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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

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Forster's Reise um die Welt
1773.
May.
mit Pallisaden umgeben gewesen; die Matrosen hatten sie aber schon mehren-
theils ausgerissen und zu Brennholz verbraucht. Innerhalb dieser Schutzwehr
standen die Wohnungen der Einwohner ohne Ordnung durch einander. Diese
Hütten waren ohne Seitenwände aufgeführt, indem das ganze Haus nur aus ei-
nem Dache bestand, welches oben in eine scharfe Spitze zusammen lief. Die inwen-
dige Seite hatten sie mit Baumzweigen, wie ein Zaun oder Hürden-Werk aus-
geflochten, alsdenn Baumrinde darüber hergelegt, und von außen mit den stärk-
sten Fibern der hiesigen Flachspflanze gedeckt. Die Leute erzählten uns, daß
diese Hütten voll Ungeziefers, besonders aber voll Flöhe gewesen wären, und wun-
derten sich gewissermaßen, daß sie diesen Anzeigen nach zu urtheilen, so ganz kürz-
lich noch bewohnt gewesen seyn sollten. Ich glaube aber überhaupt, daß derglei-
chen feste Plätze den Einwohnern jedesmal nur auf kurze Zeit zur Wohnung die-
nen, auf so lange nemlich, als sie etwa wegen Annäherung eines Feindes in Ge-
fahr seyn mögen. Zu vorgedachtem Ungeziefer gehörten auch Ratten, die un-
sre Reisenden auf diesem Hippah-Felsen in so großer Anzahl fanden, daß sie,
um derselben nur einigermaßen los zu werden, statt anderer Fallen etliche große
Töpfe in den Boden eingruben, in welchen sich denn diese Thiere des Nachts
häufig fingen. Ihrer Menge nach zu urtheilen, müssen sie entweder mit zu den
ursprünglichen Bewohnern von Neu-Seeland gehören, oder wenigstens schon
früher dahin gekommen seyn, als dies Land von Europäern entdeckt worden ist. Ca-
pitain Furneaux zeigte uns einige Stücke Land auf dem Felsen, die er hatte
umgraben und mit Garten-Gewächs besäen lassen. Es gerieth daselbst so
wohl, daß oft Salat und andre Arten von europäischen Gemüse auf unsern Tisch
kamen, ob es gleich hier zu Lande schon tief in den Winter hinein war. Diese
Annehmlichkeit hatten wir aber dem Clima zu verdanken, welches hier ungleich
besser als in Dusky-Bay, und so gelinde war, daß es, der nahgelegnen und
mit Schnee bedeckten Berge ohnerachtet, in Charlotten-Sund nur selten hart
frieren mag; wenigstens erlebten wir es nicht während unsers Hierseyns, wel-
ches gleichwohl bis zum 6ten Junius dauerte, der auf dieser Halbkugel, mit un-
serm December übereinkommt.

Am 22sten giengen wir nach einer im Sunde gelegenen Insel, die Capi-
tain Cook auf seiner vorigen Reise Long-Eyland genannt hatte. Sie be-

steht

Forſter’s Reiſe um die Welt
1773.
May.
mit Palliſaden umgeben geweſen; die Matroſen hatten ſie aber ſchon mehren-
theils ausgeriſſen und zu Brennholz verbraucht. Innerhalb dieſer Schutzwehr
ſtanden die Wohnungen der Einwohner ohne Ordnung durch einander. Dieſe
Huͤtten waren ohne Seitenwaͤnde aufgefuͤhrt, indem das ganze Haus nur aus ei-
nem Dache beſtand, welches oben in eine ſcharfe Spitze zuſammen lief. Die inwen-
dige Seite hatten ſie mit Baumzweigen, wie ein Zaun oder Huͤrden-Werk aus-
geflochten, alsdenn Baumrinde daruͤber hergelegt, und von außen mit den ſtaͤrk-
ſten Fibern der hieſigen Flachspflanze gedeckt. Die Leute erzaͤhlten uns, daß
dieſe Huͤtten voll Ungeziefers, beſonders aber voll Floͤhe geweſen waͤren, und wun-
derten ſich gewiſſermaßen, daß ſie dieſen Anzeigen nach zu urtheilen, ſo ganz kuͤrz-
lich noch bewohnt geweſen ſeyn ſollten. Ich glaube aber uͤberhaupt, daß derglei-
chen feſte Plaͤtze den Einwohnern jedesmal nur auf kurze Zeit zur Wohnung die-
nen, auf ſo lange nemlich, als ſie etwa wegen Annaͤherung eines Feindes in Ge-
fahr ſeyn moͤgen. Zu vorgedachtem Ungeziefer gehoͤrten auch Ratten, die un-
ſre Reiſenden auf dieſem Hippah-Felſen in ſo großer Anzahl fanden, daß ſie,
um derſelben nur einigermaßen los zu werden, ſtatt anderer Fallen etliche große
Toͤpfe in den Boden eingruben, in welchen ſich denn dieſe Thiere des Nachts
haͤufig fingen. Ihrer Menge nach zu urtheilen, muͤſſen ſie entweder mit zu den
urſpruͤnglichen Bewohnern von Neu-Seeland gehoͤren, oder wenigſtens ſchon
fruͤher dahin gekommen ſeyn, als dies Land von Europaͤern entdeckt worden iſt. Ca-
pitain Furneaux zeigte uns einige Stuͤcke Land auf dem Felſen, die er hatte
umgraben und mit Garten-Gewaͤchs beſaͤen laſſen. Es gerieth daſelbſt ſo
wohl, daß oft Salat und andre Arten von europaͤiſchen Gemuͤſe auf unſern Tiſch
kamen, ob es gleich hier zu Lande ſchon tief in den Winter hinein war. Dieſe
Annehmlichkeit hatten wir aber dem Clima zu verdanken, welches hier ungleich
beſſer als in Dusky-Bay, und ſo gelinde war, daß es, der nahgelegnen und
mit Schnee bedeckten Berge ohnerachtet, in Charlotten-Sund nur ſelten hart
frieren mag; wenigſtens erlebten wir es nicht waͤhrend unſers Hierſeyns, wel-
ches gleichwohl bis zum 6ten Junius dauerte, der auf dieſer Halbkugel, mit un-
ſerm December uͤbereinkommt.

