Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 2. Berlin, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

sachen eine Monotonie, welcher man nicht
anders abzuhelfen wusste, als vermittelst ei¬
ner Modulation, die in lauter Dissonanzen
forthüpft; ein Ohr, das Harmonie gewohnt
ist, hat dabei völlig die Empfindung, wie
wenn mit der grössten Wuth ein Contrebass
unaufhörlich gestimmt wird. Die Mimik
entsprach genau dieser Deklamation. Wären
die Holländischen Schauspieler so ehrlich,
wie die Kamtschadalen, die ohne Hehl die
Bären für ihre Tanzmeister erkennen, so
würden sie gestehen, dass sie von den Wind¬
mühlen gestikuliren gelernt haben. Ihre Ar¬
me waren unaufhörlich in der Luft, und die
Hände flatterten mit einem krampfhaften Zit¬
tern und ausgespreizten Fingern in einer Dia¬
gonallinie vor dem Körper vorbei. Die Stel¬
lung der Herren liess mich oft besorgen, dass
ein heftiges Bauchgrimmen sie plagte; so bog
sich mit eingekniffenem Unterleib der ganze

sachen eine Monotonie, welcher man nicht
anders abzuhelfen wuſste, als vermittelst ei¬
ner Modulation, die in lauter Dissonanzen
forthüpft; ein Ohr, das Harmonie gewohnt
ist, hat dabei völlig die Empfindung, wie
wenn mit der gröſsten Wuth ein Contrebaſs
unaufhörlich gestimmt wird. Die Mimik
entsprach genau dieser Deklamation. Wären
die Holländischen Schauspieler so ehrlich,
wie die Kamtschadalen, die ohne Hehl die
Bären für ihre Tanzmeister erkennen, so
würden sie gestehen, daſs sie von den Wind¬
mühlen gestikuliren gelernt haben. Ihre Ar¬
me waren unaufhörlich in der Luft, und die
Hände flatterten mit einem krampfhaften Zit¬
tern und ausgespreizten Fingern in einer Dia¬
gonallinie vor dem Körper vorbei. Die Stel¬
lung der Herren lieſs mich oft besorgen, daſs
ein heftiges Bauchgrimmen sie plagte; so bog
sich mit eingekniffenem Unterleib der ganze

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0446" n="440"/>
sachen eine Monotonie, welcher man nicht<lb/>
anders abzuhelfen wu&#x017F;ste, als vermittelst ei¬<lb/>
ner Modulation, die in lauter Dissonanzen<lb/>
forthüpft; ein Ohr, das Harmonie gewohnt<lb/>
ist, hat dabei völlig die Empfindung, wie<lb/>
wenn mit der grö&#x017F;sten Wuth ein Contreba&#x017F;s<lb/>
unaufhörlich gestimmt wird. Die Mimik<lb/>
entsprach genau dieser Deklamation. Wären<lb/>
die Holländischen Schauspieler so ehrlich,<lb/>
wie die Kamtschadalen, die ohne Hehl die<lb/>
Bären für ihre Tanzmeister erkennen, so<lb/>
würden sie gestehen, da&#x017F;s sie von den Wind¬<lb/>
mühlen gestikuliren gelernt haben. Ihre Ar¬<lb/>
me waren unaufhörlich in der Luft, und die<lb/>
Hände flatterten mit einem krampfhaften Zit¬<lb/>
tern und ausgespreizten Fingern in einer Dia¬<lb/>
gonallinie vor dem Körper vorbei. Die Stel¬<lb/>
lung der Herren lie&#x017F;s mich oft besorgen, da&#x017F;s<lb/>
ein heftiges Bauchgrimmen sie plagte; so bog<lb/>
sich mit eingekniffenem Unterleib der ganze<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[440/0446] sachen eine Monotonie, welcher man nicht anders abzuhelfen wuſste, als vermittelst ei¬ ner Modulation, die in lauter Dissonanzen forthüpft; ein Ohr, das Harmonie gewohnt ist, hat dabei völlig die Empfindung, wie wenn mit der gröſsten Wuth ein Contrebaſs unaufhörlich gestimmt wird. Die Mimik entsprach genau dieser Deklamation. Wären die Holländischen Schauspieler so ehrlich, wie die Kamtschadalen, die ohne Hehl die Bären für ihre Tanzmeister erkennen, so würden sie gestehen, daſs sie von den Wind¬ mühlen gestikuliren gelernt haben. Ihre Ar¬ me waren unaufhörlich in der Luft, und die Hände flatterten mit einem krampfhaften Zit¬ tern und ausgespreizten Fingern in einer Dia¬ gonallinie vor dem Körper vorbei. Die Stel¬ lung der Herren lieſs mich oft besorgen, daſs ein heftiges Bauchgrimmen sie plagte; so bog sich mit eingekniffenem Unterleib der ganze

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein02_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein02_1791/446
Zitationshilfe: Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 2. Berlin, 1791, S. 440. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein02_1791/446>, abgerufen am 03.10.2024.