1773. April.wenn die Einwohner, bey Abfeurung unsers Gewehrs, uns nicht zugerufen hät- ten. In beyden Fällen ließen sie, meines Erachtens, eine offenherzige Drei- stigkeit und Ehrlichkeit blicken, die ihrem Character zur Empfehlung gereicht; denn hätte selbiger die mindeste Beymischung von verrätherischen heimtückischen Wesen, so würden sie gesucht haben uns unversehens zu überfallen, wozu es ihnen auch keinesweges an Gelegenheit fehlte, denn sie hätten ja unsre klei- nen Partheyen, die aller Orten einzeln in den Wäldern herumschwärmten, oft und leicht genug abschneiden können.
Ueber dieser Unterhandlung mit den Wilden war es Mittag geworden als wir sie verließen und nordwärts den langen See-Arm wieder herabgiengen, wo- von Capitain Cook unterwegens eine Zeichnung aufnahm. Die Nacht übereilte uns ehe er damit fertig war; wir mußten daher einen andern ähnlichen Arm der See ununtersucht lassen und nur eilen, daß wir zum Schiffe zurück kamen, wo- selbst wir erst Abends um 8 Uhr anlangten. Man erzählte uns, daß der Wilde mit dem Mädchen bis Mittags an Bord geblieben sey; und als man ihm zu verste- hen gegeben, daß in seinem doppelten Canot, in Cascade-Bucht, einige Ge- schenke für ihn wären hingelegt worden; habe er etliche seiner Leute abge- schickt, sie von dort zu holen, sey auch mit seiner ganzen Familie bis diesen Morgen in der Nachbarschaft des Schiffes verblieben. Seit der Zeit aber ha- ben wir sie nicht wieder zu sehen bekommen, und das war um so außerordentli- cher, da wir sie nie mit leerer Hand hatten von uns gehen lassen, sondern ihnen, nach und nach, ohngefähr neun oder zehen Beile und wenigstens viermal so viel große Nägel, nebst andern Dingen geschenkt hatten. In so fern diese Artikel als Reichthümer unter ihnen angesehen werden, in sofern ist dieser Mann der reichste in ganz Neu-Seeland; denn vor der zweyten Ankunft englischer Schiffe war auf der ganzen Insel zusammen genommen, nicht so viel Eisen-Geräthe anzutref- fen. Da Dusky-Bay so wenig bewohnt ist, so führen die einzelnen Fami- lien in derselben wahrscheinlicherweise ein unstätes, nomadisches Leben und ziehen, vielleicht der Fischerey, vielleicht anderer Umstände wegen, in verschied- nen Jahrszeiten aus einer Gegend nach der andern. Wir vermutheten daher auch, daß unsre Freunde bloß aus diesem Grunde weggezogen wären; allein
Forſter’s Reiſe um die Welt
1773. April.wenn die Einwohner, bey Abfeurung unſers Gewehrs, uns nicht zugerufen haͤt- ten. In beyden Faͤllen ließen ſie, meines Erachtens, eine offenherzige Drei- ſtigkeit und Ehrlichkeit blicken, die ihrem Character zur Empfehlung gereicht; denn haͤtte ſelbiger die mindeſte Beymiſchung von verraͤtheriſchen heimtuͤckiſchen Weſen, ſo wuͤrden ſie geſucht haben uns unverſehens zu uͤberfallen, wozu es ihnen auch keinesweges an Gelegenheit fehlte, denn ſie haͤtten ja unſre klei- nen Partheyen, die aller Orten einzeln in den Waͤldern herumſchwaͤrmten, oft und leicht genug abſchneiden koͤnnen.
