chen, lassen noch die Möglichkeit eines unbefleckten Charakters übrig. Nein, ich denke an die entsetzliche Tyrannei, welche die älteren Buben hier über die späteren Ankömmlinge ausübten. Dadurch gerathen sie unwiederbringlich in einen Abgrund von Niederträchtigkeit, aus welchem sie nur, vermöge eines günstigen Schicksals, sich zu tugendhaften Männern entwickeln; oder sie müssen ungewöhnlich reiche An- lage hineinbringen, um beim Selbstdenken zu edlen, großen Vorstellungen zu kom- men. -- -- Wohin gerathe ich? -- Wind- sors hohe Thürme liegen unter mir, und streben umsonst zu gleicher Höhe mit die- sem, auf welchem ich stehe, hinan. Die Pri- vatwohnung des königlichen Paars (Queen's Lodge) mit dem Nebengebäude, welches den zahlreichen Sprößlingen ihres gesegne- ten Ehebettes gewidmet ist (Royal Nursery),
F 4
chen, lassen noch die Möglichkeit eines unbefleckten Charakters übrig. Nein, ich denke an die entsetzliche Tyrannei, welche die älteren Buben hier über die späteren Ankömmlinge ausübten. Dadurch gerathen sie unwiederbringlich in einen Abgrund von Niederträchtigkeit, aus welchem sie nur, vermöge eines günstigen Schicksals, sich zu tugendhaften Männern entwickeln; oder sie müssen ungewöhnlich reiche An- lage hineinbringen, um beim Selbstdenken zu edlen, großen Vorstellungen zu kom- men. — — Wohin gerathe ich? — Wind- sors hohe Thürme liegen unter mir, und streben umsonst zu gleicher Höhe mit die- sem, auf welchem ich stehe, hinan. Die Pri- vatwohnung des königlichen Paars (Queen’s Lodge) mit dem Nebengebäude, welches den zahlreichen Sprößlingen ihres gesegne- ten Ehebettes gewidmet ist (Royal Nursery),
F 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0110"n="87"/>
chen, lassen noch die Möglichkeit eines<lb/>
unbefleckten Charakters übrig. Nein, ich<lb/>
denke an die entsetzliche Tyrannei, welche<lb/>
die älteren Buben hier über die späteren<lb/>
Ankömmlinge ausübten. Dadurch gerathen<lb/>
sie unwiederbringlich in einen Abgrund<lb/>
von Niederträchtigkeit, aus welchem sie<lb/>
nur, vermöge eines günstigen Schicksals,<lb/>
sich zu tugendhaften Männern entwickeln;<lb/>
oder sie müssen ungewöhnlich reiche An-<lb/>
lage hineinbringen, um beim Selbstdenken<lb/>
zu edlen, großen Vorstellungen zu kom-<lb/>
men. —— Wohin gerathe ich? —<hirendition="#i">Wind-<lb/>
sors</hi> hohe Thürme liegen unter mir, und<lb/>
streben umsonst zu gleicher Höhe mit die-<lb/>
sem, auf welchem ich stehe, hinan. Die Pri-<lb/>
vatwohnung des königlichen Paars (<hirendition="#i">Queen’s<lb/>
Lodge</hi>) mit dem Nebengebäude, welches<lb/>
den zahlreichen Sprößlingen ihres gesegne-<lb/>
ten Ehebettes gewidmet ist (<hirendition="#i">Royal Nursery</hi>),<lb/><fwplace="bottom"type="sig">F 4</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[87/0110]
chen, lassen noch die Möglichkeit eines
unbefleckten Charakters übrig. Nein, ich
denke an die entsetzliche Tyrannei, welche
die älteren Buben hier über die späteren
Ankömmlinge ausübten. Dadurch gerathen
sie unwiederbringlich in einen Abgrund
von Niederträchtigkeit, aus welchem sie
nur, vermöge eines günstigen Schicksals,
sich zu tugendhaften Männern entwickeln;
oder sie müssen ungewöhnlich reiche An-
lage hineinbringen, um beim Selbstdenken
zu edlen, großen Vorstellungen zu kom-
men. — — Wohin gerathe ich? — Wind-
sors hohe Thürme liegen unter mir, und
streben umsonst zu gleicher Höhe mit die-
sem, auf welchem ich stehe, hinan. Die Pri-
vatwohnung des königlichen Paars (Queen’s
Lodge) mit dem Nebengebäude, welches
den zahlreichen Sprößlingen ihres gesegne-
ten Ehebettes gewidmet ist (Royal Nursery),
F 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Der dritte Band von Johann Georg Forsters Ansicht… [mehr]
Der dritte Band von Johann Georg Forsters Ansichten vom Niederrhein blieb unvollendet. Nach Forsters Tod (10.1.1794) wurden dessen fragmentarische Aufzeichnungen zum dritten Band von Ludwig Ferdinand Huber geordnet und herausgegeben. Ergänzt wurde der Band um einen Anhang, Forsters bereits 1789 geschriebene "Geschichte der Kunst in England" (zuerst erschienen in Johann Wilhelm Archenholz' Annalen der brittischen Geschichte) und den "Artistischen Notizen, in London aufgezeichnet" im Anhang. Hubers Vorwort zum dritten Band ist datiert auf den Juli 1794, der Band erschien noch im selben Jahr.
Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 3. Berlin, 1794, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein03_1794/110>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.