setzen, durch Zeitvertreib sie zu zerstreuen und durch allerlei Gespenster sie in Schrek¬ ken zu jagen.
Diese armselige Politik treibt ihr inkon¬ sequentes Spiel, so lange es gehen will; glücklich, wenn sie das Wesentliche von dem Unbedeutenden abzusondern versteht, und das Volk nicht bloss zu amüsiren, son¬ dern auch zu füttern weiss. Im entgegen¬ gesetzten Falle wird doch zuletzt der Druck unerträglich: er bringt den Grad von schmerz¬ hafter Empfindung hervor, welcher selbst das Leben wagen lehrt, um nur des Schmer¬ zes los zu werden; und wenn dann alle Gemüther reif und reizbar sind, so bedarf es nur jenes Menschen, der im Palais Royal zu Paris auf einen Schemel stieg und dem Volke zurief: "Ihr Herren, ich weiss, man hängt mich auf; aber ich wage meinen Hals, und sage Euch: greift zu den Waffen!"
setzen, durch Zeitvertreib sie zu zerstreuen und durch allerlei Gespenster sie in Schrek¬ ken zu jagen.
Diese armselige Politik treibt ihr inkon¬ sequentes Spiel, so lange es gehen will; glücklich, wenn sie das Wesentliche von dem Unbedeutenden abzusondern versteht, und das Volk nicht bloſs zu amüsiren, son¬ dern auch zu füttern weiſs. Im entgegen¬ gesetzten Falle wird doch zuletzt der Druck unerträglich: er bringt den Grad von schmerz¬ hafter Empfindung hervor, welcher selbst das Leben wagen lehrt, um nur des Schmer¬ zes los zu werden; und wenn dann alle Gemüther reif und reizbar sind, so bedarf es nur jenes Menschen, der im Palais Royal zu Paris auf einen Schemel stieg und dem Volke zurief: „Ihr Herren, ich weiſs, man hängt mich auf; aber ich wage meinen Hals, und sage Euch: greift zu den Waffen!”
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0390"n="378"/>
setzen, durch Zeitvertreib sie zu zerstreuen<lb/>
und durch allerlei Gespenster sie in Schrek¬<lb/>
ken zu jagen.</p><lb/><p>Diese armselige Politik treibt ihr inkon¬<lb/>
sequentes Spiel, so lange es gehen will;<lb/>
glücklich, wenn sie das Wesentliche von<lb/>
dem Unbedeutenden abzusondern versteht,<lb/>
und das Volk nicht bloſs zu amüsiren, son¬<lb/>
dern auch zu füttern weiſs. Im entgegen¬<lb/>
gesetzten Falle wird doch zuletzt der Druck<lb/>
unerträglich: er bringt den Grad von schmerz¬<lb/>
hafter Empfindung hervor, welcher selbst<lb/>
das Leben wagen lehrt, um nur des Schmer¬<lb/>
zes los zu werden; und wenn dann alle<lb/>
Gemüther reif und reizbar sind, so bedarf<lb/>
es nur jenes Menschen, der im <hirendition="#i">Palais Royal</hi><lb/>
zu Paris auf einen Schemel stieg und dem<lb/>
Volke zurief: <hirendition="#i">„Ihr Herren, ich weiſs, man<lb/>
hängt mich auf; aber ich wage meinen<lb/>
Hals, und sage Euch: greift zu den Waffen!”</hi></p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[378/0390]
setzen, durch Zeitvertreib sie zu zerstreuen
und durch allerlei Gespenster sie in Schrek¬
ken zu jagen.
Diese armselige Politik treibt ihr inkon¬
sequentes Spiel, so lange es gehen will;
glücklich, wenn sie das Wesentliche von
dem Unbedeutenden abzusondern versteht,
und das Volk nicht bloſs zu amüsiren, son¬
dern auch zu füttern weiſs. Im entgegen¬
gesetzten Falle wird doch zuletzt der Druck
unerträglich: er bringt den Grad von schmerz¬
hafter Empfindung hervor, welcher selbst
das Leben wagen lehrt, um nur des Schmer¬
zes los zu werden; und wenn dann alle
Gemüther reif und reizbar sind, so bedarf
es nur jenes Menschen, der im Palais Royal
zu Paris auf einen Schemel stieg und dem
Volke zurief: „Ihr Herren, ich weiſs, man
hängt mich auf; aber ich wage meinen
Hals, und sage Euch: greift zu den Waffen!”
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/390>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.