Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

Forster's Reise um die Welt
1773.
April.
zum Besten gaben; denn ward das Zelt mit Farnkraut ausgestreuet; man
wickelte sich in die Boot-Mäntel, mit Flinte und Schieß-Tasche unterm Kopfe
statt des Küssens, und jeder legte sich zum Schlaf zurecht so gut er konnte.

Nachdem wir auch diese Nacht so hingebracht hatten, gieng Capitain
Cook und mein Vater, bey Tages Anbruch von zween Leuten begleitet, in ei-
nem kleinen Boote ab, um das äußerste Ende der Bucht zu untersuchen. Dort
trafen sie einen ziemlichen Fleck flaches Land an, auf welchem sie ausstiegen und
das Boot nach der andern Seite hinrudern ließen, um sich dort wieder einzusetzen.
Indessen waren sie nicht weit gegangen, als ihnen einige wilde Endten auf-
stießen, denen sie durch das Gebüsch nachkrochen und eine davon schossen; allein
kaum hatten sie losgefeuert, als sich von mehreren Seiten um sie her ein fürch-
terliches Geschrey erhob. Sie beanworteten solches auf gleiche Art, und eil-
ten der Klugheit gemäß, ohne jedoch die Ente im Stich zu lassen, mit starken
Schritten nach dem Boot hin, das jetzt wenigstens eine halbe englische Meile
von ihnen entfernt war. Die Wilden, die das Geschrey erregt hatten, ließen
sich noch immer hören, kamen aber nirgends zum Vorschein, denn wie wir nach-
her erfuhren, so befand sich zwischen beyden Partheyen ein tiefer Fluß, und die
Eingebohrnen waren auch nicht zahlreich genug, um Feindseeligkeiten anzufan-
gen. Unterdessen daß dieses vorfiel, waren wir übrigen nicht weit von dem
Ort an welchem wir die Nacht zugebracht hatten, ins Holz gegangen, um Pflan-
zen zu suchen. So bald wir daselbst das Geschrey der Wilden hörten, warfen wir
uns in das andre zurückgebliebne Boot, und ruderten dem erstern nach, um
den Capitain und meinen Vater zu unterstützen. Da wir sie aber bey unsrer
Ankunft wohlbehalten und schon wieder in ihrem Boote antrafen, auch nirgends
ein Feind zum Vorschein kam, so liefen wir mit einander den Fluß hinauf, und
schossen ganz vergnügt Endten, deren es hier die Menge gab. Endlich ließ sich
ein Mann, nebst seinem Weibe und einem Kinde auf dem linken Ufer sehen, und
das Weib winkte uns mit einem weißen Vogel-Fell, wahrscheinlicherweise zum
Zeichen des Friedens und der Freundschaft. Da das Boot, in welchem ich mich
befand, den Wilden am nächsten war, so rief Capitain Cook, dem darinn
commandirenden Officier zu, daß er ans Land steigen, und ihre dargebothne
Freundschaft annehmen solle, indessen daß Er, seiner Seits, dem Lauf des Flusses so

Forſter’s Reiſe um die Welt
1773.
April.
zum Beſten gaben; denn ward das Zelt mit Farnkraut ausgeſtreuet; man
wickelte ſich in die Boot-Maͤntel, mit Flinte und Schieß-Taſche unterm Kopfe
ſtatt des Kuͤſſens, und jeder legte ſich zum Schlaf zurecht ſo gut er konnte.

Nachdem wir auch dieſe Nacht ſo hingebracht hatten, gieng Capitain
Cook und mein Vater, bey Tages Anbruch von zween Leuten begleitet, in ei-
nem kleinen Boote ab, um das aͤußerſte Ende der Bucht zu unterſuchen. Dort
trafen ſie einen ziemlichen Fleck flaches Land an, auf welchem ſie ausſtiegen und
das Boot nach der andern Seite hinrudern ließen, um ſich dort wieder einzuſetzen.
Indeſſen waren ſie nicht weit gegangen, als ihnen einige wilde Endten auf-
ſtießen, denen ſie durch das Gebuͤſch nachkrochen und eine davon ſchoſſen; allein
kaum hatten ſie losgefeuert, als ſich von mehreren Seiten um ſie her ein fuͤrch-
terliches Geſchrey erhob. Sie beanworteten ſolches auf gleiche Art, und eil-
ten der Klugheit gemaͤß, ohne jedoch die Ente im Stich zu laſſen, mit ſtarken
Schritten nach dem Boot hin, das jetzt wenigſtens eine halbe engliſche Meile
von ihnen entfernt war. Die Wilden, die das Geſchrey erregt hatten, ließen
ſich noch immer hoͤren, kamen aber nirgends zum Vorſchein, denn wie wir nach-
her erfuhren, ſo befand ſich zwiſchen beyden Partheyen ein tiefer Fluß, und die
Eingebohrnen waren auch nicht zahlreich genug, um Feindſeeligkeiten anzufan-
gen. Unterdeſſen daß dieſes vorfiel, waren wir uͤbrigen nicht weit von dem
Ort an welchem wir die Nacht zugebracht hatten, ins Holz gegangen, um Pflan-
zen zu ſuchen. So bald wir daſelbſt das Geſchrey der Wilden hoͤrten, warfen wir
uns in das andre zuruͤckgebliebne Boot, und ruderten dem erſtern nach, um
den Capitain und meinen Vater zu unterſtuͤtzen. Da wir ſie aber bey unſrer
Ankunft wohlbehalten und ſchon wieder in ihrem Boote antrafen, auch nirgends
ein Feind zum Vorſchein kam, ſo liefen wir mit einander den Fluß hinauf, und
ſchoſſen ganz vergnuͤgt Endten, deren es hier die Menge gab. Endlich ließ ſich
ein Mann, nebſt ſeinem Weibe und einem Kinde auf dem linken Ufer ſehen, und
das Weib winkte uns mit einem weißen Vogel-Fell, wahrſcheinlicherweiſe zum
Zeichen des Friedens und der Freundſchaft. Da das Boot, in welchem ich mich
befand, den Wilden am naͤchſten war, ſo rief Capitain Cook, dem darinn
commandirenden Officier zu, daß er ans Land ſteigen, und ihre dargebothne
Freundſchaft annehmen ſolle, indeſſen daß Er, ſeiner Seits, dem Lauf des Fluſſes ſo

