Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

Forster's Reise um die Welt
1772.
Decem-
ber.
und mehr als zehenmal mit Hagel trafen, so mußten wir ihn doch noch zuletzt mit
einer Kugel todt schießen. Als wir ihn aufnahmen, zeigte sich, daß das Schroot
auf den harten, glatten Federn abgeprellt war; denn dieses Thier, welches gleich-
sam ein Mittelding zwischen Vogel und Amphibio ist, hat ein sehr dickes Gefieder,
das aus langen schmalen Federn besteht, die Schuppen-artig, eine dicht über
die andre liegen, und den Pinguin gegen die Nässe und Kälte des Wassers, wor-
inn er sich größtentheils aufhält, hinlänglich schützen. Ueberdem hat ihm die Na-
tur noch eine dicke Haut gegeben, welche ihm, nebst dem vielen Fette womit er
gleichsam übergossen ist, den beständigen Winter dieses unfreundlichen Clima desto
erträglicher macht. Der ganze übrige Bau seines Cörpers verräth eben so viel
weise Absichten der Natur. Er hat einen breiten Bauch, mit weit hinterwärts
liegenden Füßen und Floßfedern, welche ihm statt der Flügel dienen; alles
vortrefliche Werkzeuge, seinen plumpen Cörper desto leichter im Wasser
fort zu bewegen. Derjenige, den wir nun endlich erlegt hatten, wog eilf und
ein halb Pfund. Auch die blauen Sturnwögel, welche sich auf diesem ganzen
ungeheuren Ocean überall finden, und vornehmlich in dieser Gegend anfingen, sich
in großen Schaaren von vielen Hunderten auf die glatte Oberfläche der See nie-
derzulassen, waren um nichts schlechter gegen die Kälte ausgerüstet. Sie ha-
ben gleich den Pinguins ein sehr dichtes und dickes Gefieder. Aus jeder Wurzel
wuchsen statt einer Feder ihrer zwo, nemlich eine gewöhnliche Feder und eine
Duhne oder Pflaumfeder, davon eine in der andern lag, und solchergestalt
eine sehr warme Decke ausmachten. Da diese Vögel fast immer in der Luft sind,
so hat ihnen die Natur sehr starke und lange Flügel gegeben. Wir haben sie auf
der See zwischen Neu-Seeland und America über 700 gute englische See-Mei-
len fern vom Lande angetroffen, eine Weite, die sie unmöglich hätten erreichen kön-
nen, wenn ihnen nicht eine besondere Stärke der Knochen und Muskeln nebst
der Länge ihrer Flügel dazu behülflich gewesen wäre. Da sie sich so weit vom
Lande über das ganze Meer verbreiten, so müssen sie dem Anschein nach, wie
viele andre Raubthiere sowohl unter den Vögeln als unter den vierfüßigen
Thieren auch thun, lange Zeit ohne frisches Futter leben können, obgleich das,
was wir hierinn von ihnen bemerkt haben, diese Meynung fast eben so sehr zu
entkräften scheint als es dieselbe auf der andern Seite wiederum bestätigt. So

Forſter’s Reiſe um die Welt
1772.
Decem-
ber.
