Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.in den Jahren 1772 bis 1775. dergleichen uns in der Dämmerung leichtlich könne hintergangen haben und wa-1773.April. ren nun lustig darüber her, die Einrichtungen zu unserm Nachtlager zu machen, wobey Jeder sein Stück Arbeit bekam. Damit man sich von dergleichen Strei- fereyen, als wir jetzt, und sonst oft vornahmen, einen desto bessern Be- griff machen könne, wird es nicht undienlich seyn, hier zu erzählen, wie es dabey herzugehen pflegte. So bald wir eine Stelle am Ufer gefunden hatten, wo man bequem ans Land steigen konnte, und wo ein Bach nebst Hol- zung in der Nähe war, gieng unsre erste Sorge dahin, die Ruder, Seegel, Mäntel, Flinten, Beile u. s. w. ans Land zu schaffen. Ein Fäßchen mit Spros- sen-Bier, vielleicht auch eine Flasche Branntewein wurden dabey nicht verges- sen. Alsdenn legten die Matrosen die Boote vor einen kleinen Anker und mach- ten sie vermittelst eines Stricks am nächsten Baume auf dem Ufer fest. Wäh- rend dieser Zeit suchten einige von uns trocknes Feuerholz, welches in einer so nas- sen Gegend, als Dusky-Bay ist, oft schwer genug zu finden war; andre rich- teten an einer Stelle, die trocken, und wo möglich, gegen Wind und Regen gedeckt war, ein Zelt oder Wetter-Schirm von Rudern, Seegeln und starken Baum- Aesten auf, und noch andre machten ein Feuer vor dem Zelt, welches mehren- theils durch Werk und Schieß-Pulver angezündet ward. Bey der Bereitung des Abendessens faßten wir uns gemeiniglich kurz. Einige Matrosen nahmen die Fische aus, zogen den Wasservögeln die Haut ab, reinigten und brateten beydes. Unterdessen ward der Tisch herbey geholt. Dies pflegte eine Queerbank aus dem Boot zu seyn, welche rein gewaschen wurde, und alsdann statt Schüssel und Teller dienen mußte; so wie statt der Messer und Gabeln oft mit Fingern und Zähnen vorge- legt ward. Eine solche Lebensart, wird zwar dem gesitteten Leser, schon der Beschrei- bung nach, unreinlich und ekelhaft vorkommen, uns aber lehrte dazumahl der ge- sunde Appetit, den wir der starken Leibes-Uebung und der frischen Luft zu danken hatten, dergleichen Begriffe bald genug überwinden, und nie empfanden wir stärker denn bey dergleichen Gelegenheiten, mit wie wenigem die Natur zur Er- haltung des Menschen zufrieden ist. Nach dem Essen hörte man eine Weile der originalen comischen Laune der Matrosen zu, die ums Feuer herum lagen, ihr Abendbrod machten und manches lustige Geschichtgen mit Fluchen, Schwüren und schmutzigen Ausdrücken aufgestutzt, selten aber ohne würkliche Laune Q 3
in den Jahren 1772 bis 1775. dergleichen uns in der Daͤmmerung leichtlich koͤnne hintergangen haben und wa-1773.April. ren nun luſtig daruͤber her, die Einrichtungen zu unſerm Nachtlager zu machen, wobey Jeder ſein Stuͤck Arbeit bekam. Damit man ſich von dergleichen Strei- fereyen, als wir jetzt, und ſonſt oft vornahmen, einen deſto beſſern Be- griff machen koͤnne, wird es nicht undienlich ſeyn, hier zu erzaͤhlen, wie es dabey herzugehen pflegte. So bald wir eine Stelle am Ufer gefunden hatten, wo man bequem ans Land ſteigen konnte, und wo ein Bach nebſt Hol- zung in der Naͤhe war, gieng unſre erſte Sorge dahin, die Ruder, Seegel, Maͤntel, Flinten, Beile u. ſ. w. ans Land zu ſchaffen. Ein Faͤßchen mit Sproſ- ſen-Bier, vielleicht auch eine Flaſche Branntewein wurden dabey nicht vergeſ- ſen. Alsdenn legten die Matroſen die Boote vor einen kleinen Anker und mach- ten ſie vermittelſt eines Stricks am naͤchſten Baume auf dem Ufer feſt. Waͤh- rend dieſer Zeit ſuchten einige von uns trocknes Feuerholz, welches in einer ſo naſ- ſen Gegend, als Duſky-Bay iſt, oft ſchwer genug zu finden war; andre rich- teten an einer Stelle, die trocken, und wo moͤglich, gegen Wind und Regen gedeckt war, ein Zelt oder Wetter-Schirm von Rudern, Seegeln und ſtarken Baum- Aeſten auf, und noch andre