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Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791.

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ist, weil in seiner persönlichen Gegenwart
die Aeusserung alles dessen beschlossen liegt,
was er mit eigenthümlicher Sinneskraft In¬
dividuelles aus der Natur um ihn her auf¬
fassen, und mit dem lebendigmachenden Sie¬
gel seines Geistes stempeln konnte, weil end¬
lich mit ihm selbst seine Kunst und jede
bestimmte Bezeichnung ihres Werthes stirbt.
Der Natur den Menschen nachzubilden, nicht
bloss seine körperlichen Verhältnisse, son¬
dern auch die zarteren Spuren des in seiner
Organisation herrschenden Geistes so hinzu¬
stellen, dass sie in unserer Phantasie Ein¬
gang finden: dieses schöne Ziel der Kunst
erreicht sowohl der Dichter als der Bildner,
ein jeder auf seinem besondern Wege. Doch
den Bildern eignes Leben einzuhauchen, ih¬
nen gleichsam eine Seele zu leihen, die mit
der ganzen Kraft ihrer Verwandtschaft in uns
wirkt; dies vermag nur der Schauspieler, in¬

ist, weil in seiner persönlichen Gegenwart
die Aeuſserung alles dessen beschlossen liegt,
was er mit eigenthümlicher Sinneskraft In¬
dividuelles aus der Natur um ihn her auf¬
fassen, und mit dem lebendigmachenden Sie¬
gel seines Geistes stempeln konnte, weil end¬
lich mit ihm selbst seine Kunst und jede
bestimmte Bezeichnung ihres Werthes stirbt.
Der Natur den Menschen nachzubilden, nicht
bloſs seine körperlichen Verhältnisse, son¬
dern auch die zarteren Spuren des in seiner
Organisation herrschenden Geistes so hinzu¬
stellen, daſs sie in unserer Phantasie Ein¬
gang finden: dieses schöne Ziel der Kunst
erreicht sowohl der Dichter als der Bildner,
ein jeder auf seinem besondern Wege. Doch
den Bildern eignes Leben einzuhauchen, ih¬
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der ganzen Kraft ihrer Verwandtschaft in uns
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[86/0098] ist, weil in seiner persönlichen Gegenwart die Aeuſserung alles dessen beschlossen liegt, was er mit eigenthümlicher Sinneskraft In¬ dividuelles aus der Natur um ihn her auf¬ fassen, und mit dem lebendigmachenden Sie¬ gel seines Geistes stempeln konnte, weil end¬ lich mit ihm selbst seine Kunst und jede bestimmte Bezeichnung ihres Werthes stirbt. Der Natur den Menschen nachzubilden, nicht bloſs seine körperlichen Verhältnisse, son¬ dern auch die zarteren Spuren des in seiner Organisation herrschenden Geistes so hinzu¬ stellen, daſs sie in unserer Phantasie Ein¬ gang finden: dieses schöne Ziel der Kunst erreicht sowohl der Dichter als der Bildner, ein jeder auf seinem besondern Wege. Doch den Bildern eignes Leben einzuhauchen, ih¬ nen gleichsam eine Seele zu leihen, die mit der ganzen Kraft ihrer Verwandtschaft in uns wirkt; dies vermag nur der Schauspieler, in¬

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/98>, abgerufen am 21.11.2024.