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Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791.

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räumen, welche die Sorge für die Befriedigung
des physischen Bedürfnisses übrig lässt, for¬
dert der Geist Beschäftigung. Entweder muss
er seine Phantasie mit hyperphysischen Träu¬
men wiegen, die er nicht zergliedern und
nach dem Gesetze des Widerspruchs beur¬
theilen kann; oder ein Wort -- zum Bei¬
spiel: Freiheit -- das ohne Metaphysik un¬
verständlich ist, muss sich seiner bemächti¬
gen und ihn im Kreise umherwirbeln, das
Spiel einer fortwährenden petitionis principii.
Indess, so unfähig die Lütticher auch sind,
einen Streit über die Grundsätze des geselli¬
gen Lebens, den die Philosophen selbst noch
nicht ins Reine brachten, abzuurtheilen; so
genau sind sie doch von den Thatsachen
unterrichtet, welche ihre gegenwärtigen An¬
gelegenheiten betreffen, und hier, wie über¬
all, entscheidet das Gefühl augenblicklich,
ehe noch die Vernunft, die das Vergangene

räumen, welche die Sorge für die Befriedigung
des physischen Bedürfnisses übrig läſst, for¬
dert der Geist Beschäftigung. Entweder muſs
er seine Phantasie mit hyperphysischen Träu¬
men wiegen, die er nicht zergliedern und
nach dem Gesetze des Widerspruchs beur¬
theilen kann; oder ein Wort — zum Bei¬
spiel: Freiheit — das ohne Metaphysik un¬
verständlich ist, muſs sich seiner bemächti¬
gen und ihn im Kreise umherwirbeln, das
Spiel einer fortwährenden petitionis principii.
Indeſs, so unfähig die Lütticher auch sind,
einen Streit über die Grundsätze des geselli¬
gen Lebens, den die Philosophen selbst noch
nicht ins Reine brachten, abzuurtheilen; so
genau sind sie doch von den Thatsachen
unterrichtet, welche ihre gegenwärtigen An¬
gelegenheiten betreffen, und hier, wie über¬
all, entscheidet das Gefühl augenblicklich,
ehe noch die Vernunft, die das Vergangene

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[344/0356] räumen, welche die Sorge für die Befriedigung des physischen Bedürfnisses übrig läſst, for¬ dert der Geist Beschäftigung. Entweder muſs er seine Phantasie mit hyperphysischen Träu¬ men wiegen, die er nicht zergliedern und nach dem Gesetze des Widerspruchs beur¬ theilen kann; oder ein Wort — zum Bei¬ spiel: Freiheit — das ohne Metaphysik un¬ verständlich ist, muſs sich seiner bemächti¬ gen und ihn im Kreise umherwirbeln, das Spiel einer fortwährenden petitionis principii. Indeſs, so unfähig die Lütticher auch sind, einen Streit über die Grundsätze des geselli¬ gen Lebens, den die Philosophen selbst noch nicht ins Reine brachten, abzuurtheilen; so genau sind sie doch von den Thatsachen unterrichtet, welche ihre gegenwärtigen An¬ gelegenheiten betreffen, und hier, wie über¬ all, entscheidet das Gefühl augenblicklich, ehe noch die Vernunft, die das Vergangene

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/356>, abgerufen am 23.11.2024.