Wie weit ging denn nun des Kaisers Befugniss und Recht, seine Neuerungen durchzusetzen? Über diese Frage ward be¬ reits lange und wird auch noch gestritten. Du weisst, was ich von solchen Fragen hal¬ te, wobei jede Partei gewisse Positionen, als ausgemacht, zum Grunde legt, und keine bis auf die letzten Vernunftgründe zurückgeht. Denkende Männer, nicht bloss die maschi¬ nenmässigen Aktenleser, denkende Männer, die sich sonst von den Fesseln des Vorur¬ theils frei zu erhalten wissen, können sich doch in einem solchen Falle, wo das Glück eines Volkes von den Maassregeln eines Für¬ sten abhängt, vor einer kaltblütigen Erörte¬ rung scheuen und wohl gar verlangen, dass das Herkommen, die Gewohnheit, das An¬ sehen der Person, und die einmal bestehende Authorität als unantastbare Heiligthümer gel¬ ten sollen. Das Gefühl, welches sie zu die¬
Wie weit ging denn nun des Kaisers Befugniſs und Recht, seine Neuerungen durchzusetzen? Über diese Frage ward be¬ reits lange und wird auch noch gestritten. Du weiſst, was ich von solchen Fragen hal¬ te, wobei jede Partei gewisse Positionen, als ausgemacht, zum Grunde legt, und keine bis auf die letzten Vernunftgründe zurückgeht. Denkende Männer, nicht bloſs die maschi¬ nenmäſsigen Aktenleser, denkende Männer, die sich sonst von den Fesseln des Vorur¬ theils frei zu erhalten wissen, können sich doch in einem solchen Falle, wo das Glück eines Volkes von den Maaſsregeln eines Für¬ sten abhängt, vor einer kaltblütigen Erörte¬ rung scheuen und wohl gar verlangen, daſs das Herkommen, die Gewohnheit, das An¬ sehen der Person, und die einmal bestehende Authorität als unantastbare Heiligthümer gel¬ ten sollen. Das Gefühl, welches sie zu die¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0036"n="30"/><p>Wie weit ging denn nun des Kaisers<lb/>
Befugniſs und Recht, seine Neuerungen<lb/>
durchzusetzen? Über diese Frage ward be¬<lb/>
reits lange und wird auch noch gestritten.<lb/>
Du weiſst, was ich von solchen Fragen hal¬<lb/>
te, wobei jede Partei gewisse Positionen, als<lb/>
ausgemacht, zum Grunde legt, und keine bis<lb/>
auf die letzten Vernunftgründe zurückgeht.<lb/>
Denkende Männer, nicht bloſs die maschi¬<lb/>
nenmäſsigen Aktenleser, denkende Männer,<lb/>
die sich sonst von den Fesseln des Vorur¬<lb/>
theils frei zu erhalten wissen, können sich<lb/>
doch in einem solchen Falle, wo das Glück<lb/>
eines Volkes von den Maaſsregeln eines Für¬<lb/>
sten abhängt, vor einer kaltblütigen Erörte¬<lb/>
rung scheuen und wohl gar verlangen, daſs<lb/>
das Herkommen, die Gewohnheit, das An¬<lb/>
sehen der Person, und die einmal bestehende<lb/>
Authorität als unantastbare Heiligthümer gel¬<lb/>
ten sollen. Das Gefühl, welches sie zu die¬<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[30/0036]
Wie weit ging denn nun des Kaisers
Befugniſs und Recht, seine Neuerungen
durchzusetzen? Über diese Frage ward be¬
reits lange und wird auch noch gestritten.
Du weiſst, was ich von solchen Fragen hal¬
te, wobei jede Partei gewisse Positionen, als
ausgemacht, zum Grunde legt, und keine bis
auf die letzten Vernunftgründe zurückgeht.
Denkende Männer, nicht bloſs die maschi¬
nenmäſsigen Aktenleser, denkende Männer,
die sich sonst von den Fesseln des Vorur¬
theils frei zu erhalten wissen, können sich
doch in einem solchen Falle, wo das Glück
eines Volkes von den Maaſsregeln eines Für¬
sten abhängt, vor einer kaltblütigen Erörte¬
rung scheuen und wohl gar verlangen, daſs
das Herkommen, die Gewohnheit, das An¬
sehen der Person, und die einmal bestehende
Authorität als unantastbare Heiligthümer gel¬
ten sollen. Das Gefühl, welches sie zu die¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 2. Berlin, 1791, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein02_1791/36>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.