Ueber dieſer Unterhandlung mit den Wilden war es Mittag geworden als wir ſie verließen und nordwaͤrts den langen See-Arm wieder herabgiengen, wo- von Capitain Cook unterwegens eine Zeichnung aufnahm. Die Nacht uͤbereilte uns ehe er damit fertig war; wir mußten daher einen andern aͤhnlichen Arm der See ununterſucht laſſen und nur eilen, daß wir zum Schiffe zuruͤck kamen, wo- ſelbſt wir erſt Abends um 8 Uhr anlangten. Man erzaͤhlte uns, daß der Wilde mit dem Maͤdchen bis Mittags an Bord geblieben ſey; und als man ihm zu verſte- hen gegeben, daß in ſeinem doppelten Canot, in Cascade-Bucht, einige Ge- ſchenke fuͤr ihn waͤren hingelegt worden; habe er etliche ſeiner Leute abge- ſchickt, ſie von dort zu holen, ſey auch mit ſeiner ganzen Familie bis dieſen Morgen in der Nachbarſchaft des Schiffes verblieben. Seit der Zeit aber ha- ben wir ſie nicht wieder zu ſehen bekommen, und das war um ſo außerordentli- cher, da wir ſie nie mit leerer Hand hatten von uns gehen laſſen, ſondern ihnen, nach und nach, ohngefaͤhr neun oder zehen Beile und wenigſtens viermal ſo viel große Naͤgel, nebſt andern Dingen geſchenkt hatten. In ſo fern dieſe Artikel als Reichthuͤmer unter ihnen angeſehen werden, in ſofern iſt dieſer Mann der reichſte in ganz Neu-Seeland; denn vor der zweyten Ankunft engliſcher Schiffe war auf der ganzen Inſel zuſammen genommen, nicht ſo viel Eiſen-Geraͤthe anzutref- fen. Da Dusky-Bay ſo wenig bewohnt iſt, ſo fuͤhren die einzelnen Fami- lien in derſelben wahrſcheinlicherweiſe ein unſtaͤtes, nomadiſches Leben und ziehen, vielleicht der Fiſcherey, vielleicht anderer Umſtaͤnde wegen, in verſchied- nen Jahrszeiten aus einer Gegend nach der andern. Wir vermutheten daher auch, daß unſre Freunde bloß aus dieſem Grunde weggezogen waͤren; allein
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Forſter’s Reiſe um die Welt
wenn die Einwohner, bey Abfeurung unſers Gewehrs, uns nicht zugerufen haͤt-
ten. In beyden Faͤllen ließen ſie, meines Erachtens, eine offenherzige Drei-
ſtigkeit und Ehrlichkeit blicken, die ihrem Character zur Empfehlung gereicht;
denn haͤtte ſelbiger die mindeſte Beymiſchung von verraͤtheriſchen heimtuͤckiſchen
Weſen, ſo wuͤrden ſie geſucht haben uns unverſehens zu uͤberfallen, wozu es
ihnen auch keinesweges an Gelegenheit fehlte, denn ſie haͤtten ja unſre klei-
nen Partheyen, die aller Orten einzeln in den Waͤldern herumſchwaͤrmten, oft
und leicht genug abſchneiden koͤnnen.
1773.
April.
Ueber dieſer Unterhandlung mit den Wilden war es Mittag geworden als
wir ſie verließen und nordwaͤrts den langen See-Arm wieder herabgiengen, wo-
von Capitain Cook unterwegens eine Zeichnung aufnahm. Die Nacht uͤbereilte
uns ehe er damit fertig war; wir mußten daher einen andern aͤhnlichen Arm der
See ununterſucht laſſen und nur eilen, daß wir zum Schiffe zuruͤck kamen, wo-
ſelbſt wir erſt Abends um 8 Uhr anlangten. Man erzaͤhlte uns, daß der Wilde mit
dem Maͤdchen bis Mittags an Bord geblieben ſey; und als man ihm zu verſte-
hen gegeben, daß in ſeinem doppelten Canot, in Cascade-Bucht, einige Ge-
ſchenke fuͤr ihn waͤren hingelegt worden; habe er etliche ſeiner Leute abge-
ſchickt, ſie von dort zu holen, ſey auch mit ſeiner ganzen Familie bis dieſen
Morgen in der Nachbarſchaft des Schiffes verblieben. Seit der Zeit aber ha-
ben wir ſie nicht wieder zu ſehen bekommen, und das war um ſo außerordentli-
cher, da wir ſie nie mit leerer Hand hatten von uns gehen laſſen, ſondern ihnen,
nach und nach, ohngefaͤhr neun oder zehen Beile und wenigſtens viermal ſo viel
große Naͤgel, nebſt andern Dingen geſchenkt hatten. In ſo fern dieſe Artikel als
Reichthuͤmer unter ihnen angeſehen werden, in ſofern iſt dieſer Mann der reichſte
in ganz Neu-Seeland; denn vor der zweyten Ankunft engliſcher Schiffe war
auf der ganzen Inſel zuſammen genommen, nicht ſo viel Eiſen-Geraͤthe anzutref-
fen. Da Dusky-Bay ſo wenig bewohnt iſt, ſo fuͤhren die einzelnen Fami-
lien in derſelben wahrſcheinlicherweiſe ein unſtaͤtes, nomadiſches Leben und
ziehen, vielleicht der Fiſcherey, vielleicht anderer Umſtaͤnde wegen, in verſchied-
nen Jahrszeiten aus einer Gegend nach der andern. Wir vermutheten daher
auch, daß unſre Freunde bloß aus dieſem Grunde weggezogen waͤren; allein
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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/181>, abgerufen am 18.07.2024.
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