wurden, sehr verändert. Kugler und Merckel waren tot, "Frau Clara" und Heyse nach München übersiedelt, Roquette in Dresden; so fand er nur noch Zöllner, Eggers und mich. Er blieb denn auch nicht lange. Mit Zöllner und Eggers, die ganz vorzüglich zu ihm paßten, war er sehr intim, während sich ein gleich herzliches Verhältnis, trotz beiderseitig besten Willens, zwischen ihm und mir nicht herstellen lassen wollte. Wir waren zu verschieden. Er war für den Husumer Deich, ich war für die Londonbrücke; sein Ideal war die schleswigsche Heide mit den roten Erikabüscheln, mein Ideal war die Heide von Culloden mit den Gräbern der Camerons und Mac Intosh. Er steckte mir zu tief in Litteratur, Kunst und Gesang, und was ein Spötter 'mal von dem Kuglerschen Hause gesagt hatte, "man beurteile da die Menschen lediglich im Hinblick darauf, ob sie schon einen Band Gedichte herausgegeben hätten oder nicht" - dieser Satz paßte sehr gut auch auf Storm. Aber was unserer Intimität und zwar viel, viel mehr als das verschiedene Maß unseres Interesses an künstlerischen Dingen im Wege stand, das war das, daß wir auch den Dingen des alltäglichen Lebens gegenüber gar so sehr verschieden empfanden. Ums kurz zu machen, er hielt mich und meine Betrachtung der Dinge für "frivol". Und das ärgerte mich ein bißchen, trotz-
wurden, sehr verändert. Kugler und Merckel waren tot, „Frau Clara“ und Heyse nach München übersiedelt, Roquette in Dresden; so fand er nur noch Zöllner, Eggers und mich. Er blieb denn auch nicht lange. Mit Zöllner und Eggers, die ganz vorzüglich zu ihm paßten, war er sehr intim, während sich ein gleich herzliches Verhältnis, trotz beiderseitig besten Willens, zwischen ihm und mir nicht herstellen lassen wollte. Wir waren zu verschieden. Er war für den Husumer Deich, ich war für die Londonbrücke; sein Ideal war die schleswigsche Heide mit den roten Erikabüscheln, mein Ideal war die Heide von Culloden mit den Gräbern der Camerons und Mac Intosh. Er steckte mir zu tief in Litteratur, Kunst und Gesang, und was ein Spötter ’mal von dem Kuglerschen Hause gesagt hatte, „man beurteile da die Menschen lediglich im Hinblick darauf, ob sie schon einen Band Gedichte herausgegeben hätten oder nicht“ – dieser Satz paßte sehr gut auch auf Storm. Aber was unserer Intimität und zwar viel, viel mehr als das verschiedene Maß unseres Interesses an künstlerischen Dingen im Wege stand, das war das, daß wir auch den Dingen des alltäglichen Lebens gegenüber gar so sehr verschieden empfanden. Ums kurz zu machen, er hielt mich und meine Betrachtung der Dinge für „frivol“. Und das ärgerte mich ein bißchen, trotz-
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wurden, sehr verändert. Kugler und Merckel waren tot, „Frau Clara“ und Heyse nach München übersiedelt, Roquette in Dresden; so fand er nur noch Zöllner, Eggers und mich. Er blieb denn auch nicht lange. Mit Zöllner und Eggers, die ganz vorzüglich zu ihm paßten, war er sehr intim, während sich ein gleich herzliches Verhältnis, trotz beiderseitig besten Willens, zwischen ihm und mir nicht herstellen lassen wollte. Wir waren zu verschieden. Er war für den Husumer Deich, ich war für die Londonbrücke; sein Ideal war die schleswigsche Heide mit den roten Erikabüscheln, mein Ideal war die Heide von Culloden mit den Gräbern der Camerons und Mac Intosh. Er steckte mir zu tief in Litteratur, Kunst und Gesang, und was ein Spötter ’mal von dem Kuglerschen Hause gesagt hatte, „man beurteile da die Menschen lediglich im Hinblick darauf, ob sie schon einen Band Gedichte herausgegeben hätten oder nicht“– dieser Satz paßte sehr gut auch auf Storm. Aber was unserer Intimität und zwar viel, viel mehr als das verschiedene <hirendition="#g">Maß</hi> unseres Interesses an künstlerischen Dingen im Wege stand, das war <hirendition="#g">das</hi>, daß wir auch den Dingen des alltäglichen Lebens gegenüber gar so sehr verschieden empfanden. Ums kurz zu machen, er hielt mich und meine Betrachtung der Dinge für „frivol“. Und das ärgerte mich ein bißchen, trotz-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
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wurden, sehr verändert. Kugler und Merckel waren tot, „Frau Clara“ und Heyse nach München übersiedelt, Roquette in Dresden; so fand er nur noch Zöllner, Eggers und mich. Er blieb denn auch nicht lange. Mit Zöllner und Eggers, die ganz vorzüglich zu ihm paßten, war er sehr intim, während sich ein gleich herzliches Verhältnis, trotz beiderseitig besten Willens, zwischen ihm und mir nicht herstellen lassen wollte. Wir waren zu verschieden. Er war für den Husumer Deich, ich war für die Londonbrücke; sein Ideal war die schleswigsche Heide mit den roten Erikabüscheln, mein Ideal war die Heide von Culloden mit den Gräbern der Camerons und Mac Intosh. Er steckte mir zu tief in Litteratur, Kunst und Gesang, und was ein Spötter ’mal von dem Kuglerschen Hause gesagt hatte, „man beurteile da die Menschen lediglich im Hinblick darauf, ob sie schon einen Band Gedichte herausgegeben hätten oder nicht“ – dieser Satz paßte sehr gut auch auf Storm. Aber was unserer Intimität und zwar viel, viel mehr als das verschiedene Maß unseres Interesses an künstlerischen Dingen im Wege stand, das war das, daß wir auch den Dingen des alltäglichen Lebens gegenüber gar so sehr verschieden empfanden. Ums kurz zu machen, er hielt mich und meine Betrachtung der Dinge für „frivol“. Und das ärgerte mich ein bißchen, trotz-
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Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/373>, abgerufen am 24.06.2024.
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