Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.in den Jahren 1772 bis 1775. mit den glühenden Farben der Schöpfung geschildert da, und die Natur wunderte1773.April. sich gleichsam, auf des Künstlers (Herrn Hodges) Staffeley, so richtig nachge- ahmt zu erscheinen. Auch die höheren Wissenschaften hatten diese wilde Einöde mit ihrer Gegenwart beehrt. Mitten unter den mechanischen Werkstätten ragte eine Sternwarte empor, die mit den besten Instrumenten versehen war, durch welche der Sternkundigen wachender Fleis den Gang der Gestirne beobachtete. Die Pflanzen, die der Boden hervor brachte, und die Wunder des Thierreichs in Wäldern und Seen, beschäfftigten die Weltweisen, deren Stunden bestimmt waren, ihren Unterschied und Nutzen auszuspühren. Kurz überall, wo wir nur hin blickten, sahe man die Künste auf blühen, und die Wissenschaften tagten in ei- nem Lande, das bis jetzt noch eine lange Nacht von Unwissenheit und Barbarey bedeckt hatte! Allein, dies schöne Bild der erhöhten Menschheit und Natur war von keiner Dauer. Gleich einem Meteor verschwand es fast so geschwind als es entstanden war. Wir brachten unsre Instrumente und Werkzeuge wieder zu Schiffe, und ließen kein Merkmahl unsers Hierseyns, als ein Stück Land, das von Holz entblößt war. Zwar hatten wir eine Menge von europäischem Garten- Gesäme der besten Art daselbst ausgestreuet, allein das Unkraut umher wird jede nützliche Pflanze bald genug wieder ersticken und in wenig Jahren wird der Ort unsers Aufenthalts nicht mehr zu kennen, sondern zu dem ursprünglichen, ehao- tischen Zustande des Landes wiederum herabgesimken seyn. Sic transit glo- ria mundi! Augenblicke oder Jahrhunderte der Cultur machen in Betracht der vernichtenden Zukunft keinen merklichen Unterschied! Ehe ich diesen Ort unsers bisherigen Aufenthalts ganz verlasse, will ich "Die Sternwarte, welche wir in Pickersgill-Haven errichtet hatten, in den Jahren 1772 bis 1775. mit den gluͤhenden Farben der Schoͤpfung geſchildert da, und die Natur wunderte1773.April. ſich gleichſam, auf des Kuͤnſtlers (Herrn Hodges) Staffeley, ſo richtig nachge- ahmt zu erſcheinen. Auch die hoͤheren Wiſſenſchaften hatten dieſe wilde Einoͤde mit ihrer Gegenwart beehrt. Mitten unter den mechaniſchen Werkſtaͤtten ragte eine Sternwarte empor, die mit den beſten Inſtrumenten verſehen war, durch welche der Sternkundigen wachender Fleis den Gang der Geſtirne beobachtete. Die Pflanzen, die der Boden hervor brachte, und die Wunder des Thierreichs in Waͤldern und Seen, beſchaͤfftigten die Weltweiſen, deren Stunden beſtimmt waren, ihren Unterſchied und Nutzen auszuſpuͤhren. Kurz uͤberall, wo wir nur hin blickten, ſahe man die Kuͤnſte auf bluͤhen, und die Wiſſenſchaften tagten in ei- nem Lande, das bis jetzt noch eine lange Nacht von Unwiſſenheit und Barbarey bedeckt hatte! Allein, dies ſchoͤne Bild der erhoͤhten Menſchheit und Natur war von keiner Dauer. Gleich einem Meteor verſchwand es faſt ſo geſchwind als es entſtanden war. Wir brachten unſre Inſtrumente und Werkzeuge wieder zu Schiffe, und ließen kein Merkmahl unſers Hierſeyns, als ein Stuͤck Land, das von Holz entbloͤßt war. Zwar hatten wir eine Menge von europaͤiſchem Garten- Geſaͤme der beſten Art daſelbſt ausgeſtreuet, allein das Unkraut umher wird jede nuͤtzliche Pflanze bald genug wieder erſticken und in wenig Jahren wird der Ort unſers Aufenthalts nicht mehr zu kennen, ſondern zu dem urſpruͤnglichen, ehao- tiſchen Zuſtande des Landes wiederum herabgeſimken ſeyn. Sic tranſit glo- ria mundi! Augenblicke oder Jahrhunderte der Cultur machen in Betracht der vernichtenden Zukunft keinen merklichen Unterſchied! Ehe ich dieſen Ort unſers bisherigen Aufenthalts ganz verlaſſe, will ich “Die Sternwarte, welche wir in Pickersgill-Haven errichtet hatten, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0186" n="135"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">in den Jahren 1772 bis 1775.</hi></fw><lb/> mit den gluͤhenden Farben der Schoͤpfung geſchildert da, und die Natur wunderte<note place="right">1773.<lb/> April.</note><lb/> ſich gleichſam, auf des Kuͤnſtlers (Herrn <hi rendition="#fr"><persName>Hodges</persName></hi>) Staffeley, ſo richtig nachge-<lb/> ahmt zu erſcheinen. Auch die hoͤheren Wiſſenſchaften hatten dieſe wilde Einoͤde<lb/> mit ihrer Gegenwart beehrt. Mitten unter den mechaniſchen Werkſtaͤtten ragte eine<lb/> Sternwarte empor, die mit den beſten Inſtrumenten verſehen war, durch welche<lb/> der Sternkundigen wachender Fleis den Gang der Geſtirne beobachtete. 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in den Jahren 1772 bis 1775.
