Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.dem ich, trotz weitgehendster politischer und kirchlicher Gegensätze, befreundet war, einen Besuch zu machen. Als ich draußen ankam, sah ich an den im Vorflur an verschiedenen Riegeln und Haken hängenden Hüten und Sommerüberziehern, daß drinnen im Schultz'schen Wohnzimmer Besuch sein müsse. Das war mir nicht angenehm. Aber was half es und so trat ich denn ein. Um einen großen runden Tisch herum saßen sechs oder sieben Herren, lauter Pommersche von Adel, unter ihnen ein Senfft-Pilsach, ein Kleist, ein Dewitz. Aus ein paar Worten, die gerade fielen als ich eintrat, konnt ich unschwer heraushören, daß man über die Wahlen sprach und sich darüber mocquierte. Schultz, sonst ein sehr ernster Mann, - zu ernst - war der ausgelassenste von allen und als er mich von der Thür her meine Verbeugung gegen die Herren machen sah, rief er mir übermütig zu: "Was führt dich her! Du bist am Ende Wahlmann geworden." Ich nickte. "Natürlich. So siehst du auch gerade aus." Alles lachte und ich hielt es für das Klügste mit einzustimmen, trotzdem ich, ein bißchen ingrimmig in meiner Seele, das eitle Gefühl hatte: "lieber Schultz, mit dir nehm ich es auch noch auf." dem ich, trotz weitgehendster politischer und kirchlicher Gegensätze, befreundet war, einen Besuch zu machen. Als ich draußen ankam, sah ich an den im Vorflur an verschiedenen Riegeln und Haken hängenden Hüten und Sommerüberziehern, daß drinnen im Schultz’schen Wohnzimmer Besuch sein müsse. Das war mir nicht angenehm. Aber was half es und so trat ich denn ein. Um einen großen runden Tisch herum saßen sechs oder sieben Herren, lauter Pommersche von Adel, unter ihnen ein Senfft-Pilsach, ein Kleist, ein Dewitz. Aus ein paar Worten, die gerade fielen als ich eintrat, konnt ich unschwer heraushören, daß man über die Wahlen sprach und sich darüber mocquierte. Schultz, sonst ein sehr ernster Mann, – zu ernst – war der ausgelassenste von allen und als er mich von der Thür her meine Verbeugung gegen die Herren machen sah, rief er mir übermütig zu: „Was führt dich her! Du bist am Ende Wahlmann geworden.“ Ich nickte. „Natürlich. So siehst du auch gerade aus.“ Alles lachte und ich hielt es für das Klügste mit einzustimmen, trotzdem ich, ein bißchen ingrimmig in meiner Seele, das eitle Gefühl hatte: „lieber Schultz, mit dir nehm ich es auch noch auf.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0637" n="628"/> dem ich, trotz weitgehendster politischer und kirchlicher Gegensätze, befreundet war, einen Besuch zu machen. Als ich draußen ankam, sah ich an den im Vorflur an verschiedenen Riegeln und Haken hängenden Hüten und Sommerüberziehern, daß drinnen im Schultz’schen Wohnzimmer Besuch sein müsse. Das war mir nicht angenehm. Aber was half es und so trat ich denn ein. Um einen großen runden Tisch herum saßen sechs oder sieben Herren, lauter Pommersche von Adel, unter ihnen ein Senfft-Pilsach, ein Kleist, ein Dewitz. Aus ein paar Worten, die gerade fielen als ich eintrat, konnt ich unschwer heraushören, daß man über die Wahlen sprach und sich darüber mocquierte. Schultz, sonst ein sehr ernster Mann, – <hi rendition="#g">zu</hi> ernst – war der ausgelassenste von allen und als er mich von der Thür her meine Verbeugung gegen die Herren machen sah, rief er mir übermütig zu: „Was führt dich her! Du bist am Ende Wahlmann geworden.“</p><lb/> <p>Ich nickte.</p><lb/> <p>„Natürlich. So siehst du auch gerade aus.“</p><lb/> <p>Alles lachte und ich hielt es für das Klügste mit einzustimmen, trotzdem ich, ein bißchen ingrimmig in meiner Seele, das eitle Gefühl hatte: „lieber Schultz, mit <hi rendition="#g">dir</hi> nehm ich es auch noch auf.“ </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [628/0637]
dem ich, trotz weitgehendster politischer und kirchlicher Gegensätze, befreundet war, einen Besuch zu machen. Als ich draußen ankam, sah ich an den im Vorflur an verschiedenen Riegeln und Haken hängenden Hüten und Sommerüberziehern, daß drinnen im Schultz’schen Wohnzimmer Besuch sein müsse. Das war mir nicht angenehm. Aber was half es und so trat ich denn ein. Um einen großen runden Tisch herum saßen sechs oder sieben Herren, lauter Pommersche von Adel, unter ihnen ein Senfft-Pilsach, ein Kleist, ein Dewitz. Aus ein paar Worten, die gerade fielen als ich eintrat, konnt ich unschwer heraushören, daß man über die Wahlen sprach und sich darüber mocquierte. Schultz, sonst ein sehr ernster Mann, – zu ernst – war der ausgelassenste von allen und als er mich von der Thür her meine Verbeugung gegen die Herren machen sah, rief er mir übermütig zu: „Was führt dich her! Du bist am Ende Wahlmann geworden.“
Ich nickte.
„Natürlich. So siehst du auch gerade aus.“
Alles lachte und ich hielt es für das Klügste mit einzustimmen, trotzdem ich, ein bißchen ingrimmig in meiner Seele, das eitle Gefühl hatte: „lieber Schultz, mit dir nehm ich es auch noch auf.“
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(2018-07-25T10:02:20Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T10:02:20Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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