die Absicht dieser Verabredungen war, so beweiset nicht nur der Erfolg die Vergeb¬ lichkeit eines solchen Bemühens, sondern es lässt sich schon aus dem unsteten Grun¬ de, worauf wir hier die Verfassungen und Gesetzgebungen ruhen sehen, ihre Vergäng¬ lichkeit voraus verkündigen. Nicht einmal eine Verfassung, welche auf vollkommene Sittlichkeit wirklich abzweckte, würde ihrer Dauer sicher seyn, sobald sie mächtige Nach¬ baren hätte, die nicht auf diesen Zweck hinarbeiteten; wie viel weniger kann man solchen Verfassungen Dauer versprechen, die auf die sittliche Vollkommenheit des Men¬ schen nicht ihr vorzüglichstes Augenmerk richten! Je weiter sie sich davon entfernen, desto unsicherer ist ihre Existenz; denn die Zeitfolge entwickelt Begebenheiten, verän¬ dert innere und äussere Verhältnisse, bringt Krisen hervor, welche dem unvollkommen
die Absicht dieser Verabredungen war, so beweiset nicht nur der Erfolg die Vergeb¬ lichkeit eines solchen Bemühens, sondern es läſst sich schon aus dem unsteten Grun¬ de, worauf wir hier die Verfassungen und Gesetzgebungen ruhen sehen, ihre Vergäng¬ lichkeit voraus verkündigen. Nicht einmal eine Verfassung, welche auf vollkommene Sittlichkeit wirklich abzweckte, würde ihrer Dauer sicher seyn, sobald sie mächtige Nach¬ baren hätte, die nicht auf diesen Zweck hinarbeiteten; wie viel weniger kann man solchen Verfassungen Dauer versprechen, die auf die sittliche Vollkommenheit des Men¬ schen nicht ihr vorzüglichstes Augenmerk richten! Je weiter sie sich davon entfernen, desto unsicherer ist ihre Existenz; denn die Zeitfolge entwickelt Begebenheiten, verän¬ dert innere und äuſsere Verhältnisse, bringt Krisen hervor, welche dem unvollkommen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0384"n="372"/>
die Absicht dieser Verabredungen war, so<lb/>
beweiset nicht nur der Erfolg die Vergeb¬<lb/>
lichkeit eines solchen Bemühens, sondern<lb/>
es läſst sich schon aus dem unsteten Grun¬<lb/>
de, worauf wir hier die Verfassungen und<lb/>
Gesetzgebungen ruhen sehen, ihre Vergäng¬<lb/>
lichkeit voraus verkündigen. Nicht einmal<lb/>
eine Verfassung, welche auf vollkommene<lb/>
Sittlichkeit wirklich abzweckte, würde ihrer<lb/>
Dauer sicher seyn, sobald sie mächtige Nach¬<lb/>
baren hätte, die nicht auf diesen Zweck<lb/>
hinarbeiteten; wie viel weniger kann man<lb/>
solchen Verfassungen Dauer versprechen, die<lb/>
auf die sittliche Vollkommenheit des Men¬<lb/>
schen nicht ihr vorzüglichstes Augenmerk<lb/>
richten! Je weiter sie sich davon entfernen,<lb/>
desto unsicherer ist ihre Existenz; denn die<lb/>
Zeitfolge entwickelt Begebenheiten, verän¬<lb/>
dert innere und äuſsere Verhältnisse, bringt<lb/>
Krisen hervor, welche dem unvollkommen<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[372/0384]
die Absicht dieser Verabredungen war, so
beweiset nicht nur der Erfolg die Vergeb¬
lichkeit eines solchen Bemühens, sondern
es läſst sich schon aus dem unsteten Grun¬
de, worauf wir hier die Verfassungen und
Gesetzgebungen ruhen sehen, ihre Vergäng¬
lichkeit voraus verkündigen. Nicht einmal
eine Verfassung, welche auf vollkommene
Sittlichkeit wirklich abzweckte, würde ihrer
Dauer sicher seyn, sobald sie mächtige Nach¬
baren hätte, die nicht auf diesen Zweck
hinarbeiteten; wie viel weniger kann man
solchen Verfassungen Dauer versprechen, die
auf die sittliche Vollkommenheit des Men¬
schen nicht ihr vorzüglichstes Augenmerk
richten! Je weiter sie sich davon entfernen,
desto unsicherer ist ihre Existenz; denn die
Zeitfolge entwickelt Begebenheiten, verän¬
dert innere und äuſsere Verhältnisse, bringt
Krisen hervor, welche dem unvollkommen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/384>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.