Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

drückt werden, weil die Erfindung gar zu
abgeschmackt ist. Sobald man die weibliche
Figur ins Auge fasst, verliert sie bei jedem
Manne von Gefühl ihre Ansprüche auf
Jungfräulichkeit und Weiblichkeit. So lä¬
cherlich es auch ist, wenn van Dyk in
seinem Gemälde vom heiligen Antonius bei
den hiesigen Barfüssermönchen, einen Esel
vor der Hostie knieen lässt, so ist es doch
immer noch erträglicher; man wird nicht
indignirt, man lächelt nur, weil alles was
zur innern Vortreflichkeit des Menschen ge¬
hört, unabänderlich bleibt, hingegen konven¬
tionelle Begriffe, die man mit gewissen Din¬
gen verbindet, der Veränderung unterworfen
sind. Wem indess das grösste Kompliment
dabei gebührt, den Erfindern dieses plumpen
Scherzes, oder dem Volke, das sich daran
erbaut, ist nicht leicht ausgemacht. Unserer
Logik klingt es absurd, wenn jemand be¬

G g 2

drückt werden, weil die Erfindung gar zu
abgeschmackt ist. Sobald man die weibliche
Figur ins Auge faſst, verliert sie bei jedem
Manne von Gefühl ihre Ansprüche auf
Jungfräulichkeit und Weiblichkeit. So lä¬
cherlich es auch ist, wenn van Dyk in
seinem Gemälde vom heiligen Antonius bei
den hiesigen Barfüſsermönchen, einen Esel
vor der Hostie knieen läſst, so ist es doch
immer noch erträglicher; man wird nicht
indignirt, man lächelt nur, weil alles was
zur innern Vortreflichkeit des Menschen ge¬
hört, unabänderlich bleibt, hingegen konven¬
tionelle Begriffe, die man mit gewissen Din¬
gen verbindet, der Veränderung unterworfen
sind. Wem indeſs das gröſste Kompliment
dabei gebührt, den Erfindern dieses plumpen
Scherzes, oder dem Volke, das sich daran
erbaut, ist nicht leicht ausgemacht. Unserer
Logik klingt es absurd, wenn jemand be¬

G g 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0479" n="467"/>
drückt werden, weil die Erfindung gar zu<lb/>
abgeschmackt ist. Sobald man die weibliche<lb/>
Figur ins Auge fa&#x017F;st, verliert sie bei jedem<lb/>
Manne von Gefühl ihre Ansprüche auf<lb/>
Jungfräulichkeit und Weiblichkeit. So lä¬<lb/>
cherlich es auch ist, wenn <hi rendition="#i">van Dyk</hi> in<lb/>
seinem Gemälde vom heiligen Antonius bei<lb/>
den hiesigen Barfü&#x017F;sermönchen, einen Esel<lb/>
vor der Hostie knieen lä&#x017F;st, so ist es doch<lb/>
immer noch erträglicher; man wird nicht<lb/>
indignirt, man lächelt nur, weil alles was<lb/>
zur innern Vortreflichkeit des Menschen ge¬<lb/>
hört, unabänderlich bleibt, hingegen konven¬<lb/>
tionelle Begriffe, die man mit gewissen Din¬<lb/>
gen verbindet, der Veränderung unterworfen<lb/>
sind. Wem inde&#x017F;s das grö&#x017F;ste Kompliment<lb/>
dabei gebührt, den Erfindern dieses plumpen<lb/>
Scherzes, oder dem Volke, das sich daran<lb/>
erbaut, ist nicht leicht ausgemacht. Unserer<lb/>
Logik klingt es absurd, wenn jemand be¬<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">G g 2<lb/></fw>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[467/0479] drückt werden, weil die Erfindung gar zu abgeschmackt ist. Sobald man die weibliche Figur ins Auge faſst, verliert sie bei jedem Manne von Gefühl ihre Ansprüche auf Jungfräulichkeit und Weiblichkeit. So lä¬ cherlich es auch ist, wenn van Dyk in seinem Gemälde vom heiligen Antonius bei den hiesigen Barfüſsermönchen, einen Esel vor der Hostie knieen läſst, so ist es doch immer noch erträglicher; man wird nicht indignirt, man lächelt nur, weil alles was zur innern Vortreflichkeit des Menschen ge¬ hört, unabänderlich bleibt, hingegen konven¬ tionelle Begriffe, die man mit gewissen Din¬ gen verbindet, der Veränderung unterworfen sind. Wem indeſs das gröſste Kompliment dabei gebührt, den Erfindern dieses plumpen Scherzes, oder dem Volke, das sich daran erbaut, ist nicht leicht ausgemacht. Unserer Logik klingt es absurd, wenn jemand be¬ G g 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/479
Zitationshilfe: Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791, S. 467. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/479>, abgerufen am 22.11.2024.