Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.Königsbrücke her in die neue Königstraße hinein. Hören Sie nur, wie die Kugeln klappen." Für mich waren diese Worte sehr überzeugend, mein excentrischer Vetter jedoch, dem etwas von dulce est pro patria mori vorschweben mochte, wollte durchaus über den Platz fort. Ich weigerte mich aber ganz entschieden und erklärte: "Ich hätte nicht Lust solchen Unsinn mitzumachen." Da gab er's denn auch auf und ging, sich von mir trennend, in seine Pepiniere zurück, während ich mich durch die mit dem Alexanderplatz parallel laufende Wadzeckstraße bis an meine Apotheke heranschlängelte. Hier fand ich alles verrammelt, so daß ich klingeln und eine ganze Zeit warten mußte, bis man mich einließ. Ich stellte mich derweilen in eine kleine Hausnische, was sehr weise war, denn als ich eine Viertelstunde später, ich weiß nicht mehr in welcher Veranlassung, die nach der Straße führende Hauptthür öffnete, war der porzellanene Klingelgriff weggeschossen. Das Haus, weil ein wenig vorspringend, lag überhaupt recht eigentlich in der Schußlinie, was denn auch Grund war, daß gleich die erste Sechspfünder-Kugel in den Eckpfeiler des Hauses einschlug. Da steckte sie noch den ganzen Sommer über und der Berliner Witz hatte sich die Frage zurecht gemacht: "Herr Aptheker, wat kost denn die Pille?" Solche Sechs- Königsbrücke her in die neue Königstraße hinein. Hören Sie nur, wie die Kugeln klappen.“ Für mich waren diese Worte sehr überzeugend, mein excentrischer Vetter jedoch, dem etwas von dulce est pro patria mori vorschweben mochte, wollte durchaus über den Platz fort. Ich weigerte mich aber ganz entschieden und erklärte: „Ich hätte nicht Lust solchen Unsinn mitzumachen.“ Da gab er’s denn auch auf und ging, sich von mir trennend, in seine Pepiniere zurück, während ich mich durch die mit dem Alexanderplatz parallel laufende Wadzeckstraße bis an meine Apotheke heranschlängelte. Hier fand ich alles verrammelt, so daß ich klingeln und eine ganze Zeit warten mußte, bis man mich einließ. Ich stellte mich derweilen in eine kleine Hausnische, was sehr weise war, denn als ich eine Viertelstunde später, ich weiß nicht mehr in welcher Veranlassung, die nach der Straße führende Hauptthür öffnete, war der porzellanene Klingelgriff weggeschossen. Das Haus, weil ein wenig vorspringend, lag überhaupt recht eigentlich in der Schußlinie, was denn auch Grund war, daß gleich die erste Sechspfünder-Kugel in den Eckpfeiler des Hauses einschlug. Da steckte sie noch den ganzen Sommer über und der Berliner Witz hatte sich die Frage zurecht gemacht: „Herr Aptheker, wat kost denn die Pille?“ Solche Sechs- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0609" n="600"/> Königsbrücke her in die neue Königstraße hinein. Hören Sie nur, wie die Kugeln klappen.“ Für mich waren diese Worte sehr überzeugend, mein excentrischer Vetter jedoch, dem etwas von <hi rendition="#aq">dulce est pro patria mori</hi> vorschweben mochte, <choice><sic>wollle</sic><corr>wollte</corr></choice> durchaus über den Platz fort. Ich weigerte mich aber ganz entschieden und erklärte: „Ich hätte nicht Lust solchen Unsinn mitzumachen.“ Da gab er’s denn auch auf und ging, sich von mir trennend, in seine Pepiniere zurück, während ich mich durch die mit dem Alexanderplatz parallel laufende Wadzeckstraße bis an meine Apotheke heranschlängelte. Hier fand ich alles verrammelt, so daß ich klingeln und eine ganze Zeit warten mußte, bis man mich einließ. Ich stellte mich derweilen in eine kleine Hausnische, was sehr weise war, denn als ich eine Viertelstunde später, ich weiß nicht mehr in welcher Veranlassung, die nach der Straße führende Hauptthür öffnete, war der porzellanene Klingelgriff weggeschossen. Das Haus, weil ein wenig vorspringend, lag überhaupt recht eigentlich in der Schußlinie, was denn auch Grund war, daß gleich die erste Sechspfünder-Kugel in den Eckpfeiler des Hauses einschlug. Da steckte sie noch den ganzen Sommer über und der Berliner Witz hatte sich die Frage zurecht gemacht: „Herr Aptheker, wat kost denn die Pille?“ Solche Sechs-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [600/0609]
Königsbrücke her in die neue Königstraße hinein. Hören Sie nur, wie die Kugeln klappen.“ Für mich waren diese Worte sehr überzeugend, mein excentrischer Vetter jedoch, dem etwas von dulce est pro patria mori vorschweben mochte, wollte durchaus über den Platz fort. Ich weigerte mich aber ganz entschieden und erklärte: „Ich hätte nicht Lust solchen Unsinn mitzumachen.“ Da gab er’s denn auch auf und ging, sich von mir trennend, in seine Pepiniere zurück, während ich mich durch die mit dem Alexanderplatz parallel laufende Wadzeckstraße bis an meine Apotheke heranschlängelte. Hier fand ich alles verrammelt, so daß ich klingeln und eine ganze Zeit warten mußte, bis man mich einließ. Ich stellte mich derweilen in eine kleine Hausnische, was sehr weise war, denn als ich eine Viertelstunde später, ich weiß nicht mehr in welcher Veranlassung, die nach der Straße führende Hauptthür öffnete, war der porzellanene Klingelgriff weggeschossen. Das Haus, weil ein wenig vorspringend, lag überhaupt recht eigentlich in der Schußlinie, was denn auch Grund war, daß gleich die erste Sechspfünder-Kugel in den Eckpfeiler des Hauses einschlug. Da steckte sie noch den ganzen Sommer über und der Berliner Witz hatte sich die Frage zurecht gemacht: „Herr Aptheker, wat kost denn die Pille?“ Solche Sechs-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).
(2018-07-25T10:02:20Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T10:02:20Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |