Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.in den Jahren 1772 bis 1775. steht aus einem langen Bergrücken, der an beyden Seiten zwar sehr steil, ober-1773.May. wärts aber fast ganz eben, obschon an den mehresten Stellen nur schmal ist. Auf der Nordwestseite fanden wir einen schönen Strand, und überhalb demselben ein kleines Stück flaches Land, das größtentheils morastig und mit verschiednen Gras- Arten bewachsen war; das übrige Land brachte allerhand antiscorbutische Kräu- ter, imgleichen den Neu-Seeländischen Flachs (phormium) hervor, welcher letztere sich am häufigsten neben den alten verlaßnen Hütten der Einwohner fand. Wir ließen hier etliche Stücken Land umgraben und zurecht machen und säeten eu- ropäisches Garten-Gesäme hinein das, allem Anschein nach, gut fortkommen wird. Hierauf erstiegen wir die Spitze dieser Insel, fanden aber nichts als tro- cknes, bereits verwelktes Gras und allerhand niedriges Strauchwerk darauf, unter welchem eine Menge Wachteln, die den Europäischen völlig ähnlich wa- ren, ihre Wohnung aufgeschlagen hatten. Einige tiefe und schmale Erdrisse, die von der Höhe gegen die See herab liefen, waren mit Bäumen, Stauden und Schling verwachsen und voll kleiner Vögel, darunter es auch Falken gab. Wo die Klippen ganz senkrecht aus dem Meer empor steigen, oder schief über das Wasser hiengen, da hatten große Schaaren einer schönen Seeraben-Art (Shags) genistet, entweder auf kleinen Felsenstücken, oder wo möglich, in kleinen Höhlungen, die ohngefähr einen Fus ins Gevierte haben mogten, und manchmal von den Vögeln selbst erweitert zu seyn schienen. Hiezu ist der thonartige Stein, aus welchem die mehresten Berge in Charlotten-Sund bestehen, oft weich genug. Er liegt in schief hängenden Schichten, die sich gemeiniglich gegen Süden senken, ist theils grünlich grauer, theils blauer, theils gelbbräunlicher Farbe, und enthält zuweilen Quarz-Adern. Auch findet man in selbigem den grünen Talkstein, lapis nephriticus genant, der, wenn er die ge- hörige Härte hat, halb durchsichtig ist und eine feine Politur annimmt; doch giebt es ungleich mehr weichere, undurchsichtige und blaßgrüne, als Feuerstein- harte und halbdurchsichtige. Die Einwohner machen Meißel, Beile, zuwei- len auch Pattu-Pattuhs oder Streit-Aexte daraus, und es ist eben dieselbige Stein- Art, welche bey den englischen Juwelierern, Jade heißt. Nächst diesem fanden wir, an verschiednen Stellen, auch Schichten eines schwarzen Felssteins (Saxum Linn.), der aus schwarzem dichten Glimmer (mica) und kleinen Quarz-Theilchen Forsters Reise u. d. W. erster Th. U
in den Jahren 1772 bis 1775. ſteht aus einem langen Bergruͤcken, der an beyden Seiten zwar ſehr ſteil, ober-1773.May. waͤrts aber faſt ganz eben, obſchon an den mehreſten Stellen nur ſchmal iſt. Auf der Nordweſtſeite fanden wir einen ſchoͤnen Strand, und uͤberhalb demſelben ein kleines Stuͤck flaches Land, das groͤßtentheils moraſtig und mit verſchiednen Gras- Arten bewachſen war; das uͤbrige Land brachte allerhand antiſcorbutiſche Kraͤu- ter, imgleichen den Neu-Seelaͤndiſchen Flachs (phormium) hervor, welcher letztere ſich am haͤufigſten neben den alten verlaßnen Huͤtten der Einwohner fand. Wir ließen hier etliche Stuͤcken Land umgraben und zurecht machen und ſaͤeten eu- ropaͤiſches Garten-Geſaͤme hinein das, allem Anſchein nach, gut fortkommen wird. Hierauf erſtiegen wir die Spitze dieſer Inſel, fanden aber nichts als tro- cknes, bereits verwelktes Gras und allerhand niedriges Strauchwerk darauf, unter welchem eine Menge Wachteln, die den Europaͤiſchen voͤllig aͤhnlich wa- ren, ihre Wohnung aufgeſchlagen hatten. Einige tiefe und ſchmale Erdriſſe, die von der Hoͤhe gegen die See herab liefen, waren mit Baͤumen, Stauden und Schling verwachſen und voll kleiner Voͤgel, darunter es auch Falken gab. Wo die Klippen ganz ſenkrecht aus dem Meer empor ſteigen, oder ſchief uͤber das Waſſer