Hand geworfen, so eilte ich noch einmal in die Galerie, um nur an transalpinischen Wer¬ ken mich satt zu sehen. Was ich jetzt seit einer Stunde daher phantasire, ist nur die Reaktion, die der Anblick dieser von allem flammändischem Machwerk so abweichenden Gestalten in meinem Kopfe veranlasst hat. Zuerst ging ich langsam durch die Säle, sah wo die Italiener hingen, und merkte mir in jedem Saale die Stücke, die ich nä¬ her betrachten wollte. Die Lüsternheit wird übermüthig, wenn sie im Ueberflusse wäh¬ len kann. Unter der Menge dessen, was Künstler und Kenner hier interessant finden würden, zog mich nur wenig an, durch Züge von inwohnender Schönheit, die von einem Sinne des Malers für menschliche Grösse zeugten. Ich ging aus, mit dem Vor¬ satze, zu sehen, ob ich etwas finden wür¬ de, das ich um seiner Schöne willen lieben
Hand geworfen, so eilte ich noch einmal in die Galerie, um nur an transalpinischen Wer¬ ken mich satt zu sehen. Was ich jetzt seit einer Stunde daher phantasire, ist nur die Reaktion, die der Anblick dieser von allem flammändischem Machwerk so abweichenden Gestalten in meinem Kopfe veranlaſst hat. Zuerst ging ich langsam durch die Säle, sah wo die Italiener hingen, und merkte mir in jedem Saale die Stücke, die ich nä¬ her betrachten wollte. Die Lüsternheit wird übermüthig, wenn sie im Ueberflusse wäh¬ len kann. Unter der Menge dessen, was Künstler und Kenner hier interessant finden würden, zog mich nur wenig an, durch Züge von inwohnender Schönheit, die von einem Sinne des Malers für menschliche Gröſse zeugten. Ich ging aus, mit dem Vor¬ satze, zu sehen, ob ich etwas finden wür¬ de, das ich um seiner Schöne willen lieben
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0226"n="214"/>
Hand geworfen, so eilte ich noch einmal in<lb/>
die Galerie, um nur an transalpinischen Wer¬<lb/>
ken mich satt zu sehen. Was ich jetzt seit<lb/>
einer Stunde daher phantasire, ist nur die<lb/>
Reaktion, die der Anblick dieser von allem<lb/>
flammändischem Machwerk so abweichenden<lb/>
Gestalten in meinem Kopfe veranlaſst hat.<lb/>
Zuerst ging ich langsam durch die Säle,<lb/>
sah wo die Italiener hingen, und merkte<lb/>
mir in jedem Saale die Stücke, die ich nä¬<lb/>
her betrachten wollte. Die Lüsternheit wird<lb/>
übermüthig, wenn sie im Ueberflusse wäh¬<lb/>
len kann. Unter der Menge dessen, was<lb/>
Künstler und Kenner hier interessant finden<lb/>
würden, zog mich nur wenig an, durch<lb/>
Züge von inwohnender Schönheit, die von<lb/>
einem Sinne des Malers für menschliche<lb/>
Gröſse zeugten. Ich ging aus, mit dem Vor¬<lb/>
satze, zu sehen, ob ich etwas finden wür¬<lb/>
de, das ich um seiner Schöne willen lieben<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[214/0226]
Hand geworfen, so eilte ich noch einmal in
die Galerie, um nur an transalpinischen Wer¬
ken mich satt zu sehen. Was ich jetzt seit
einer Stunde daher phantasire, ist nur die
Reaktion, die der Anblick dieser von allem
flammändischem Machwerk so abweichenden
Gestalten in meinem Kopfe veranlaſst hat.
Zuerst ging ich langsam durch die Säle,
sah wo die Italiener hingen, und merkte
mir in jedem Saale die Stücke, die ich nä¬
her betrachten wollte. Die Lüsternheit wird
übermüthig, wenn sie im Ueberflusse wäh¬
len kann. Unter der Menge dessen, was
Künstler und Kenner hier interessant finden
würden, zog mich nur wenig an, durch
Züge von inwohnender Schönheit, die von
einem Sinne des Malers für menschliche
Gröſse zeugten. Ich ging aus, mit dem Vor¬
satze, zu sehen, ob ich etwas finden wür¬
de, das ich um seiner Schöne willen lieben
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/226>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.