1773. April.zum Besten gaben; denn ward das Zelt mit Farnkraut ausgestreuet; man wickelte sich in die Boot-Mäntel, mit Flinte und Schieß-Tasche unterm Kopfe statt des Küssens, und jeder legte sich zum Schlaf zurecht so gut er konnte.
Nachdem wir auch diese Nacht so hingebracht hatten, gieng Capitain Cook und mein Vater, bey Tages Anbruch von zween Leuten begleitet, in ei- nem kleinen Boote ab, um das äußerste Ende der Bucht zu untersuchen. Dort trafen sie einen ziemlichen Fleck flaches Land an, auf welchem sie ausstiegen und das Boot nach der andern Seite hinrudern ließen, um sich dort wieder einzusetzen. Indessen waren sie nicht weit gegangen, als ihnen einige wilde Endten auf- stießen, denen sie durch das Gebüsch nachkrochen und eine davon schossen; allein kaum hatten sie losgefeuert, als sich von mehreren Seiten um sie her ein fürch- terliches Geschrey erhob. Sie beanworteten solches auf gleiche Art, und eil- ten der Klugheit gemäß, ohne jedoch die Ente im Stich zu lassen, mit starken Schritten nach dem Boot hin, das jetzt wenigstens eine halbe englische Meile von ihnen entfernt war. Die Wilden, die das Geschrey erregt hatten, ließen sich noch immer hören, kamen aber nirgends zum Vorschein, denn wie wir nach- her erfuhren, so befand sich zwischen beyden Partheyen ein tiefer Fluß, und die Eingebohrnen waren auch nicht zahlreich genug, um Feindseeligkeiten anzufan- gen. Unterdessen daß dieses vorfiel, waren wir übrigen nicht weit von dem Ort an welchem wir die Nacht zugebracht hatten, ins Holz gegangen, um Pflan- zen zu suchen. So bald wir daselbst das Geschrey der Wilden hörten, warfen wir uns in das andre zurückgebliebne Boot, und ruderten dem erstern nach, um den Capitain und meinen Vater zu unterstützen. Da wir sie aber bey unsrer Ankunft wohlbehalten und schon wieder in ihrem Boote antrafen, auch nirgends ein Feind zum Vorschein kam, so liefen wir mit einander den Fluß hinauf, und schossen ganz vergnügt Endten, deren es hier die Menge gab. Endlich ließ sich ein Mann, nebst seinem Weibe und einem Kinde auf dem linken Ufer sehen, und das Weib winkte uns mit einem weißen Vogel-Fell, wahrscheinlicherweise zum Zeichen des Friedens und der Freundschaft. Da das Boot, in welchem ich mich befand, den Wilden am nächsten war, so rief Capitain Cook, dem darinn commandirenden Officier zu, daß er ans Land steigen, und ihre dargebothne Freundschaft annehmen solle, indessen daß Er, seiner Seits, dem Lauf des Flusses so
Forſter’s Reiſe um die Welt
1773. April.zum Beſten gaben; denn ward das Zelt mit Farnkraut ausgeſtreuet; man wickelte ſich in die Boot-Maͤntel, mit Flinte und Schieß-Taſche unterm Kopfe ſtatt des Kuͤſſens, und jeder legte ſich zum Schlaf zurecht ſo gut er konnte.