Am 22ſten giengen wir nach einer im Sunde gelegenen Inſel, die Capi-
tain Cook auf ſeiner vorigen Reiſe Long-Eyland genannt hatte. Sie be-

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[152/0203] Forſter’s Reiſe um die Welt mit Palliſaden umgeben geweſen; die Matroſen hatten ſie aber ſchon mehren- theils ausgeriſſen und zu Brennholz verbraucht. Innerhalb dieſer Schutzwehr ſtanden die Wohnungen der Einwohner ohne Ordnung durch einander. Dieſe Huͤtten waren ohne Seitenwaͤnde aufgefuͤhrt, indem das ganze Haus nur aus ei- nem Dache beſtand, welches oben in eine ſcharfe Spitze zuſammen lief. Die inwen- dige Seite hatten ſie mit Baumzweigen, wie ein Zaun oder Huͤrden-Werk aus- geflochten, alsdenn Baumrinde daruͤber hergelegt, und von außen mit den ſtaͤrk- ſten Fibern der hieſigen Flachspflanze gedeckt. Die Leute erzaͤhlten uns, daß dieſe Huͤtten voll Ungeziefers, beſonders aber voll Floͤhe geweſen waͤren, und wun- derten ſich gewiſſermaßen, daß ſie dieſen Anzeigen nach zu urtheilen, ſo ganz kuͤrz- lich noch bewohnt geweſen ſeyn ſollten. Ich glaube aber uͤberhaupt, daß derglei- chen feſte Plaͤtze den Einwohnern jedesmal nur auf kurze Zeit zur Wohnung die- nen, auf ſo lange nemlich, als ſie etwa wegen Annaͤherung eines Feindes in Ge- fahr ſeyn moͤgen. Zu vorgedachtem Ungeziefer gehoͤrten auch Ratten, die un- ſre Reiſenden auf dieſem Hippah-Felſen in ſo großer Anzahl fanden, daß ſie, um derſelben nur einigermaßen los zu werden, ſtatt anderer Fallen etliche große Toͤpfe in den Boden eingruben, in welchen ſich denn dieſe Thiere des Nachts haͤufig fingen. Ihrer Menge nach zu urtheilen, muͤſſen ſie entweder mit zu den urſpruͤnglichen Bewohnern von Neu-Seeland gehoͤren, oder wenigſtens ſchon fruͤher dahin gekommen ſeyn, als dies Land von Europaͤern entdeckt worden iſt. Ca- pitain Furneaux zeigte uns einige Stuͤcke Land auf dem Felſen, die er hatte umgraben und mit Garten-Gewaͤchs beſaͤen laſſen. Es gerieth daſelbſt ſo wohl, daß oft Salat und andre Arten von europaͤiſchen Gemuͤſe auf unſern Tiſch kamen, ob es gleich hier zu Lande ſchon tief in den Winter hinein war. Dieſe Annehmlichkeit hatten wir aber dem Clima zu verdanken, welches hier ungleich beſſer als in Dusky-Bay, und ſo gelinde war, daß es, der nahgelegnen und mit Schnee bedeckten Berge ohnerachtet, in Charlotten-Sund nur ſelten hart frieren mag; wenigſtens erlebten wir es nicht waͤhrend unſers Hierſeyns, wel- ches gleichwohl bis zum 6ten Junius dauerte, der auf dieſer Halbkugel, mit un- ſerm December uͤbereinkommt. 1773. May. Am 22ſten giengen wir nach einer im Sunde gelegenen Inſel, die Capi- tain Cook auf ſeiner vorigen Reiſe Long-Eyland genannt hatte. Sie be- ſteht

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/203>, abgerufen am 21.11.2024.