und mehr als zehenmal mit Hagel trafen, ſo mußten wir ihn doch noch zuletzt mit
einer Kugel todt ſchießen. Als wir ihn aufnahmen, zeigte ſich, daß das Schroot
auf den harten, glatten Federn abgeprellt war; denn dieſes Thier, welches gleich-
ſam ein Mittelding zwiſchen Vogel und Amphibio iſt, hat ein ſehr dickes Gefieder,
das aus langen ſchmalen Federn beſteht, die Schuppen-artig, eine dicht uͤber
die andre liegen, und den Pinguin gegen die Naͤſſe und Kaͤlte des Waſſers, wor-
inn er ſich groͤßtentheils aufhaͤlt, hinlaͤnglich ſchuͤtzen. Ueberdem hat ihm die Na-
tur noch eine dicke Haut gegeben, welche ihm, nebſt dem vielen Fette womit er
gleichſam uͤbergoſſen iſt, den beſtaͤndigen Winter dieſes unfreundlichen Clima deſto
ertraͤglicher macht. Der ganze uͤbrige Bau ſeines Coͤrpers verraͤth eben ſo viel
weiſe Abſichten der Natur. Er hat einen breiten Bauch, mit weit hinterwaͤrts
liegenden Fuͤßen und Floßfedern, welche ihm ſtatt der Fluͤgel dienen; alles
vortrefliche Werkzeuge, ſeinen plumpen Coͤrper deſto leichter im Waſſer
fort zu bewegen. Derjenige, den wir nun endlich erlegt hatten, wog eilf und
ein halb Pfund. Auch die blauen Sturnwoͤgel, welche ſich auf dieſem ganzen
ungeheuren Ocean uͤberall finden, und vornehmlich in dieſer Gegend anfingen, ſich
in großen Schaaren von vielen Hunderten auf die glatte Oberflaͤche der See nie-
derzulaſſen, waren um nichts ſchlechter gegen die Kaͤlte ausgeruͤſtet. Sie ha-
ben gleich den Pinguins ein ſehr dichtes und dickes Gefieder. Aus jeder Wurzel
wuchſen ſtatt einer Feder ihrer zwo, nemlich eine gewoͤhnliche Feder und eine
Duhne oder Pflaumfeder, davon eine in der andern lag, und ſolchergeſtalt
eine ſehr warme Decke ausmachten. Da dieſe Voͤgel faſt immer in der Luft ſind,
ſo hat ihnen die Natur ſehr ſtarke und lange Fluͤgel gegeben. Wir haben ſie auf
der See zwiſchen Neu-Seeland und America uͤber 700 gute engliſche See-Mei-
len fern vom Lande angetroffen, eine Weite, die ſie unmoͤglich haͤtten erreichen koͤn-
nen, wenn ihnen nicht eine beſondere Staͤrke der Knochen und Muskeln nebſt
der Laͤnge ihrer Fluͤgel dazu behuͤlflich geweſen waͤre. Da ſie ſich ſo weit vom
Lande uͤber das ganze Meer verbreiten, ſo muͤſſen ſie dem Anſchein nach, wie
viele andre Raubthiere ſowohl unter den Voͤgeln als unter den vierfuͤßigen
Thieren auch thun, lange Zeit ohne friſches Futter leben koͤnnen, obgleich das,
was wir hierinn von ihnen bemerkt haben, dieſe Meynung faſt eben ſo ſehr zu
entkraͤften ſcheint als es dieſelbe auf der andern Seite wiederum beſtaͤtigt. So

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0123" n="78"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><persName>For&#x017F;ter&#x2019;s</persName> Rei&#x017F;e um die Welt</hi></fw><lb/><note place="left">1772.<lb/>
Decem-<lb/>
ber.</note>und mehr als zehenmal mit Hagel trafen, &#x017F;o mußten wir ihn doch noch zuletzt mit<lb/>
einer Kugel todt &#x017F;chießen. Als wir ihn aufnahmen, zeigte &#x017F;ich, daß das Schroot<lb/>
auf den harten, glatten Federn abgeprellt war; denn die&#x017F;es Thier, welches gleich-<lb/>
