Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.daß ich Sie heiraten soll; ich werde Sie aber nicht heiraten." Der arme Lepel! Vierzehn Tage später war er sterblich in die schöne und sehr liebenswürdige Engländerin verliebt und mußte nun zu seinem eignen Elend die Scheidewand respektieren, die seine Querköpfigkeit zwischen sich und ihr errichtet hatte. Das gab bittere Stunden. Aber er behielt Sizilien trotzdem in dankbarer Erinnerung, und in einem sehr reizenden Gedicht, darin er erzählt, wie er mit den beiden jungen Damen am Springbrunn mit Goldorangen Ball spielt, hat er das Leben in der palermitanischen Villa geschildert. Ich habe seine Briefe - sie bilden ein ganzes Buch - aus jener Zeit her, und vor mir hängt eine von ihm gezeichnete Farbenskizze: der Garten, der Springbrunn, das tiefblaue Meer und im Hintergrunde der Monte Pellegrino, der den Golf abzuschließen scheint. Im Spätsommer war er wieder zurück, ging auf die Lepel'schen Güter nach Pommern und verlobte sich daselbst mit einer jugendlichen Kousine. Noch im Herbst desselben Jahres war die Hochzeit. Ich sollte dabei zugegen sein - Lepel hatte seine bürgerlichen Freunde, der zweite war Werner Hahn, der Familie gegenüber krampfhaft durchgesetzt -, es schien mir aber doch mißlich, es darauf ankommen zu lassen, und ich preise bis heute den in Entschuldigungen ge- daß ich Sie heiraten soll; ich werde Sie aber nicht heiraten.“ Der arme Lepel! Vierzehn Tage später war er sterblich in die schöne und sehr liebenswürdige Engländerin verliebt und mußte nun zu seinem eignen Elend die Scheidewand respektieren, die seine Querköpfigkeit zwischen sich und ihr errichtet hatte. Das gab bittere Stunden. Aber er behielt Sizilien trotzdem in dankbarer Erinnerung, und in einem sehr reizenden Gedicht, darin er erzählt, wie er mit den beiden jungen Damen am Springbrunn mit Goldorangen Ball spielt, hat er das Leben in der palermitanischen Villa geschildert. Ich habe seine Briefe – sie bilden ein ganzes Buch – aus jener Zeit her, und vor mir hängt eine von ihm gezeichnete Farbenskizze: der Garten, der Springbrunn, das tiefblaue Meer und im Hintergrunde der Monte Pellegrino, der den Golf abzuschließen scheint. Im Spätsommer war er wieder zurück, ging auf die Lepel’schen Güter nach Pommern und verlobte sich daselbst mit einer jugendlichen Kousine. Noch im Herbst desselben Jahres war die Hochzeit. Ich sollte dabei zugegen sein – Lepel hatte seine bürgerlichen Freunde, der zweite war Werner Hahn, der Familie gegenüber krampfhaft durchgesetzt –, es schien mir aber doch mißlich, es darauf ankommen zu lassen, und ich preise bis heute den in Entschuldigungen ge- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0504" n="495"/> daß ich Sie heiraten soll; ich werde Sie aber nicht heiraten.“ Der arme Lepel! Vierzehn Tage später war er sterblich in die schöne und sehr liebenswürdige Engländerin verliebt und mußte nun zu seinem eignen Elend die Scheidewand respektieren, die seine Querköpfigkeit zwischen sich und ihr errichtet hatte. Das gab bittere Stunden. Aber er behielt Sizilien trotzdem in dankbarer Erinnerung, und in einem sehr reizenden Gedicht, darin er erzählt, wie er mit den beiden jungen Damen am Springbrunn mit Goldorangen Ball spielt, hat er das Leben in der palermitanischen Villa geschildert. Ich habe seine Briefe – sie bilden ein ganzes Buch – aus jener Zeit her, und vor mir hängt eine von ihm gezeichnete Farbenskizze: der Garten, der Springbrunn, das tiefblaue Meer und im Hintergrunde der Monte Pellegrino, der den Golf abzuschließen scheint.</p><lb/> <p>Im Spätsommer war er wieder zurück, ging auf die Lepel’schen Güter nach Pommern und verlobte sich daselbst mit einer jugendlichen Kousine. Noch im Herbst desselben Jahres war die Hochzeit. Ich sollte dabei zugegen sein – Lepel hatte seine bürgerlichen Freunde, der zweite war Werner Hahn, der Familie gegenüber krampfhaft durchgesetzt –, es schien mir aber doch mißlich, es darauf ankommen zu lassen, und ich preise bis heute den in Entschuldigungen ge-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [495/0504]
daß ich Sie heiraten soll; ich werde Sie aber nicht heiraten.“ Der arme Lepel! Vierzehn Tage später war er sterblich in die schöne und sehr liebenswürdige Engländerin verliebt und mußte nun zu seinem eignen Elend die Scheidewand respektieren, die seine Querköpfigkeit zwischen sich und ihr errichtet hatte. Das gab bittere Stunden. Aber er behielt Sizilien trotzdem in dankbarer Erinnerung, und in einem sehr reizenden Gedicht, darin er erzählt, wie er mit den beiden jungen Damen am Springbrunn mit Goldorangen Ball spielt, hat er das Leben in der palermitanischen Villa geschildert. Ich habe seine Briefe – sie bilden ein ganzes Buch – aus jener Zeit her, und vor mir hängt eine von ihm gezeichnete Farbenskizze: der Garten, der Springbrunn, das tiefblaue Meer und im Hintergrunde der Monte Pellegrino, der den Golf abzuschließen scheint.
Im Spätsommer war er wieder zurück, ging auf die Lepel’schen Güter nach Pommern und verlobte sich daselbst mit einer jugendlichen Kousine. Noch im Herbst desselben Jahres war die Hochzeit. Ich sollte dabei zugegen sein – Lepel hatte seine bürgerlichen Freunde, der zweite war Werner Hahn, der Familie gegenüber krampfhaft durchgesetzt –, es schien mir aber doch mißlich, es darauf ankommen zu lassen, und ich preise bis heute den in Entschuldigungen ge-
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(2018-07-25T10:02:20Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T10:02:20Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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