Nachdem wir auch dieſe Nacht ſo hingebracht hatten, gieng Capitain Cook und mein Vater, bey Tages Anbruch von zween Leuten begleitet, in ei- nem kleinen Boote ab, um das aͤußerſte Ende der Bucht zu unterſuchen. Dort trafen ſie einen ziemlichen Fleck flaches Land an, auf welchem ſie ausſtiegen und das Boot nach der andern Seite hinrudern ließen, um ſich dort wieder einzuſetzen. Indeſſen waren ſie nicht weit gegangen, als ihnen einige wilde Endten auf- ſtießen, denen ſie durch das Gebuͤſch nachkrochen und eine davon ſchoſſen; allein kaum hatten ſie losgefeuert, als ſich von mehreren Seiten um ſie her ein fuͤrch- terliches Geſchrey erhob. Sie beanworteten ſolches auf gleiche Art, und eil- ten der Klugheit gemaͤß, ohne jedoch die Ente im Stich zu laſſen, mit ſtarken Schritten nach dem Boot hin, das jetzt wenigſtens eine halbe engliſche Meile von ihnen entfernt war. Die Wilden, die das Geſchrey erregt hatten, ließen ſich noch immer hoͤren, kamen aber nirgends zum Vorſchein, denn wie wir nach- her erfuhren, ſo befand ſich zwiſchen beyden Partheyen ein tiefer Fluß, und die Eingebohrnen waren auch nicht zahlreich genug, um Feindſeeligkeiten anzufan- gen. Unterdeſſen daß dieſes vorfiel, waren wir uͤbrigen nicht weit von dem Ort an welchem wir die Nacht zugebracht hatten, ins Holz gegangen, um Pflan- zen zu ſuchen. So bald wir daſelbſt das Geſchrey der Wilden hoͤrten, warfen wir uns in das andre zuruͤckgebliebne Boot, und ruderten dem erſtern nach, um den Capitain und meinen Vater zu unterſtuͤtzen. Da wir ſie aber bey unſrer Ankunft wohlbehalten und ſchon wieder in ihrem Boote antrafen, auch nirgends ein Feind zum Vorſchein kam, ſo liefen wir mit einander den Fluß hinauf, und ſchoſſen ganz vergnuͤgt Endten, deren es hier die Menge gab. Endlich ließ ſich ein Mann, nebſt ſeinem Weibe und einem Kinde auf dem linken Ufer ſehen, und das Weib winkte uns mit einem weißen Vogel-Fell, wahrſcheinlicherweiſe zum Zeichen des Friedens und der Freundſchaft. Da das Boot, in welchem ich mich befand, den Wilden am naͤchſten war, ſo rief Capitain Cook, dem darinn commandirenden Officier zu, daß er ans Land ſteigen, und ihre dargebothne Freundſchaft annehmen ſolle, indeſſen daß Er, ſeiner Seits, dem Lauf des Fluſſes ſo
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0177"n="126"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><persName>Forſter’s</persName> Reiſe um die Welt</hi></fw><lb/><noteplace="left">1773.<lb/>
April.</note>zum Beſten gaben; denn ward das Zelt mit Farnkraut ausgeſtreuet; man<lb/>
wickelte ſich in die Boot-Maͤntel, mit Flinte und Schieß-Taſche unterm Kopfe<lb/>ſtatt des Kuͤſſens, und jeder legte ſich zum Schlaf zurecht ſo gut er konnte.</p><lb/><p>Nachdem wir auch dieſe Nacht ſo hingebracht hatten, gieng Capitain<lb/><hirendition="#fr"><persName>Cook</persName></hi> und mein Vater, bey Tages Anbruch von zween Leuten begleitet, in ei-<lb/>
nem kleinen Boote ab, um das aͤußerſte Ende der Bucht zu unterſuchen. Dort<lb/>
trafen ſie einen ziemlichen Fleck flaches Land an, auf welchem ſie ausſtiegen und<lb/>
das Boot nach der andern Seite hinrudern ließen, um ſich dort wieder einzuſetzen.<lb/>
Indeſſen waren ſie nicht weit gegangen, als ihnen einige wilde Endten auf-<lb/>ſtießen, denen ſie durch das Gebuͤſch nachkrochen und eine davon ſchoſſen; allein<lb/>
kaum hatten ſie losgefeuert, als ſich von mehreren Seiten um ſie her ein fuͤrch-<lb/>
terliches Geſchrey erhob. Sie beanworteten ſolches auf gleiche Art, und eil-<lb/>
ten der Klugheit gemaͤß, ohne jedoch die Ente im Stich zu laſſen, mit ſtarken<lb/>
Schritten nach dem Boot hin, das jetzt wenigſtens eine halbe engliſche Meile<lb/>
von ihnen entfernt war. Die Wilden, die das Geſchrey erregt hatten, ließen<lb/>ſich noch immer hoͤren, kamen aber nirgends zum Vorſchein, denn wie wir nach-<lb/>
her erfuhren, ſo befand ſich zwiſchen beyden Partheyen ein tiefer Fluß, und die<lb/>