mit den gluͤhenden Farben der Schoͤpfung geſchildert da, und die Natur wunderte
ſich gleichſam, auf des Kuͤnſtlers (Herrn Hodges) Staffeley, ſo richtig nachge-
ahmt zu erſcheinen. Auch die hoͤheren Wiſſenſchaften hatten dieſe wilde Einoͤde
mit ihrer Gegenwart beehrt. Mitten unter den mechaniſchen Werkſtaͤtten ragte eine
Sternwarte empor, die mit den beſten Inſtrumenten verſehen war, durch welche
der Sternkundigen wachender Fleis den Gang der Geſtirne beobachtete. Die
Pflanzen, die der Boden hervor brachte, und die Wunder des Thierreichs in
Waͤldern und Seen, beſchaͤfftigten die Weltweiſen, deren Stunden beſtimmt
waren, ihren Unterſchied und Nutzen auszuſpuͤhren. Kurz uͤberall, wo wir nur
hin blickten, ſahe man die Kuͤnſte auf bluͤhen, und die Wiſſenſchaften tagten in ei-
nem Lande, das bis jetzt noch eine lange Nacht von Unwiſſenheit und Barbarey
bedeckt hatte! Allein, dies ſchoͤne Bild der erhoͤhten Menſchheit und Natur war
von keiner Dauer. Gleich einem Meteor verſchwand es faſt ſo geſchwind als es
entſtanden war. Wir brachten unſre Inſtrumente und Werkzeuge wieder zu
Schiffe, und ließen kein Merkmahl unſers Hierſeyns, als ein Stuͤck Land, das von
Holz entbloͤßt war. Zwar hatten wir eine Menge von europaͤiſchem Garten-
Geſaͤme der beſten Art daſelbſt ausgeſtreuet, allein das Unkraut umher wird jede
nuͤtzliche Pflanze bald genug wieder erſticken und in wenig Jahren wird der Ort
unſers Aufenthalts nicht mehr zu kennen, ſondern zu dem urſpruͤnglichen, ehao-
tiſchen Zuſtande des Landes wiederum herabgeſimken ſeyn. Sic tranſit glo-
ria mundi! Augenblicke oder Jahrhunderte der Cultur machen in Betracht
der vernichtenden Zukunft keinen merklichen Unterſchied!
1773.
April.
Ehe ich dieſen Ort unſers bisherigen Aufenthalts ganz verlaſſe, will ich
aus Capitain Cook’s Tagebuch noch folgende aſtronomiſche Bemerkungen ein-
ruͤcken: —
“Die Sternwarte, welche wir in Pickersgill-Haven errichtet hatten,
war unterm 45° 47′ 26½″ ſuͤdlicher Breite, und dem 166° 18′ oͤſtlicher
Laͤnge von Greenwich gelegen. Hier fand ſichs, daß Kendals Laͤngen-Uhr
1° 48′ Arnolds hingegen nur 39′ 25″ weniger als die wahre Laͤnge angab.
Am Vorgebuͤrge der guten Hoffnung hatte Kendals Uhr zum Erſtaunen die wahre
Laͤnge, bis auf eine Minute angezeigt, ſo wie die Herren Maſon und Dixon
ſolche dort aſtronomiſch obſervirt und berechnet hatten. Es iſt aber zu merken,
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Zitationshilfe: | Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/186>, abgerufen am 16.02.2025. |