Töchter melken und machen Käse. Mancher Bauerhof in dieser Gegend hat siebzig und mehr Kühe, und in einer Familie von zehn Kindern hält man nur eine Magd. Die Wohnungen der Landleute in dieser Pro- vinz haben ein schlechtes, vernachlässigtes Ansehen, und sind mit ihrem Reichthum in keinem Verhältniß. Mir ist es wahr- scheinlich, daß Menschen, die sich bestän- dig mit der Viehzucht beschäftigen, für die Annehmlichkeit einer netten, reinlichen, zierlich möblirten Wohnung wenig Sinn haben können, weil sie bei ihrer unrein- lichen Beschäftigung theils nicht darauf verfallen, theils auch, wenn sie alle Be- quemlichkeit hätten, sie nicht genießen, ihrer nicht froh werden könnten, ohne ihr Gewerbe zu vernachläßigen, und solcher- gestalt in eine Lebensart überzugehen, die von ihrer jetzigen Sparsamkeit das Wider-
III. Theil. H
Töchter melken und machen Käse. Mancher Bauerhof in dieser Gegend hat siebzig und mehr Kühe, und in einer Familie von zehn Kindern hält man nur eine Magd. Die Wohnungen der Landleute in dieser Pro- vinz haben ein schlechtes, vernachlässigtes Ansehen, und sind mit ihrem Reichthum in keinem Verhältniß. Mir ist es wahr- scheinlich, daß Menschen, die sich bestän- dig mit der Viehzucht beschäftigen, für die Annehmlichkeit einer netten, reinlichen, zierlich möblirten Wohnung wenig Sinn haben können, weil sie bei ihrer unrein- lichen Beschäftigung theils nicht darauf verfallen, theils auch, wenn sie alle Be- quemlichkeit hätten, sie nicht genießen, ihrer nicht froh werden könnten, ohne ihr Gewerbe zu vernachläßigen, und solcher- gestalt in eine Lebensart überzugehen, die von ihrer jetzigen Sparsamkeit das Wider-
III. Theil. H
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0136"n="113"/>
Töchter melken und machen Käse. Mancher<lb/>
Bauerhof in dieser Gegend hat siebzig und<lb/>
mehr Kühe, und in einer Familie von zehn<lb/>
Kindern hält man nur eine Magd. Die<lb/>
Wohnungen der Landleute in dieser Pro-<lb/>
vinz haben ein schlechtes, vernachlässigtes<lb/>
Ansehen, und sind mit ihrem Reichthum<lb/>
in keinem Verhältniß. Mir ist es wahr-<lb/>
scheinlich, daß Menschen, die sich bestän-<lb/>
dig mit der Viehzucht beschäftigen, für die<lb/>
Annehmlichkeit einer netten, reinlichen,<lb/>
zierlich möblirten Wohnung wenig Sinn<lb/>
haben können, weil sie bei ihrer unrein-<lb/>
lichen Beschäftigung theils nicht darauf<lb/>
verfallen, theils auch, wenn sie alle Be-<lb/>
quemlichkeit hätten, sie nicht genießen,<lb/>
ihrer nicht froh werden könnten, ohne ihr<lb/>
Gewerbe zu vernachläßigen, und solcher-<lb/>
gestalt in eine Lebensart überzugehen, die<lb/>
von ihrer jetzigen Sparsamkeit das Wider-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">III. Theil. H</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[113/0136]
Töchter melken und machen Käse. Mancher
Bauerhof in dieser Gegend hat siebzig und
mehr Kühe, und in einer Familie von zehn
Kindern hält man nur eine Magd. Die
Wohnungen der Landleute in dieser Pro-
vinz haben ein schlechtes, vernachlässigtes
Ansehen, und sind mit ihrem Reichthum
in keinem Verhältniß. Mir ist es wahr-
scheinlich, daß Menschen, die sich bestän-
dig mit der Viehzucht beschäftigen, für die
Annehmlichkeit einer netten, reinlichen,
zierlich möblirten Wohnung wenig Sinn
haben können, weil sie bei ihrer unrein-
lichen Beschäftigung theils nicht darauf
verfallen, theils auch, wenn sie alle Be-
quemlichkeit hätten, sie nicht genießen,
ihrer nicht froh werden könnten, ohne ihr
Gewerbe zu vernachläßigen, und solcher-
gestalt in eine Lebensart überzugehen, die
von ihrer jetzigen Sparsamkeit das Wider-
III. Theil. H
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Der dritte Band von Johann Georg Forsters Ansicht… [mehr]
Der dritte Band von Johann Georg Forsters Ansichten vom Niederrhein blieb unvollendet. Nach Forsters Tod (10.1.1794) wurden dessen fragmentarische Aufzeichnungen zum dritten Band von Ludwig Ferdinand Huber geordnet und herausgegeben. Ergänzt wurde der Band um einen Anhang, Forsters bereits 1789 geschriebene "Geschichte der Kunst in England" (zuerst erschienen in Johann Wilhelm Archenholz' Annalen der brittischen Geschichte) und den "Artistischen Notizen, in London aufgezeichnet" im Anhang. Hubers Vorwort zum dritten Band ist datiert auf den Juli 1794, der Band erschien noch im selben Jahr.
Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 3. Berlin, 1794, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein03_1794/136>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.