&#x017F;am ein Mittelding zwi&#x017F;chen Vogel und Amphibio i&#x017F;t, hat ein &#x017F;ehr dickes Gefieder,<lb/>
das aus langen &#x017F;chmalen Federn be&#x017F;teht, die Schuppen-artig, eine dicht u&#x0364;ber<lb/>
die andre liegen, und den Pinguin gegen die Na&#x0364;&#x017F;&#x017F;e und Ka&#x0364;lte des Wa&#x017F;&#x017F;ers, wor-<lb/>
inn er &#x017F;ich gro&#x0364;ßtentheils aufha&#x0364;lt, hinla&#x0364;nglich &#x017F;chu&#x0364;tzen. Ueberdem hat ihm die Na-<lb/>
tur noch eine dicke Haut gegeben, welche ihm, neb&#x017F;t dem vielen Fette womit er<lb/>
gleich&#x017F;am u&#x0364;bergo&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t, den be&#x017F;ta&#x0364;ndigen Winter die&#x017F;es unfreundlichen Clima de&#x017F;to<lb/>
ertra&#x0364;glicher macht. Der ganze u&#x0364;brige Bau &#x017F;eines Co&#x0364;rpers verra&#x0364;th eben &#x017F;o viel<lb/>
wei&#x017F;e Ab&#x017F;ichten der Natur. Er hat einen breiten Bauch, mit weit hinterwa&#x0364;rts<lb/>
liegenden Fu&#x0364;ßen und Floßfedern, welche ihm &#x017F;tatt der Flu&#x0364;gel dienen; alles<lb/>
vortrefliche Werkzeuge, &#x017F;einen plumpen Co&#x0364;rper de&#x017F;to leichter im Wa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
fort zu bewegen. Derjenige, den wir nun endlich erlegt hatten, wog eilf und<lb/>
ein halb Pfund. Auch die blauen Sturnwo&#x0364;gel, welche &#x017F;ich auf die&#x017F;em ganzen<lb/>
ungeheuren Ocean u&#x0364;berall finden, und vornehmlich in die&#x017F;er Gegend anfingen, &#x017F;ich<lb/>
in großen Schaaren von vielen Hunderten auf die glatte Oberfla&#x0364;che der See nie-<lb/>
derzula&#x017F;&#x017F;en, waren um nichts &#x017F;chlechter gegen die Ka&#x0364;lte ausgeru&#x0364;&#x017F;tet. Sie ha-<lb/>
ben gleich den Pinguins ein &#x017F;ehr dichtes und dickes Gefieder. Aus jeder Wurzel<lb/>
wuch&#x017F;en &#x017F;tatt <hi rendition="#fr">einer</hi> Feder ihrer zwo, nemlich eine gewo&#x0364;hnliche Feder und eine<lb/>
Duhne oder Pflaumfeder, davon eine in der andern lag, und &#x017F;olcherge&#x017F;talt<lb/>
eine &#x017F;ehr warme Decke ausmachten. Da die&#x017F;e Vo&#x0364;gel fa&#x017F;t immer in der Luft &#x017F;ind,<lb/>
&#x017F;o hat ihnen die Natur &#x017F;ehr &#x017F;tarke und lange Flu&#x0364;gel gegeben. Wir haben &#x017F;ie auf<lb/>
der See zwi&#x017F;chen <placeName>Neu-Seeland</placeName> und <placeName>America</placeName> u&#x0364;ber 700 gute engli&#x017F;che See-Mei-<lb/>
len fern vom Lande angetroffen, eine Weite, die &#x017F;ie unmo&#x0364;glich ha&#x0364;tten erreichen ko&#x0364;n-<lb/>
nen, wenn ihnen nicht eine be&#x017F;ondere Sta&#x0364;rke der Knochen und Muskeln neb&#x017F;t<lb/>
der La&#x0364;nge ihrer Flu&#x0364;gel dazu behu&#x0364;lflich gewe&#x017F;en wa&#x0364;re. Da &#x017F;ie &#x017F;ich &#x017F;o weit vom<lb/>
Lande u&#x0364;ber das ganze Meer verbreiten, &#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie dem An&#x017F;chein nach, wie<lb/>
viele andre Raubthiere &#x017F;owohl unter den Vo&#x0364;geln als unter den vierfu&#x0364;ßigen<lb/>