hiengen, da hatten große Schaaren einer ſchoͤnen Seeraben-Art (Shags) geniſtet, entweder auf kleinen Felſenſtuͤcken, oder wo moͤglich, in kleinen Hoͤhlungen, die ohngefaͤhr einen Fus ins Gevierte haben mogten, und manchmal von den Voͤgeln ſelbſt erweitert zu ſeyn ſchienen. Hiezu iſt der thonartige Stein, aus welchem die mehreſten Berge in Charlotten-Sund beſtehen, oft weich genug. Er liegt in ſchief haͤngenden Schichten, die ſich gemeiniglich gegen Suͤden ſenken, iſt theils gruͤnlich grauer, theils blauer, theils gelbbraͤunlicher Farbe, und enthaͤlt zuweilen Quarz-Adern. Auch findet man in ſelbigem den gruͤnen Talkſtein, lapis nephriticus genant, der, wenn er die ge- hoͤrige Haͤrte hat, halb durchſichtig iſt und eine feine Politur annimmt; doch giebt es ungleich mehr weichere, undurchſichtige und blaßgruͤne, als Feuerſtein- harte und halbdurchſichtige. Die Einwohner machen Meißel, Beile, zuwei- len auch Pattu-Pattuhs oder Streit-Aexte daraus, und es iſt eben dieſelbige Stein- Art, welche bey den engliſchen Juwelierern, Jade heißt. Naͤchſt dieſem fanden wir, an verſchiednen Stellen, auch Schichten eines ſchwarzen Felsſteins (Saxum Linn.), der aus ſchwarzem dichten Glimmer (mica) und kleinen Quarz-Theilchen Forſters Reiſe u. d. W. erſter Th. U
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in den Jahren 1772 bis 1775.
ſteht aus einem langen Bergruͤcken, der an beyden Seiten zwar ſehr ſteil, ober-
waͤrts aber faſt ganz eben, obſchon an den mehreſten Stellen nur ſchmal iſt. Auf
der Nordweſtſeite fanden wir einen ſchoͤnen Strand, und uͤberhalb demſelben ein
kleines Stuͤck flaches Land, das groͤßtentheils moraſtig und mit verſchiednen Gras-
Arten bewachſen war; das uͤbrige Land brachte allerhand antiſcorbutiſche Kraͤu-
ter, imgleichen den Neu-Seelaͤndiſchen Flachs (phormium) hervor, welcher
letztere ſich am haͤufigſten neben den alten verlaßnen Huͤtten der Einwohner fand.
Wir ließen hier etliche Stuͤcken Land umgraben und zurecht machen und ſaͤeten eu-
ropaͤiſches Garten-Geſaͤme hinein das, allem Anſchein nach, gut fortkommen
wird. Hierauf erſtiegen wir die Spitze dieſer Inſel, fanden aber nichts als tro-
cknes, bereits verwelktes Gras und allerhand niedriges Strauchwerk darauf,
unter welchem eine Menge Wachteln, die den Europaͤiſchen voͤllig aͤhnlich wa-
ren, ihre Wohnung aufgeſchlagen hatten. Einige tiefe und ſchmale Erdriſſe,
die von der Hoͤhe gegen die See herab liefen, waren mit Baͤumen, Stauden
und Schling verwachſen und voll kleiner Voͤgel, darunter es auch
Falken gab. Wo die Klippen ganz ſenkrecht aus dem Meer empor ſteigen, oder
ſchief uͤber das Waſſer hiengen, da hatten große Schaaren einer ſchoͤnen
Seeraben-Art (Shags) geniſtet, entweder auf kleinen Felſenſtuͤcken, oder wo
moͤglich, in kleinen Hoͤhlungen, die ohngefaͤhr einen Fus ins Gevierte haben
mogten, und manchmal von den Voͤgeln ſelbſt erweitert zu ſeyn ſchienen. Hiezu
iſt der thonartige Stein, aus welchem die mehreſten Berge in Charlotten-Sund
beſtehen, oft weich genug. Er liegt in ſchief haͤngenden Schichten, die ſich
gemeiniglich gegen Suͤden ſenken, iſt theils gruͤnlich grauer, theils blauer, theils
gelbbraͤunlicher Farbe, und enthaͤlt zuweilen Quarz-Adern. Auch findet man in
ſelbigem den gruͤnen Talkſtein, lapis nephriticus genant, der, wenn er die ge-
hoͤrige Haͤrte hat, halb durchſichtig iſt und eine feine Politur annimmt; doch
giebt es ungleich mehr weichere, undurchſichtige und blaßgruͤne, als Feuerſtein-
harte und halbdurchſichtige. Die Einwohner machen Meißel, Beile, zuwei-
len auch Pattu-Pattuhs oder Streit-Aexte daraus, und es iſt eben dieſelbige Stein-
Art, welche bey den engliſchen Juwelierern, Jade heißt. Naͤchſt dieſem fanden wir,
an verſchiednen Stellen, auch Schichten eines ſchwarzen Felsſteins (Saxum
Linn.), der aus ſchwarzem dichten Glimmer (mica) und kleinen Quarz-Theilchen
1773.
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