Menschheit tragen, und in körperlichem Schmerz sich winden, von Gicht oder Kolik gequält werden mußte; wie klein und ver- ächtlich mochte er sich da fühlen! Ich für mein Theil bin froh, daß ich nicht Marl- borough bin, und seine Thaten gethan habe, um so zu Schanden gemacht zu werden mit der Geschwätzigkeit des Ruhmes. Ich ge- stehe, der üble Geschmack, womit man ihn in der großen Halle zwischen den kleinen lachenden Faun und die Mediceische Venus hingestellt hat, ist mir wegen der Lächer- lichkeit noch die willkommenste von allen diesen Vergötterungen. Ich lache heute über diese Eitelkeit -- indeß vielleicht morgen ein Recensent dafür meinen Leichtsinn und meine Fühllosigkeit straft --; allein, zwi- schen heute und morgen habe ich beides, gelacht und geweint: über mich selbst, über ihn, und über die ganze Welt. Ist es nicht
O 5
Menschheit tragen, und in körperlichem Schmerz sich winden, von Gicht oder Kolik gequält werden mußte; wie klein und ver- ächtlich mochte er sich da fühlen! Ich für mein Theil bin froh, daß ich nicht Marl- borough bin, und seine Thaten gethan habe, um so zu Schanden gemacht zu werden mit der Geschwätzigkeit des Ruhmes. Ich ge- stehe, der üble Geschmack, womit man ihn in der großen Halle zwischen den kleinen lachenden Faun und die Mediceische Venus hingestellt hat, ist mir wegen der Lächer- lichkeit noch die willkommenste von allen diesen Vergötterungen. Ich lache heute über diese Eitelkeit — indeß vielleicht morgen ein Recensent dafür meinen Leichtsinn und meine Fühllosigkeit straft —; allein, zwi- schen heute und morgen habe ich beides, gelacht und geweint: über mich selbst, über ihn, und über die ganze Welt. Ist es nicht
O 5
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0240"n="217"/>
Menschheit tragen, und in körperlichem<lb/>
Schmerz sich winden, von Gicht oder Kolik<lb/>
gequält werden mußte; wie klein und ver-<lb/>
ächtlich mochte er sich da fühlen! Ich für<lb/>
mein Theil bin froh, daß ich nicht <hirendition="#i">Marl-<lb/>
borough</hi> bin, und seine Thaten gethan habe,<lb/>
um so zu Schanden gemacht zu werden mit<lb/>
der Geschwätzigkeit des Ruhmes. Ich ge-<lb/>
stehe, der üble Geschmack, womit man ihn<lb/>
in der großen Halle zwischen den kleinen<lb/>
lachenden Faun und die Mediceische Venus<lb/>
hingestellt hat, ist mir wegen der Lächer-<lb/>
lichkeit noch die willkommenste von allen<lb/>
diesen Vergötterungen. Ich lache heute über<lb/>
diese Eitelkeit — indeß vielleicht morgen<lb/>
ein Recensent dafür meinen Leichtsinn und<lb/>
meine Fühllosigkeit straft —; allein, zwi-<lb/>
schen heute und morgen habe ich beides,<lb/>
gelacht und geweint: über mich selbst, über<lb/>
ihn, und über die ganze Welt. Ist es nicht<lb/><fwplace="bottom"type="sig">O 5</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[217/0240]
Menschheit tragen, und in körperlichem
Schmerz sich winden, von Gicht oder Kolik
gequält werden mußte; wie klein und ver-
ächtlich mochte er sich da fühlen! Ich für
mein Theil bin froh, daß ich nicht Marl-
borough bin, und seine Thaten gethan habe,
um so zu Schanden gemacht zu werden mit
der Geschwätzigkeit des Ruhmes. Ich ge-
stehe, der üble Geschmack, womit man ihn
in der großen Halle zwischen den kleinen
lachenden Faun und die Mediceische Venus
hingestellt hat, ist mir wegen der Lächer-
lichkeit noch die willkommenste von allen
diesen Vergötterungen. Ich lache heute über
diese Eitelkeit — indeß vielleicht morgen
ein Recensent dafür meinen Leichtsinn und
meine Fühllosigkeit straft —; allein, zwi-
schen heute und morgen habe ich beides,
gelacht und geweint: über mich selbst, über
ihn, und über die ganze Welt. Ist es nicht
O 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Der dritte Band von Johann Georg Forsters Ansicht… [mehr]
Der dritte Band von Johann Georg Forsters Ansichten vom Niederrhein blieb unvollendet. Nach Forsters Tod (10.1.1794) wurden dessen fragmentarische Aufzeichnungen zum dritten Band von Ludwig Ferdinand Huber geordnet und herausgegeben. Ergänzt wurde der Band um einen Anhang, Forsters bereits 1789 geschriebene "Geschichte der Kunst in England" (zuerst erschienen in Johann Wilhelm Archenholz' Annalen der brittischen Geschichte) und den "Artistischen Notizen, in London aufgezeichnet" im Anhang. Hubers Vorwort zum dritten Band ist datiert auf den Juli 1794, der Band erschien noch im selben Jahr.
Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 3. Berlin, 1794, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein03_1794/240>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.