Thieren auch thun, lange Zeit ohne fri&#x017F;ches Futter leben ko&#x0364;nnen, obgleich das,<lb/>
was wir hierinn von ihnen bemerkt haben, die&#x017F;e Meynung fa&#x017F;t eben &#x017F;o &#x017F;ehr zu<lb/>
entkra&#x0364;ften &#x017F;cheint als es die&#x017F;elbe auf der andern Seite wiederum be&#x017F;ta&#x0364;tigt. So<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[78/0123] Forſter’s Reiſe um die Welt und mehr als zehenmal mit Hagel trafen, ſo mußten wir ihn doch noch zuletzt mit einer Kugel todt ſchießen. Als wir ihn aufnahmen, zeigte ſich, daß das Schroot auf den harten, glatten Federn abgeprellt war; denn dieſes Thier, welches gleich- ſam ein Mittelding zwiſchen Vogel und Amphibio iſt, hat ein ſehr dickes Gefieder, das aus langen ſchmalen Federn beſteht, die Schuppen-artig, eine dicht uͤber die andre liegen, und den Pinguin gegen die Naͤſſe und Kaͤlte des Waſſers, wor- inn er ſich groͤßtentheils aufhaͤlt, hinlaͤnglich ſchuͤtzen. Ueberdem hat ihm die Na- tur noch eine dicke Haut gegeben, welche ihm, nebſt dem vielen Fette womit er gleichſam uͤbergoſſen iſt, den beſtaͤndigen Winter dieſes unfreundlichen Clima deſto ertraͤglicher macht. Der ganze uͤbrige Bau ſeines Coͤrpers verraͤth eben ſo viel weiſe Abſichten der Natur. Er hat einen breiten Bauch, mit weit hinterwaͤrts liegenden Fuͤßen und Floßfedern, welche ihm ſtatt der Fluͤgel dienen; alles vortrefliche Werkzeuge, ſeinen plumpen Coͤrper deſto leichter im Waſſer fort zu bewegen. Derjenige, den wir nun endlich erlegt hatten, wog eilf und ein halb Pfund. Auch die blauen Sturnwoͤgel, welche ſich auf dieſem ganzen ungeheuren Ocean uͤberall finden, und vornehmlich in dieſer Gegend anfingen, ſich in großen Schaaren von vielen Hunderten auf die glatte Oberflaͤche der See nie- derzulaſſen, waren um nichts ſchlechter gegen die Kaͤlte ausgeruͤſtet. Sie ha- ben gleich den Pinguins ein ſehr dichtes und dickes Gefieder. Aus jeder Wurzel wuchſen ſtatt einer Feder ihrer zwo, nemlich eine gewoͤhnliche Feder und eine Duhne oder Pflaumfeder, davon eine in der andern lag, und ſolchergeſtalt eine ſehr warme Decke ausmachten. Da dieſe Voͤgel faſt immer in der Luft ſind, ſo hat ihnen die Natur ſehr ſtarke und lange Fluͤgel gegeben. Wir haben ſie auf der See zwiſchen Neu-Seeland und America uͤber 700 gute engliſche See-Mei- len fern vom Lande angetroffen, eine Weite, die ſie unmoͤglich haͤtten erreichen koͤn- nen, wenn ihnen nicht eine beſondere Staͤrke der Knochen und Muskeln nebſt der Laͤnge ihrer Fluͤgel dazu behuͤlflich geweſen waͤre. Da ſie ſich ſo weit vom Lande uͤber das ganze Meer verbreiten, ſo muͤſſen ſie dem Anſchein nach, wie viele andre Raubthiere ſowohl unter den Voͤgeln als unter den vierfuͤßigen Thieren auch thun, lange Zeit ohne friſches Futter leben koͤnnen, obgleich das, was wir hierinn von ihnen bemerkt haben, dieſe Meynung faſt eben ſo ſehr zu entkraͤften ſcheint als es dieſelbe auf der andern Seite wiederum beſtaͤtigt. So 1772. Decem- ber.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/123
Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/123>, abgerufen am 25.11.2024.