Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.vorlag. Im Wachtlokal war er nicht anders, wie vorher in der Kneipe, randalierte, schlug um sich und stellte sich schließlich vor mich hin, dabei mich anschreiend: "Himmelwetter, ich bin auch Soldat gewesen, ... so geht das nicht, Herr Fähnrich, ... Sie verstehen den Dienst nicht." Alle solche Szenen sind mir immer gräßlich gewesen. Aber wenn sie da sind, amüsieren sie mich eigentlich. So war es auch diesmal und ich kam in ein Lachen, bis ein Zwischenfall mich mit einem Mal in eine sehr schwierige Lage brachte. Der Posten draußen vorm Gewehr, wahrscheinlich ein Gefreiter, also halbe Respektsperson, glaubte, als das Toben da drinnen kein Ende nehmen wollte, daß er mir zur Hülfe kommen müsse, stürzte ohne weiteres in das Wachtlokal herein und stieß dem Randaleur den Kolben derart vor die Brust, daß er in die Ecke taumelte. Das war nun alles sehr gut gemeint, aber doch eigentlich ganz unverschämt; er hatte draußen Posten zu stehen, statt ungerufen herein zu stürzen und mir seine gar nicht gewollte Hülfe aufzudrängen. Es hieß doch nicht viel was anderes, als wie: "der Freiwillige weiß nicht mehr aus noch ein, da muß ich einspringen," - und so war ich denn in der unangenehmen Lage, daß ich meinen Hülfebringer andonnern und wieder an seinen Posten 'raus ver- vorlag. Im Wachtlokal war er nicht anders, wie vorher in der Kneipe, randalierte, schlug um sich und stellte sich schließlich vor mich hin, dabei mich anschreiend: „Himmelwetter, ich bin auch Soldat gewesen, … so geht das nicht, Herr Fähnrich, … Sie verstehen den Dienst nicht.“ Alle solche Szenen sind mir immer gräßlich gewesen. Aber wenn sie da sind, amüsieren sie mich eigentlich. So war es auch diesmal und ich kam in ein Lachen, bis ein Zwischenfall mich mit einem Mal in eine sehr schwierige Lage brachte. Der Posten draußen vorm Gewehr, wahrscheinlich ein Gefreiter, also halbe Respektsperson, glaubte, als das Toben da drinnen kein Ende nehmen wollte, daß er mir zur Hülfe kommen müsse, stürzte ohne weiteres in das Wachtlokal herein und stieß dem Randaleur den Kolben derart vor die Brust, daß er in die Ecke taumelte. Das war nun alles sehr gut gemeint, aber doch eigentlich ganz unverschämt; er hatte draußen Posten zu stehen, statt ungerufen herein zu stürzen und mir seine gar nicht gewollte Hülfe aufzudrängen. Es hieß doch nicht viel was anderes, als wie: „der Freiwillige weiß nicht mehr aus noch ein, da muß ich einspringen,“ – und so war ich denn in der unangenehmen Lage, daß ich meinen Hülfebringer andonnern und wieder an seinen Posten ’raus ver- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0259" n="250"/> vorlag. Im Wachtlokal war er nicht anders, wie vorher <choice><sic>iu</sic><corr>in</corr></choice> der Kneipe, randalierte, schlug um sich und stellte sich schließlich vor mich hin, dabei mich anschreiend: „Himmelwetter, ich bin auch Soldat gewesen, … so geht das nicht, Herr Fähnrich, … Sie verstehen den Dienst nicht.“ Alle solche Szenen sind mir immer gräßlich gewesen. Aber wenn sie da sind, amüsieren sie mich eigentlich. So war es auch diesmal und ich kam in ein Lachen, bis ein Zwischenfall mich mit einem Mal in eine sehr schwierige Lage brachte. Der Posten draußen vorm Gewehr, wahrscheinlich ein Gefreiter, also halbe Respektsperson, glaubte, als das Toben da drinnen kein Ende nehmen wollte, daß er mir zur Hülfe kommen müsse, stürzte ohne weiteres in das Wachtlokal herein und stieß dem Randaleur den Kolben derart vor die Brust, daß er in die Ecke taumelte. Das war nun alles sehr gut gemeint, aber doch eigentlich ganz unverschämt; er hatte draußen Posten zu stehen, statt ungerufen herein zu stürzen und mir seine gar nicht gewollte Hülfe aufzudrängen. Es hieß doch nicht viel was anderes, als wie: „der Freiwillige weiß nicht mehr aus noch ein, da muß ich einspringen,“ – und so war ich denn in der unangenehmen Lage, daß ich meinen Hülfebringer andonnern und wieder an seinen Posten ’raus ver-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [250/0259]
vorlag. Im Wachtlokal war er nicht anders, wie vorher in der Kneipe, randalierte, schlug um sich und stellte sich schließlich vor mich hin, dabei mich anschreiend: „Himmelwetter, ich bin auch Soldat gewesen, … so geht das nicht, Herr Fähnrich, … Sie verstehen den Dienst nicht.“ Alle solche Szenen sind mir immer gräßlich gewesen. Aber wenn sie da sind, amüsieren sie mich eigentlich. So war es auch diesmal und ich kam in ein Lachen, bis ein Zwischenfall mich mit einem Mal in eine sehr schwierige Lage brachte. Der Posten draußen vorm Gewehr, wahrscheinlich ein Gefreiter, also halbe Respektsperson, glaubte, als das Toben da drinnen kein Ende nehmen wollte, daß er mir zur Hülfe kommen müsse, stürzte ohne weiteres in das Wachtlokal herein und stieß dem Randaleur den Kolben derart vor die Brust, daß er in die Ecke taumelte. Das war nun alles sehr gut gemeint, aber doch eigentlich ganz unverschämt; er hatte draußen Posten zu stehen, statt ungerufen herein zu stürzen und mir seine gar nicht gewollte Hülfe aufzudrängen. Es hieß doch nicht viel was anderes, als wie: „der Freiwillige weiß nicht mehr aus noch ein, da muß ich einspringen,“ – und so war ich denn in der unangenehmen Lage, daß ich meinen Hülfebringer andonnern und wieder an seinen Posten ’raus ver-
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(2018-07-25T10:02:20Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T10:02:20Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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