Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.ich da neben dem einen Küchenfenster einen großen Eisenarm vorspringen, an dem regelmäßig allerlei gute Dinge hingen: Bekassinen, Kapaune, Rehziemer, auch Körbe mit Obst und Gemüse, namentlich Artischocken. Es wohnte da der durch seine Juristerei, seine Gourmandise und seine plattdeutschen Gedichte gleich berühmte Präsident Bornemann und weckte durch den vorgeschobenen Eisenarm mit seiner Delikatessenfülle den Wunsch in mir, doch mal sein Gast sein zu dürfen, ein Wunsch, der mir leider nicht in Erfüllung ging. Ich mußte mich mit Geringerem begnügen, habe dem aber gleich hinzuzusetzen, daß dies Geringere mich wohl zufrieden stellen durfte. Denn die Personen, bei denen ich in der Dorotheenstraße mich einquartiert hatte, waren niemand anders als Onkel August und Tante Pinchen, dieselben also, von denen ich, in voraufgehenden Kapiteln, des Guten und Nicht-Guten schon so manches erzählt habe. Das Leben führte mich eben immer wieder mit ihnen zusammen, immer wieder in ihr angenehmes Haus, diesmal aber nicht als Gast, sondern als regelrechten Mieter. Beide waren ganz unverändert, er nach wie vor der immer gut gelaunte Lebemann, sie die feine Dame, die von Kunst zu sprechen und dabei einen litterarischen Protektionston, ein ganz klein wenig im Stile von Rahel Lewin oder Fanny Lewald, ich da neben dem einen Küchenfenster einen großen Eisenarm vorspringen, an dem regelmäßig allerlei gute Dinge hingen: Bekassinen, Kapaune, Rehziemer, auch Körbe mit Obst und Gemüse, namentlich Artischocken. Es wohnte da der durch seine Juristerei, seine Gourmandise und seine plattdeutschen Gedichte gleich berühmte Präsident Bornemann und weckte durch den vorgeschobenen Eisenarm mit seiner Delikatessenfülle den Wunsch in mir, doch mal sein Gast sein zu dürfen, ein Wunsch, der mir leider nicht in Erfüllung ging. Ich mußte mich mit Geringerem begnügen, habe dem aber gleich hinzuzusetzen, daß dies Geringere mich wohl zufrieden stellen durfte. Denn die Personen, bei denen ich in der Dorotheenstraße mich einquartiert hatte, waren niemand anders als Onkel August und Tante Pinchen, dieselben also, von denen ich, in voraufgehenden Kapiteln, des Guten und Nicht-Guten schon so manches erzählt habe. Das Leben führte mich eben immer wieder mit ihnen zusammen, immer wieder in ihr angenehmes Haus, diesmal aber nicht als Gast, sondern als regelrechten Mieter. Beide waren ganz unverändert, er nach wie vor der immer gut gelaunte Lebemann, sie die feine Dame, die von Kunst zu sprechen und dabei einen litterarischen Protektionston, ein ganz klein wenig im Stile von Rahel Lewin oder Fanny Lewald, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0569" n="560"/> ich da neben dem einen Küchenfenster einen großen Eisenarm vorspringen, an dem regelmäßig allerlei gute Dinge hingen: Bekassinen, Kapaune, Rehziemer, auch Körbe mit Obst und Gemüse, namentlich Artischocken. Es wohnte da der durch seine Juristerei, seine Gourmandise und seine plattdeutschen Gedichte gleich berühmte Präsident Bornemann und weckte durch den vorgeschobenen Eisenarm mit seiner Delikatessenfülle den Wunsch in mir, doch mal sein Gast sein zu dürfen, ein Wunsch, der mir leider nicht in Erfüllung ging. Ich mußte mich mit Geringerem begnügen, habe dem aber gleich hinzuzusetzen, daß dies Geringere mich wohl zufrieden stellen durfte. Denn die Personen, bei denen ich in der Dorotheenstraße mich einquartiert hatte, waren niemand anders als Onkel August und Tante Pinchen, dieselben also, von denen ich, in voraufgehenden Kapiteln, des Guten und Nicht-Guten schon so manches erzählt habe. Das Leben führte mich eben immer wieder mit ihnen zusammen, immer wieder in ihr angenehmes Haus, diesmal aber nicht als Gast, sondern als regelrechten Mieter. Beide waren ganz unverändert, er nach wie vor der immer gut gelaunte Lebemann, sie die feine Dame, die von Kunst zu sprechen und dabei einen litterarischen Protektionston, ein ganz klein wenig im Stile von Rahel Lewin oder Fanny Lewald,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [560/0569]
ich da neben dem einen Küchenfenster einen großen Eisenarm vorspringen, an dem regelmäßig allerlei gute Dinge hingen: Bekassinen, Kapaune, Rehziemer, auch Körbe mit Obst und Gemüse, namentlich Artischocken. Es wohnte da der durch seine Juristerei, seine Gourmandise und seine plattdeutschen Gedichte gleich berühmte Präsident Bornemann und weckte durch den vorgeschobenen Eisenarm mit seiner Delikatessenfülle den Wunsch in mir, doch mal sein Gast sein zu dürfen, ein Wunsch, der mir leider nicht in Erfüllung ging. Ich mußte mich mit Geringerem begnügen, habe dem aber gleich hinzuzusetzen, daß dies Geringere mich wohl zufrieden stellen durfte. Denn die Personen, bei denen ich in der Dorotheenstraße mich einquartiert hatte, waren niemand anders als Onkel August und Tante Pinchen, dieselben also, von denen ich, in voraufgehenden Kapiteln, des Guten und Nicht-Guten schon so manches erzählt habe. Das Leben führte mich eben immer wieder mit ihnen zusammen, immer wieder in ihr angenehmes Haus, diesmal aber nicht als Gast, sondern als regelrechten Mieter. Beide waren ganz unverändert, er nach wie vor der immer gut gelaunte Lebemann, sie die feine Dame, die von Kunst zu sprechen und dabei einen litterarischen Protektionston, ein ganz klein wenig im Stile von Rahel Lewin oder Fanny Lewald,
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(2018-07-25T10:02:20Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T10:02:20Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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