Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

könnte, und du weisst, diese Liebe gehorcht
keinem Zwange: sie ist das Kind der freien
Unbefangenheit; sie ist ein Kind, kein er¬
wachsener, gewitzigter Amor. Ich lasse die
Klugen da stehen und predigen vom Unter¬
schied und Charakter der verschiedenen ita¬
lienischen Schulen, ich lasse sie da eine
Gruppe bewundern, weil sie pyramidalisch
sich spitzt, dort eine Drapperie, die wahr
gefaltet oder auch gross geworfen ist, hier
einen Ausdruck, der die Natur nachahmt,
hier wieder einen wie hingezauberten Effekt
des Lichtes. Das alles ist vortreflich, und
sogar verdienstlich, wenn du willst; doch
wenn von lieben die Rede ist, so muss auch
von Gestalt allein die Rede seyn; ich kann
einen Haufen von Menschen, und stände
er noch so malerisch, nicht als blossen Hau¬
fen, ich kann keinen Rock, kein Geberden¬
spiel, keine Beleuchtung, keine Farbe lieben.

O 4

könnte, und du weiſst, diese Liebe gehorcht
keinem Zwange: sie ist das Kind der freien
Unbefangenheit; sie ist ein Kind, kein er¬
wachsener, gewitzigter Amor. Ich lasse die
Klugen da stehen und predigen vom Unter¬
schied und Charakter der verschiedenen ita¬
lienischen Schulen, ich lasse sie da eine
Gruppe bewundern, weil sie pyramidalisch
sich spitzt, dort eine Drapperie, die wahr
gefaltet oder auch groſs geworfen ist, hier
einen Ausdruck, der die Natur nachahmt,
hier wieder einen wie hingezauberten Effekt
des Lichtes. Das alles ist vortreflich, und
sogar verdienstlich, wenn du willst; doch
wenn von lieben die Rede ist, so muſs auch
von Gestalt allein die Rede seyn; ich kann
einen Haufen von Menschen, und stände
er noch so malerisch, nicht als bloſsen Hau¬
fen, ich kann keinen Rock, kein Geberden¬
spiel, keine Beleuchtung, keine Farbe lieben.

O 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0227" n="215"/>
könnte, und du wei&#x017F;st, diese Liebe gehorcht<lb/>
keinem Zwange: sie ist das Kind der freien<lb/>
Unbefangenheit; sie ist ein Kind, kein er¬<lb/>
wachsener, gewitzigter Amor. Ich lasse die<lb/>
Klugen da stehen und predigen vom Unter¬<lb/>
schied und Charakter der verschiedenen ita¬<lb/>
lienischen Schulen, ich lasse sie da eine<lb/>
Gruppe bewundern, weil sie pyramidalisch<lb/>
sich spitzt, dort eine Drapperie, die wahr<lb/>
gefaltet oder auch gro&#x017F;s geworfen ist, hier<lb/>
einen Ausdruck, der die Natur nachahmt,<lb/>
hier wieder einen wie hingezauberten Effekt<lb/>
des Lichtes. Das alles ist vortreflich, und<lb/>
sogar verdienstlich, wenn du willst; doch<lb/>
wenn von <hi rendition="#i">lieben</hi> die Rede ist, so mu&#x017F;s auch<lb/>
von <hi rendition="#i">Gestalt</hi> allein die Rede seyn; ich kann<lb/>
einen Haufen von Menschen, und stände<lb/>
er noch so malerisch, nicht als blo&#x017F;sen Hau¬<lb/>
fen, ich kann keinen Rock, kein Geberden¬<lb/>
spiel, keine Beleuchtung, keine Farbe lieben.<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">O 4<lb/></fw>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[215/0227] könnte, und du weiſst, diese Liebe gehorcht keinem Zwange: sie ist das Kind der freien Unbefangenheit; sie ist ein Kind, kein er¬ wachsener, gewitzigter Amor. Ich lasse die Klugen da stehen und predigen vom Unter¬ schied und Charakter der verschiedenen ita¬ lienischen Schulen, ich lasse sie da eine Gruppe bewundern, weil sie pyramidalisch sich spitzt, dort eine Drapperie, die wahr gefaltet oder auch groſs geworfen ist, hier einen Ausdruck, der die Natur nachahmt, hier wieder einen wie hingezauberten Effekt des Lichtes. Das alles ist vortreflich, und sogar verdienstlich, wenn du willst; doch wenn von lieben die Rede ist, so muſs auch von Gestalt allein die Rede seyn; ich kann einen Haufen von Menschen, und stände er noch so malerisch, nicht als bloſsen Hau¬ fen, ich kann keinen Rock, kein Geberden¬ spiel, keine Beleuchtung, keine Farbe lieben. O 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/227
Zitationshilfe: Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/227>, abgerufen am 21.11.2024.