Minding und August Kopisch die weitaus besten, Talente, die sich denn auch, trotz allem Wandel der Zeiten, bis diese Stunde behauptet haben. Der am ehesten Zurückgetretene – Ferrand; er starb sehr früh – war vielleicht am hervor-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
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von Tisch aufstand, nur noch der Frage gegenüber, wie die zwei verbleibenden Nachmittagsstunden geschickt unterzubringen seien. Aber auch das ging. An der Ecke der Schönhauser- und Weinmeisterstraße, will also sagen an einer Stelle, wohin Direktor Klöden und die gesamte Lehrerschaft nie kommen konnten, lag die Konditorei meines Freundes Anthieny, der der Stehely jener von der Kultur noch unberührten Ost-Nord-Ostgegenden war. Da trank ich dann, nachdem ich vorher einen Wall klassisch-zeitgenössischer Litteratur: den „Beobachter an der Spree“, den „Freimütigen“, den „Gesellschafter“ und vor allem mein Leib- und Magenblatt, den „Berliner Figaro“, um mich her aufgetürmt hatte, meinen Kaffee. Selige Stunden. Ich vertiefte mich in die Theaterkritiken von Ludwig Rellstab, las Novellen und Aufsätze von Gubitz und vor allem die Gedichte jener sechs oder sieben jungen Herren, die damals – vielleicht ohne viel persönliche Fühlung untereinander – eine Berliner Dichterschule bildeten. Unter ihnen waren Eduard Ferrand, Franz von Gaudy, Julius Minding und August Kopisch die weitaus besten, Talente, die sich denn auch, trotz allem Wandel der Zeiten, bis diese Stunde behauptet haben. Der am ehesten Zurückgetretene – Ferrand; er starb sehr früh – war vielleicht am hervor-
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Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/205>, abgerufen am 28.07.2024.
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