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Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791.

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dafür die erste Seele, die zur Kirchthüre
hineingehen würde, zum Eigenthum über¬
lassen. Als nun der Bau vollendet war,
fand sich kein Mensch, der das Opfer die¬
ses frevelhaften Vertrages werden wollte;
die Furcht vor Satans Krallen wirkte so
mächtig in dieser gläubigen Stadt, dass die
Kirche wahrscheinlicher Weise bis auf den
heutigen Tag hätte leer stehen müssen, wenn
nicht ein Priester auf den klugen Einfall
gekommen wäre, einen Wolf, den man zu
gutem Glück lebendig gefangen hatte, durch
die Kirche zu jagen. Der Teufel schlug
aus Verdruss, sich überlistet zu sehen, die
Thore von Erz hinter sich zu, dass sie zer¬
sprangen. Den Unglauben zu beschämen,
der etwa sich erdreisten möchte, den Spalt
im Erz durch einen Windstoss, der die
Flügel zuwarf, natürlich zu erklären, stehen
draussen vor demselben Thore zwei in Erz

dafür die erste Seele, die zur Kirchthüre
hineingehen würde, zum Eigenthum über¬
lassen. Als nun der Bau vollendet war,
fand sich kein Mensch, der das Opfer die¬
ses frevelhaften Vertrages werden wollte;
die Furcht vor Satans Krallen wirkte so
mächtig in dieser gläubigen Stadt, daſs die
Kirche wahrscheinlicher Weise bis auf den
heutigen Tag hätte leer stehen müssen, wenn
nicht ein Priester auf den klugen Einfall
gekommen wäre, einen Wolf, den man zu
gutem Glück lebendig gefangen hatte, durch
die Kirche zu jagen. Der Teufel schlug
aus Verdruſs, sich überlistet zu sehen, die
Thore von Erz hinter sich zu, daſs sie zer¬
sprangen. Den Unglauben zu beschämen,
der etwa sich erdreisten möchte, den Spalt
im Erz durch einen Windstoſs, der die
Flügel zuwarf, natürlich zu erklären, stehen
drauſsen vor demselben Thore zwei in Erz

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[324/0336] dafür die erste Seele, die zur Kirchthüre hineingehen würde, zum Eigenthum über¬ lassen. Als nun der Bau vollendet war, fand sich kein Mensch, der das Opfer die¬ ses frevelhaften Vertrages werden wollte; die Furcht vor Satans Krallen wirkte so mächtig in dieser gläubigen Stadt, daſs die Kirche wahrscheinlicher Weise bis auf den heutigen Tag hätte leer stehen müssen, wenn nicht ein Priester auf den klugen Einfall gekommen wäre, einen Wolf, den man zu gutem Glück lebendig gefangen hatte, durch die Kirche zu jagen. Der Teufel schlug aus Verdruſs, sich überlistet zu sehen, die Thore von Erz hinter sich zu, daſs sie zer¬ sprangen. Den Unglauben zu beschämen, der etwa sich erdreisten möchte, den Spalt im Erz durch einen Windstoſs, der die Flügel zuwarf, natürlich zu erklären, stehen drauſsen vor demselben Thore zwei in Erz

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/336>, abgerufen am 22.11.2024.