haben, das, was Sie über meine Sachen denken, auch einmal schriftlich und öffentlich auszusprechen. Mörike, dem ich seiner Zeit meine "Sommergeschichten" geschickt hatte, erwiderte dies neulich durch Zusendung seines "Hutzelmännleins" und schrieb mir bei der Gelegenheit, das "Von den Katzen" habe er bald auswendig gewußt und schon manchen damit ergötzt. Neulich habe er jemand gefragt: "Von wem ist das?" und darauf, als verstünde es sich von selbst: "Nu, von Dir!" zur Anwort erhalten. Merkwürdigerweise erhielt ich diese Antwort um nur zwei Tage später als Ihren Artikel, worin Sie meine Muse aus Mörikes Pfarrhause kommen lassen. Gewiß haben Sie recht, wenn Sie mich - im übrigen sans comparaison mit diesen beiden großen Lyrikern - zwischen Mörike und Heine stellen, denn wenn ich auch mit Mörike die Freude am Stillleben und Humor, mit beiden annäherungsweise die Simplizität des Ausdruckes gemein habe, so rückt mich doch die große Reizbarkeit meiner Empfindung wieder näher an Heine.
Dies war Storms letzter Brief aus Husum, kurz vor seiner Uebersiedelung nach Preußen. Ehe er aufbrach, schrieb er noch eines seiner schönsten Gedichte "Abschied":
haben, das, was Sie über meine Sachen denken, auch einmal schriftlich und öffentlich auszusprechen. Mörike, dem ich seiner Zeit meine „Sommergeschichten“ geschickt hatte, erwiderte dies neulich durch Zusendung seines „Hutzelmännleins“ und schrieb mir bei der Gelegenheit, das „Von den Katzen“ habe er bald auswendig gewußt und schon manchen damit ergötzt. Neulich habe er jemand gefragt: „Von wem ist das?“ und darauf, als verstünde es sich von selbst: „Nu, von Dir!“ zur Anwort erhalten. Merkwürdigerweise erhielt ich diese Antwort um nur zwei Tage später als Ihren Artikel, worin Sie meine Muse aus Mörikes Pfarrhause kommen lassen. Gewiß haben Sie recht, wenn Sie mich – im übrigen sans comparaison mit diesen beiden großen Lyrikern – zwischen Mörike und Heine stellen, denn wenn ich auch mit Mörike die Freude am Stillleben und Humor, mit beiden annäherungsweise die Simplizität des Ausdruckes gemein habe, so rückt mich doch die große Reizbarkeit meiner Empfindung wieder näher an Heine.
Dies war Storms letzter Brief aus Husum, kurz vor seiner Uebersiedelung nach Preußen. Ehe er aufbrach, schrieb er noch eines seiner schönsten Gedichte „Abschied“:
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haben, das, was Sie über meine Sachen denken, auch einmal schriftlich und öffentlich auszusprechen. Mörike, dem ich seiner Zeit meine „Sommergeschichten“ geschickt hatte, erwiderte dies neulich durch Zusendung seines „Hutzelmännleins“ und schrieb mir bei der Gelegenheit, das „Von den Katzen“ habe er bald auswendig gewußt und schon manchen damit ergötzt. Neulich habe er jemand gefragt: „Von wem ist das?“ und darauf, als verstünde es sich von selbst: „Nu, von Dir!“ zur Anwort erhalten. Merkwürdigerweise erhielt ich diese Antwort um nur zwei Tage später als Ihren Artikel, worin Sie meine Muse aus Mörikes Pfarrhause kommen lassen. Gewiß haben Sie recht, wenn Sie mich – im übrigen <hirendition="#aq">sans comparaison</hi> mit diesen beiden großen Lyrikern –<hirendition="#g">zwischen</hi> Mörike und Heine stellen, denn wenn ich auch mit Mörike die Freude am Stillleben und Humor, mit beiden annäherungsweise die Simplizität des Ausdruckes gemein habe, so rückt mich doch die große Reizbarkeit meiner Empfindung wieder näher an Heine.</p></div></body></floatingText><p>Dies war Storms letzter Brief aus Husum, kurz vor seiner Uebersiedelung nach Preußen. Ehe er aufbrach, schrieb er noch eines seiner schönsten Gedichte „<hirendition="#g">Abschied</hi>“:</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
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haben, das, was Sie über meine Sachen denken, auch einmal schriftlich und öffentlich auszusprechen. Mörike, dem ich seiner Zeit meine „Sommergeschichten“ geschickt hatte, erwiderte dies neulich durch Zusendung seines „Hutzelmännleins“ und schrieb mir bei der Gelegenheit, das „Von den Katzen“ habe er bald auswendig gewußt und schon manchen damit ergötzt. Neulich habe er jemand gefragt: „Von wem ist das?“ und darauf, als verstünde es sich von selbst: „Nu, von Dir!“ zur Anwort erhalten. Merkwürdigerweise erhielt ich diese Antwort um nur zwei Tage später als Ihren Artikel, worin Sie meine Muse aus Mörikes Pfarrhause kommen lassen. Gewiß haben Sie recht, wenn Sie mich – im übrigen sans comparaison mit diesen beiden großen Lyrikern – zwischen Mörike und Heine stellen, denn wenn ich auch mit Mörike die Freude am Stillleben und Humor, mit beiden annäherungsweise die Simplizität des Ausdruckes gemein habe, so rückt mich doch die große Reizbarkeit meiner Empfindung wieder näher an Heine.
Dies war Storms letzter Brief aus Husum, kurz vor seiner Uebersiedelung nach Preußen. Ehe er aufbrach, schrieb er noch eines seiner schönsten Gedichte „Abschied“:
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Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/351>, abgerufen am 27.07.2024.
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