tung sie eigentlich ihre höchste Vollkommen¬ heit erreicht, so dünkt es mich auch hier, dass der heroischen Natur, der idealischen Schönheit, der ästhetischen und sittlichen Grösse eine gewisse Täuschung, nicht nur der Formen, sondern auch der Farbengebung, nothwendig zugestanden werden müsse, wel¬ che mit dieser Einschränkung noch gedenk¬ bar, und gleichwohl über jede gewöhnliche und bekannte Natur hinwegschwebend, den Charakter des Erhabenen ausdrückt. Würde nicht, zum Beispiel, die Wärme, womit es erlaubt ist eine Danae, eine Leda oder eine Kleopatra zu malen, dem Bildniss einer Hei¬ ligen übel anstehen? Oder dürfte sich der Maler schmeicheln, wenn er die Himmelfahrt der Jungfrau schildert, die Phantasie des Zu¬ schauers befriedigen und bestechen zu kön¬ nen, wofern er nicht die Vorstellung eines schweren, materiellen Körpers von Fleisch
tung sie eigentlich ihre höchste Vollkommen¬ heit erreicht, so dünkt es mich auch hier, daſs der heroischen Natur, der idealischen Schönheit, der ästhetischen und sittlichen Gröſse eine gewisse Täuschung, nicht nur der Formen, sondern auch der Farbengebung, nothwendig zugestanden werden müsse, wel¬ che mit dieser Einschränkung noch gedenk¬ bar, und gleichwohl über jede gewöhnliche und bekannte Natur hinwegschwebend, den Charakter des Erhabenen ausdrückt. Würde nicht, zum Beispiel, die Wärme, womit es erlaubt ist eine Danae, eine Leda oder eine Kleopatra zu malen, dem Bildniſs einer Hei¬ ligen übel anstehen? Oder dürfte sich der Maler schmeicheln, wenn er die Himmelfahrt der Jungfrau schildert, die Phantasie des Zu¬ schauers befriedigen und bestechen zu kön¬ nen, wofern er nicht die Vorstellung eines schweren, materiellen Körpers von Fleisch
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tung sie eigentlich ihre höchste Vollkommen¬
heit erreicht, so dünkt es mich auch hier,
daſs der heroischen Natur, der idealischen
Schönheit, der ästhetischen und sittlichen
Gröſse eine gewisse Täuschung, nicht nur
der Formen, sondern auch der Farbengebung,
nothwendig zugestanden werden müsse, wel¬
che mit dieser Einschränkung noch gedenk¬
bar, und gleichwohl über jede gewöhnliche
und bekannte Natur hinwegschwebend, den
Charakter des Erhabenen ausdrückt. Würde
nicht, zum Beispiel, die Wärme, womit es
erlaubt ist eine Danae, eine Leda oder eine
Kleopatra zu malen, dem Bildniſs einer Hei¬
ligen übel anstehen? Oder dürfte sich der
Maler schmeicheln, wenn er die Himmelfahrt
der Jungfrau schildert, die Phantasie des Zu¬
schauers befriedigen und bestechen zu kön¬
nen, wofern er nicht die Vorstellung eines
schweren, materiellen Körpers von Fleisch
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Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 2. Berlin, 1791, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein02_1791/307>, abgerufen am 22.11.2024.
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