machten ein Feuer vor dem Zelt, welches mehren- theils durch Werk und Schieß-Pulver angezuͤndet ward. Bey der Bereitung des Abendeſſens faßten wir uns gemeiniglich kurz. Einige Matroſen nahmen die Fiſche aus, zogen den Waſſervoͤgeln die Haut ab, reinigten und brateten beydes. Unterdeſſen ward der Tiſch herbey geholt. Dies pflegte eine Queerbank aus dem Boot zu ſeyn, welche rein gewaſchen wurde, und alsdann ſtatt Schuͤſſel und Teller dienen mußte; ſo wie ſtatt der Meſſer und Gabeln oft mit Fingern und Zaͤhnen vorge- legt ward. Eine ſolche Lebensart, wird zwar dem geſitteten Leſer, ſchon der Beſchrei- bung nach, unreinlich und ekelhaft vorkommen, uns aber lehrte dazumahl der ge- ſunde Appetit, den wir der ſtarken Leibes-Uebung und der friſchen Luft zu danken hatten, dergleichen Begriffe bald genug uͤberwinden, und nie empfanden wir ſtaͤrker denn bey dergleichen Gelegenheiten, mit wie wenigem die Natur zur Er- haltung des Menſchen zufrieden iſt. Nach dem Eſſen hoͤrte man eine Weile der originalen comiſchen Laune der Matroſen zu, die ums Feuer herum lagen, ihr Abendbrod machten und manches luſtige Geſchichtgen mit Fluchen, Schwuͤren und ſchmutzigen Ausdruͤcken aufgeſtutzt, ſelten aber ohne wuͤrkliche Laune Q 3
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in den Jahren 1772 bis 1775.
dergleichen uns in der Daͤmmerung leichtlich koͤnne hintergangen haben und wa-
ren nun luſtig daruͤber her, die Einrichtungen zu unſerm Nachtlager zu machen,
wobey Jeder ſein Stuͤck Arbeit bekam. Damit man ſich von dergleichen Strei-
fereyen, als wir jetzt, und ſonſt oft vornahmen, einen deſto beſſern Be-
griff machen koͤnne, wird es nicht undienlich ſeyn, hier zu erzaͤhlen, wie es
dabey herzugehen pflegte. So bald wir eine Stelle am Ufer gefunden
hatten, wo man bequem ans Land ſteigen konnte, und wo ein Bach nebſt Hol-
zung in der Naͤhe war, gieng unſre erſte Sorge dahin, die Ruder, Seegel,
Maͤntel, Flinten, Beile u. ſ. w. ans Land zu ſchaffen. Ein Faͤßchen mit Sproſ-
ſen-Bier, vielleicht auch eine Flaſche Branntewein wurden dabey nicht vergeſ-
ſen. Alsdenn legten die Matroſen die Boote vor einen kleinen Anker und mach-
ten ſie vermittelſt eines Stricks am naͤchſten Baume auf dem Ufer feſt. Waͤh-
rend dieſer Zeit ſuchten einige von uns trocknes Feuerholz, welches in einer ſo naſ-
ſen Gegend, als Duſky-Bay iſt, oft ſchwer genug zu finden war; andre rich-
teten an einer Stelle, die trocken, und wo moͤglich, gegen Wind und Regen gedeckt
war, ein Zelt oder Wetter-Schirm von Rudern, Seegeln und ſtarken Baum-
Aeſten auf, und noch andre machten ein Feuer vor dem Zelt, welches mehren-
theils durch Werk und Schieß-Pulver angezuͤndet ward. Bey der Bereitung
des Abendeſſens faßten wir uns gemeiniglich kurz. Einige Matroſen nahmen
die Fiſche aus, zogen den Waſſervoͤgeln die Haut ab, reinigten und brateten beydes.
Unterdeſſen ward der Tiſch herbey geholt. Dies pflegte eine Queerbank aus dem
Boot zu ſeyn, welche rein gewaſchen wurde, und alsdann ſtatt Schuͤſſel und Teller
dienen mußte; ſo wie ſtatt der Meſſer und Gabeln oft mit Fingern und Zaͤhnen vorge-
legt ward. Eine ſolche Lebensart, wird zwar dem geſitteten Leſer, ſchon der Beſchrei-
bung nach, unreinlich und ekelhaft vorkommen, uns aber lehrte dazumahl der ge-
ſunde Appetit, den wir der ſtarken Leibes-Uebung und der friſchen Luft zu danken
hatten, dergleichen Begriffe bald genug uͤberwinden, und nie empfanden wir
ſtaͤrker denn bey dergleichen Gelegenheiten, mit wie wenigem die Natur zur Er-
haltung des Menſchen zufrieden iſt. Nach dem Eſſen hoͤrte man eine Weile
der originalen comiſchen Laune der Matroſen zu, die ums Feuer herum lagen, ihr
Abendbrod machten und manches luſtige Geſchichtgen mit Fluchen, Schwuͤren
und ſchmutzigen Ausdruͤcken aufgeſtutzt, ſelten aber ohne wuͤrkliche Laune
1773.
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