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0177" n="126"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><persName>For&#x017F;ter&#x2019;s</persName> Rei&#x017F;e um die Welt</hi></fw><lb/><note place="left">1773.<lb/>
April.</note>zum Be&#x017F;ten gaben; denn ward das Zelt mit Farnkraut ausge&#x017F;treuet; man<lb/>
wickelte &#x017F;ich in die Boot-Ma&#x0364;ntel, mit Flinte und Schieß-Ta&#x017F;che unterm Kopfe<lb/>
&#x017F;tatt des Ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;ens, und jeder legte &#x017F;ich zum Schlaf zurecht &#x017F;o gut er konnte.</p><lb/>
        <p>Nachdem wir auch die&#x017F;e Nacht &#x017F;o hingebracht hatten, gieng Capitain<lb/><hi rendition="#fr"><persName>Cook</persName></hi> und mein Vater, bey Tages Anbruch von zween Leuten begleitet, in ei-<lb/>
nem kleinen Boote ab, um das a&#x0364;ußer&#x017F;te Ende der Bucht zu unter&#x017F;uchen. Dort<lb/>
trafen &#x017F;ie einen ziemlichen Fleck flaches Land an, auf welchem &#x017F;ie aus&#x017F;tiegen und<lb/>
das Boot nach der andern Seite hinrudern ließen, um &#x017F;ich dort wieder einzu&#x017F;etzen.<lb/>
Inde&#x017F;&#x017F;en waren &#x017F;ie nicht weit gegangen, als ihnen einige wilde Endten auf-<lb/>
&#x017F;tießen, denen &#x017F;ie durch das Gebu&#x0364;&#x017F;ch nachkrochen und eine davon &#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en; allein<lb/>
kaum hatten &#x017F;ie losgefeuert, als &#x017F;ich von mehreren Seiten um &#x017F;ie her ein fu&#x0364;rch-<lb/>
terliches Ge&#x017F;chrey erhob. Sie beanworteten &#x017F;olches auf gleiche Art, und eil-<lb/>
ten der Klugheit gema&#x0364;ß, ohne jedoch die Ente im Stich zu la&#x017F;&#x017F;en, mit &#x017F;tarken<lb/>
Schritten nach dem Boot hin, das jetzt wenig&#x017F;tens eine halbe engli&#x017F;che Meile<lb/>
von ihnen entfernt war. Die Wilden, die das Ge&#x017F;chrey erregt hatten, ließen<lb/>
&#x017F;ich noch immer ho&#x0364;ren, kamen aber nirgends zum Vor&#x017F;chein, denn wie wir nach-<lb/>
her erfuhren, &#x017F;o befand &#x017F;ich zwi&#x017F;chen beyden Partheyen ein tiefer Fluß, und die<lb/>
Eingebohrnen waren auch nicht zahlreich genug, um Feind&#x017F;eeligkeiten anzufan-<lb/>
gen. Unterde&#x017F;&#x017F;en daß die&#x017F;es vorfiel, waren wir u&#x0364;brigen nicht weit von dem<lb/>
Ort an welchem wir die Nacht zugebracht hatten, ins Holz gegangen, um Pflan-<lb/>
zen zu &#x017F;uchen. So bald wir da&#x017F;elb&#x017F;t das Ge&#x017F;chrey der Wilden ho&#x0364;rten, warfen wir<lb/>
uns in das andre zuru&#x0364;ckgebliebne Boot, und ruderten dem er&#x017F;tern nach, um<lb/>
den Capitain und meinen Vater zu unter&#x017F;tu&#x0364;tzen. Da wir &#x017F;ie aber bey un&#x017F;rer<lb/>
Ankunft wohlbehalten und &#x017F;chon wieder in ihrem Boote antrafen, auch nirgends<lb/>
ein Feind zum Vor&#x017F;chein kam, &#x017F;o liefen wir mit einander den Fluß hinauf, und<lb/>
&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en ganz vergnu&#x0364;gt Endten, deren es hier die Menge gab. Endlich ließ &#x017F;ich<lb/>
ein Mann, neb&#x017F;t &#x017F;einem Weibe und einem Kinde auf dem linken Ufer &#x017F;ehen, und<lb/>
das Weib winkte uns mit einem weißen Vogel-Fell, wahr&#x017F;cheinlicherwei&#x017F;e zum<lb/>