Eingebohrnen waren auch nicht zahlreich genug, um Feindſeeligkeiten anzufan-<lb/>
gen. Unterdeſſen daß dieſes vorfiel, waren wir uͤbrigen nicht weit von dem<lb/>
Ort an welchem wir die Nacht zugebracht hatten, ins Holz gegangen, um Pflan-<lb/>
zen zu ſuchen. So bald wir daſelbſt das Geſchrey der Wilden hoͤrten, warfen wir<lb/>
uns in das andre zuruͤckgebliebne Boot, und ruderten dem erſtern nach, um<lb/>
den Capitain und meinen Vater zu unterſtuͤtzen. Da wir ſie aber bey unſrer<lb/>
Ankunft wohlbehalten und ſchon wieder in ihrem Boote antrafen, auch nirgends<lb/>
ein Feind zum Vorſchein kam, ſo liefen wir mit einander den Fluß hinauf, und<lb/>ſchoſſen ganz vergnuͤgt Endten, deren es hier die Menge gab. Endlich ließ ſich<lb/>
ein Mann, nebſt ſeinem Weibe und einem Kinde auf dem linken Ufer ſehen, und<lb/>
das Weib winkte uns mit einem weißen Vogel-Fell, wahrſcheinlicherweiſe zum<lb/>
Zeichen des Friedens und der Freundſchaft. Da das Boot, in welchem ich mich<lb/>
befand, den Wilden am naͤchſten war, ſo rief Capitain <hirendition="#fr"><persName>Cook</persName></hi>, dem darinn<lb/>
commandirenden Officier zu, daß er ans Land ſteigen, und ihre dargebothne<lb/>
Freundſchaft annehmen ſolle, indeſſen daß Er, ſeiner Seits, dem Lauf des Fluſſes ſo<lb/></p></div></body></text></TEI>
[126/0177]
Forſter’s Reiſe um die Welt
zum Beſten gaben; denn ward das Zelt mit Farnkraut ausgeſtreuet; man
wickelte ſich in die Boot-Maͤntel, mit Flinte und Schieß-Taſche unterm Kopfe
ſtatt des Kuͤſſens, und jeder legte ſich zum Schlaf zurecht ſo gut er konnte.
1773.
April.
Nachdem wir auch dieſe Nacht ſo hingebracht hatten, gieng Capitain
Cook und mein Vater, bey Tages Anbruch von zween Leuten begleitet, in ei-
nem kleinen Boote ab, um das aͤußerſte Ende der Bucht zu unterſuchen. Dort
trafen ſie einen ziemlichen Fleck flaches Land an, auf welchem ſie ausſtiegen und
das Boot nach der andern Seite hinrudern ließen, um ſich dort wieder einzuſetzen.
Indeſſen waren ſie nicht weit gegangen, als ihnen einige wilde Endten auf-
ſtießen, denen ſie durch das Gebuͤſch nachkrochen und eine davon ſchoſſen; allein
kaum hatten ſie losgefeuert, als ſich von mehreren Seiten um ſie her ein fuͤrch-
terliches Geſchrey erhob. Sie beanworteten ſolches auf gleiche Art, und eil-
ten der Klugheit gemaͤß, ohne jedoch die Ente im Stich zu laſſen, mit ſtarken
Schritten nach dem Boot hin, das jetzt wenigſtens eine halbe engliſche Meile
von ihnen entfernt war. Die Wilden, die das Geſchrey erregt hatten, ließen
ſich noch immer hoͤren, kamen aber nirgends zum Vorſchein, denn wie wir nach-
her erfuhren, ſo befand ſich zwiſchen beyden Partheyen ein tiefer Fluß, und die
Eingebohrnen waren auch nicht zahlreich genug, um Feindſeeligkeiten anzufan-
gen. Unterdeſſen daß dieſes vorfiel, waren wir uͤbrigen nicht weit von dem
Ort an welchem wir die Nacht zugebracht hatten, ins Holz gegangen, um Pflan-
zen zu ſuchen. So bald wir daſelbſt das Geſchrey der Wilden hoͤrten, warfen wir
uns in das andre zuruͤckgebliebne Boot, und ruderten dem erſtern nach, um
den Capitain und meinen Vater zu unterſtuͤtzen. Da wir ſie aber bey unſrer
Ankunft wohlbehalten und ſchon wieder in ihrem Boote antrafen, auch nirgends
ein Feind zum Vorſchein kam, ſo liefen wir mit einander den Fluß hinauf, und
ſchoſſen ganz vergnuͤgt Endten, deren es hier die Menge gab. Endlich ließ ſich
ein Mann, nebſt ſeinem Weibe und einem Kinde auf dem linken Ufer ſehen, und
das Weib winkte uns mit einem weißen Vogel-Fell, wahrſcheinlicherweiſe zum
Zeichen des Friedens und der Freundſchaft. Da das Boot, in welchem ich mich
befand, den Wilden am naͤchſten war, ſo rief Capitain Cook, dem darinn
commandirenden Officier zu, daß er ans Land ſteigen, und ihre dargebothne
Freundſchaft annehmen ſolle, indeſſen daß Er, ſeiner Seits, dem Lauf des Fluſſes ſo
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/177>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.