Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.Knöchel darüber, und die vier Paar Füße hätten getanzt und mit den Hacken zusammengeschlagen. Einige Damen lachten, aber er sah sie so an, daß sie zuletzt doch in einen Grusel kamen. Storm war oft in Berlin, aber wir waren doch auch gelegentlich zu ihm geladen und fuhren dann in corpore - meist Kugler, Merckel, Eggers, Blomberg, ich - nach Potsdam hinüber, um unsere sogenannte "Rütlisitzung" in Storms Wohnung abzuhalten. Rütli, wie schon an anderer Stelle hervorgehoben, war eine Art Nebentunnel, eine Art Extrakt der Sache. Storm war ein sehr liebenswürdiger Wirt, sehr gastlich, und seine Frau, die schöne "Frau Constanze", fast noch mehr. Wir blieben nachmittag und abend und fuhren erst spät zurück. Je kleiner der Kreis war, je netter war es; er sprach dann, was er in größerer Gesellschaft vermied, über dichterisches Schaffen überhaupt und speziell auch über sein eigenes. Ich habe, bei Behandlung solcher Themata, keinen anderen so Wahres und so Tiefes sagen hören. In neuester Zeit sind Tagebücher der Gebrüder Goncourt erschienen, die sich auch über derlei Dinge verbreiten und mich mehr Knöchel darüber, und die vier Paar Füße hätten getanzt und mit den Hacken zusammengeschlagen. Einige Damen lachten, aber er sah sie so an, daß sie zuletzt doch in einen Grusel kamen. Storm war oft in Berlin, aber wir waren doch auch gelegentlich zu ihm geladen und fuhren dann in corpore – meist Kugler, Merckel, Eggers, Blomberg, ich – nach Potsdam hinüber, um unsere sogenannte „Rütlisitzung“ in Storms Wohnung abzuhalten. Rütli, wie schon an anderer Stelle hervorgehoben, war eine Art Nebentunnel, eine Art Extrakt der Sache. Storm war ein sehr liebenswürdiger Wirt, sehr gastlich, und seine Frau, die schöne „Frau Constanze“, fast noch mehr. Wir blieben nachmittag und abend und fuhren erst spät zurück. Je kleiner der Kreis war, je netter war es; er sprach dann, was er in größerer Gesellschaft vermied, über dichterisches Schaffen überhaupt und speziell auch über sein eigenes. Ich habe, bei Behandlung solcher Themata, keinen anderen so Wahres und so Tiefes sagen hören. In neuester Zeit sind Tagebücher der Gebrüder Goncourt erschienen, die sich auch über derlei Dinge verbreiten und mich mehr <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0367" n="358"/> Knöchel darüber, und die vier Paar Füße hätten getanzt und mit den Hacken zusammengeschlagen. Einige Damen lachten, aber er sah sie so an, daß sie zuletzt doch in einen Grusel kamen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Storm war oft in Berlin, aber wir waren doch auch gelegentlich zu ihm geladen und fuhren dann <hi rendition="#aq">in corpore</hi> – meist Kugler, Merckel, Eggers, Blomberg, ich – nach Potsdam hinüber, um unsere sogenannte „Rütlisitzung“ in Storms Wohnung abzuhalten. Rütli, wie schon an anderer Stelle hervorgehoben, war eine Art Nebentunnel, eine Art Extrakt der Sache. Storm war ein sehr liebenswürdiger Wirt, sehr gastlich, und seine Frau, die schöne „Frau Constanze“, fast noch mehr. Wir blieben nachmittag und abend und fuhren erst spät zurück. Je kleiner der Kreis war, je netter war es; er sprach dann, was er in größerer Gesellschaft vermied, über dichterisches Schaffen überhaupt und speziell auch über sein eigenes. Ich habe, bei Behandlung solcher Themata, keinen anderen so Wahres und so Tiefes sagen hören. In neuester Zeit sind Tagebücher der Gebrüder Goncourt erschienen, die sich auch über derlei Dinge verbreiten und mich mehr<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [358/0367]
Knöchel darüber, und die vier Paar Füße hätten getanzt und mit den Hacken zusammengeschlagen. Einige Damen lachten, aber er sah sie so an, daß sie zuletzt doch in einen Grusel kamen.
Storm war oft in Berlin, aber wir waren doch auch gelegentlich zu ihm geladen und fuhren dann in corpore – meist Kugler, Merckel, Eggers, Blomberg, ich – nach Potsdam hinüber, um unsere sogenannte „Rütlisitzung“ in Storms Wohnung abzuhalten. Rütli, wie schon an anderer Stelle hervorgehoben, war eine Art Nebentunnel, eine Art Extrakt der Sache. Storm war ein sehr liebenswürdiger Wirt, sehr gastlich, und seine Frau, die schöne „Frau Constanze“, fast noch mehr. Wir blieben nachmittag und abend und fuhren erst spät zurück. Je kleiner der Kreis war, je netter war es; er sprach dann, was er in größerer Gesellschaft vermied, über dichterisches Schaffen überhaupt und speziell auch über sein eigenes. Ich habe, bei Behandlung solcher Themata, keinen anderen so Wahres und so Tiefes sagen hören. In neuester Zeit sind Tagebücher der Gebrüder Goncourt erschienen, die sich auch über derlei Dinge verbreiten und mich mehr
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(2018-07-25T10:02:20Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T10:02:20Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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