Zeichen des Friedens und der Freund&#x017F;chaft. Da das Boot, in welchem ich mich<lb/>
befand, den Wilden am na&#x0364;ch&#x017F;ten war, &#x017F;o rief Capitain <hi rendition="#fr"><persName>Cook</persName></hi>, dem darinn<lb/>
commandirenden Officier zu, daß er ans Land &#x017F;teigen, und ihre dargebothne<lb/>
Freund&#x017F;chaft annehmen &#x017F;olle, inde&#x017F;&#x017F;en daß Er, &#x017F;einer Seits, dem Lauf des Flu&#x017F;&#x017F;es &#x017F;o<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[126/0177] Forſter’s Reiſe um die Welt zum Beſten gaben; denn ward das Zelt mit Farnkraut ausgeſtreuet; man wickelte ſich in die Boot-Maͤntel, mit Flinte und Schieß-Taſche unterm Kopfe ſtatt des Kuͤſſens, und jeder legte ſich zum Schlaf zurecht ſo gut er konnte. 1773. April. Nachdem wir auch dieſe Nacht ſo hingebracht hatten, gieng Capitain Cook und mein Vater, bey Tages Anbruch von zween Leuten begleitet, in ei- nem kleinen Boote ab, um das aͤußerſte Ende der Bucht zu unterſuchen. Dort trafen ſie einen ziemlichen Fleck flaches Land an, auf welchem ſie ausſtiegen und das Boot nach der andern Seite hinrudern ließen, um ſich dort wieder einzuſetzen. Indeſſen waren ſie nicht weit gegangen, als ihnen einige wilde Endten auf- ſtießen, denen ſie durch das Gebuͤſch nachkrochen und eine davon ſchoſſen; allein kaum hatten ſie losgefeuert, als ſich von mehreren Seiten um ſie her ein fuͤrch- terliches Geſchrey erhob. Sie beanworteten ſolches auf gleiche Art, und eil- ten der Klugheit gemaͤß, ohne jedoch die Ente im Stich zu laſſen, mit ſtarken Schritten nach dem Boot hin, das jetzt wenigſtens eine halbe engliſche Meile von ihnen entfernt war. Die Wilden, die das Geſchrey erregt hatten, ließen ſich noch immer hoͤren, kamen aber nirgends zum Vorſchein, denn wie wir nach- her erfuhren, ſo befand ſich zwiſchen beyden Partheyen ein tiefer Fluß, und die Eingebohrnen waren auch nicht zahlreich genug, um Feindſeeligkeiten anzufan- gen. Unterdeſſen daß dieſes vorfiel, waren wir uͤbrigen nicht weit von dem Ort an welchem wir die Nacht zugebracht hatten, ins Holz gegangen, um Pflan- zen zu ſuchen. So bald wir daſelbſt das Geſchrey der Wilden hoͤrten, warfen wir uns in das andre zuruͤckgebliebne Boot, und ruderten dem erſtern nach, um den Capitain und meinen Vater zu unterſtuͤtzen. Da wir ſie aber bey unſrer Ankunft wohlbehalten und ſchon wieder in ihrem Boote antrafen, auch nirgends ein Feind zum Vorſchein kam, ſo liefen wir mit einander den Fluß hinauf, und ſchoſſen ganz vergnuͤgt Endten, deren es hier die Menge gab. Endlich ließ ſich ein Mann, nebſt ſeinem Weibe und einem Kinde auf dem linken Ufer ſehen, und das Weib winkte uns mit einem weißen Vogel-Fell, wahrſcheinlicherweiſe zum Zeichen des Friedens und der Freundſchaft. Da das Boot, in welchem ich mich befand, den Wilden am naͤchſten war, ſo rief Capitain Cook, dem darinn commandirenden Officier zu, daß er ans Land ſteigen, und ihre dargebothne Freundſchaft annehmen ſolle, indeſſen daß Er, ſeiner Seits, dem Lauf des Fluſſes ſo

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/177
Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/177>, abgerufen am 24.11.2024.