Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.sagen ,ja', denn ich flaniere viel umher. Aber es ist doch wohl richtiger, wenn ich sage ,nein'." "Nun präcisieren wir die Frage. Kennen Sie die Matrosenkneipen in Old-Wapping?" "Nein." "Oder die Werbe-Kneipen in Westminster?" "Nein." "Oder Punch und Judy?" "Nein." "Nun, dann weiß ich wie's steht und daß Sie sich noch im stande der Unschuld befinden. Ich bin übrigens, wenn es Ihnen paßt, jeden Augenblick bereit, Ihren Führer zu machen. Können Sie morgen Abend? Man muß doch mal anfangen." Ich sagte ihm, daß mir nichts Lieberes passieren könne und nun begann ein völliger Kursus, der sich über einen ganzen Winter hin ausdehnte. Wir wechselten dabei mit "hoch oben" und "tief unten". Wenn wir uns an einem Tag bis zum Ship-Hotel in Greenwich oder gar bis zu Star und Garter in Richmond verstiegen hatten, waren wir am andern Tag in den tollsten Spelunken, wohin uns dann ein Polizeibeamter von mittlerem Rang, ein Bekannter Fauchers, zu begleiten pflegte. Den Verkehr zu sehen zwischen diesem Faucherschen Beamten und den Verbrechern, die seine geliebte Herde bildeten, war sagen ‚ja‘, denn ich flaniere viel umher. Aber es ist doch wohl richtiger, wenn ich sage ‚nein‘.“ „Nun präcisieren wir die Frage. Kennen Sie die Matrosenkneipen in Old-Wapping?“ „Nein.“ „Oder die Werbe-Kneipen in Westminster?“ „Nein.“ „Oder Punch und Judy?“ „Nein.“ „Nun, dann weiß ich wie’s steht und daß Sie sich noch im stande der Unschuld befinden. Ich bin übrigens, wenn es Ihnen paßt, jeden Augenblick bereit, Ihren Führer zu machen. Können Sie morgen Abend? Man muß doch mal anfangen.“ Ich sagte ihm, daß mir nichts Lieberes passieren könne und nun begann ein völliger Kursus, der sich über einen ganzen Winter hin ausdehnte. Wir wechselten dabei mit „hoch oben“ und „tief unten“. Wenn wir uns an einem Tag bis zum Ship-Hôtel in Greenwich oder gar bis zu Star und Garter in Richmond verstiegen hatten, waren wir am andern Tag in den tollsten Spelunken, wohin uns dann ein Polizeibeamter von mittlerem Rang, ein Bekannter Fauchers, zu begleiten pflegte. Den Verkehr zu sehen zwischen diesem Faucherschen Beamten und den Verbrechern, die seine geliebte Herde bildeten, war <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0073" n="64"/> sagen <choice><sic>„ja“</sic><corr>‚ja‘</corr></choice>, denn ich flaniere viel umher. Aber es ist doch wohl richtiger, wenn ich sage <choice><sic>„nein“</sic><corr>‚nein‘</corr></choice>.“</p><lb/> <p>„Nun präcisieren wir die Frage. Kennen Sie die Matrosenkneipen in Old-Wapping?“</p><lb/> <p>„Nein.“</p><lb/> <p>„Oder die Werbe-Kneipen in Westminster?“</p><lb/> <p>„Nein.“</p><lb/> <p>„Oder Punch und Judy?“</p><lb/> <p>„Nein.“</p><lb/> <p>„Nun, dann weiß ich wie’s steht und daß Sie sich noch im stande der Unschuld befinden. Ich bin übrigens, wenn es Ihnen paßt, jeden Augenblick bereit, Ihren Führer zu machen. Können Sie morgen Abend? Man muß doch mal anfangen.“</p><lb/> <p>Ich sagte ihm, daß mir nichts Lieberes passieren könne und nun begann ein völliger Kursus, der sich über einen ganzen Winter hin ausdehnte. Wir wechselten dabei mit „hoch oben“ und „tief unten“. Wenn wir uns an einem Tag bis zum Ship-Hôtel in Greenwich oder gar bis zu Star und Garter in Richmond verstiegen hatten, waren wir am andern Tag in den tollsten Spelunken, wohin uns dann ein Polizeibeamter von mittlerem Rang, ein Bekannter Fauchers, zu begleiten pflegte. Den Verkehr zu sehen zwischen diesem Faucherschen Beamten und den Verbrechern, die seine geliebte Herde bildeten, war<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [64/0073]
sagen ‚ja‘, denn ich flaniere viel umher. Aber es ist doch wohl richtiger, wenn ich sage ‚nein‘.“
„Nun präcisieren wir die Frage. Kennen Sie die Matrosenkneipen in Old-Wapping?“
„Nein.“
„Oder die Werbe-Kneipen in Westminster?“
„Nein.“
„Oder Punch und Judy?“
„Nein.“
„Nun, dann weiß ich wie’s steht und daß Sie sich noch im stande der Unschuld befinden. Ich bin übrigens, wenn es Ihnen paßt, jeden Augenblick bereit, Ihren Führer zu machen. Können Sie morgen Abend? Man muß doch mal anfangen.“
Ich sagte ihm, daß mir nichts Lieberes passieren könne und nun begann ein völliger Kursus, der sich über einen ganzen Winter hin ausdehnte. Wir wechselten dabei mit „hoch oben“ und „tief unten“. Wenn wir uns an einem Tag bis zum Ship-Hôtel in Greenwich oder gar bis zu Star und Garter in Richmond verstiegen hatten, waren wir am andern Tag in den tollsten Spelunken, wohin uns dann ein Polizeibeamter von mittlerem Rang, ein Bekannter Fauchers, zu begleiten pflegte. Den Verkehr zu sehen zwischen diesem Faucherschen Beamten und den Verbrechern, die seine geliebte Herde bildeten, war
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).
(2018-07-25T10:02:20Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T10:02:20Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |