1773. Junius.folge der vorigen Reise und nach dem was sie auf der jetzigen bereits erfah- ren und beobachtet hatten, urtheilten, machten sich wenig Hoffnung neue Länder zu entdecken, ja sie zweifelten sogar, daß es überhaupt ein solches Süd-Land gäbe.
Am folgenden Morgen um acht Uhr waren wir noch in der Mündung der Straße und hatten die hohen mit Schnee bedeckten Berge der südlichen Insel noch immer im Gesicht. Dieses wintermäßigen Ansehens ohnerachtet war in un- srer niedrigern Atmosphäre das Wetter hell und so gelinde, daß das Thermo- meter im Schatten auf 51 Grad stand. Große Züge von verschiednen Wall- fisch-Arten giengen beym Schiff vorbey; sie waren mehrentheils ganz schwarz und hatten einen weißen Fleck vor der hintersten Rücken-Finne. Wir feuerten auf sie, und trafen einen so nachdrücklich am Kopf, daß er nicht mehr tauchen konnte, sondern auf der blutgefärbten Oberfläche des Wassers gewaltig um sich zu schlagen anfieng. Er schien ohngefähr neun Fuß lang zu seyn, war schlank von Cörper hatte aber einen stumpf geformten Kopf, daher ihn unsre Matrosen botle-nose nannten. Diesen Namen führt aber beym Dale ein ganz anderer Fisch, nemlich der Butskopf oder Schnabel-Wallfisch (beaked whale), des- sen Nase einem Bouteillen-Halse ähnlich sieht *). Weil wir damals eben so guten Wind hatten, daß wir in einer Stunde drey und eine halbe englische Meile seegelten, so hielt es der Capitain nicht der Mühe werth beylegen zu lassen um den todten Fisch einzunehmen. "-- Als heute zu Mittage der Capitain und der Astronomus die Längen-Uhren aufziehen wollten, war keiner vermögend die Spindel an Herrn Arnolds Uhr umzudrehen, und also mußte man sie ablau- fen lassen. --"
So bald wir das Land aus dem Gesicht verlohren hatten, schwärmte eine unendliche Menge Albatroßen, von drey verschiednen Arten, um uns her. Die gemeinste oder größte Art war von unterschiedlichen Farben, die wir ihrem verschiednen Alter zuschrieben. Die Aeltesten waren fast ganz weiß, die jüngern etwas mehr braun gesprenkelt, die jüngsten aber ganz braun. Einige unserer
Matro-
*)Pennant's British Zoology. B. III. p. 53. der neuen vermehrten Edition in Quarto, von 1776.
Forſter’s Reiſe um die Welt
1773. Junius.folge der vorigen Reiſe und nach dem was ſie auf der jetzigen bereits erfah- ren und beobachtet hatten, urtheilten, machten ſich wenig Hoffnung neue Laͤnder zu entdecken, ja ſie zweifelten ſogar, daß es uͤberhaupt ein ſolches Suͤd-Land gaͤbe.
Am folgenden Morgen um acht Uhr waren wir noch in der Muͤndung der Straße und hatten die hohen mit Schnee bedeckten Berge der ſuͤdlichen Inſel noch immer im Geſicht. Dieſes wintermaͤßigen Anſehens ohnerachtet war in un- ſrer niedrigern Atmosphaͤre das Wetter hell und ſo gelinde, daß das Thermo- meter im Schatten auf 51 Grad ſtand. Große Zuͤge von verſchiednen Wall- fiſch-Arten giengen beym Schiff vorbey; ſie waren mehrentheils ganz ſchwarz und hatten einen weißen Fleck vor der hinterſten Ruͤcken-Finne. Wir feuerten auf ſie, und trafen einen ſo nachdruͤcklich am Kopf, daß er nicht mehr tauchen konnte, ſondern auf der blutgefaͤrbten Oberflaͤche des Waſſers gewaltig um ſich zu ſchlagen anfieng. Er ſchien ohngefaͤhr neun Fuß lang zu ſeyn, war ſchlank von Coͤrper hatte aber einen ſtumpf geformten Kopf, daher ihn unſre Matroſen botle-noſe nannten. Dieſen Namen fuͤhrt aber beym Dale ein ganz anderer Fiſch, nemlich der Butskopf oder Schnabel-Wallfiſch (beaked whale), deſ- ſen Naſe einem Bouteillen-Halſe aͤhnlich ſieht *). Weil wir damals eben ſo guten Wind hatten, daß wir in einer Stunde drey und eine halbe engliſche Meile ſeegelten, ſo hielt es der Capitain nicht der Muͤhe werth beylegen zu laſſen um den todten Fiſch einzunehmen. “— Als heute zu Mittage der Capitain und der Aſtronomus die Laͤngen-Uhren aufziehen wollten, war keiner vermoͤgend die Spindel an Herrn Arnolds Uhr umzudrehen, und alſo mußte man ſie ablau- fen laſſen. —”
So bald wir das Land aus dem Geſicht verlohren hatten, ſchwaͤrmte eine unendliche Menge Albatroßen, von drey verſchiednen Arten, um uns her. Die gemeinſte oder groͤßte Art war von unterſchiedlichen Farben, die wir ihrem verſchiednen Alter zuſchrieben. Die Aelteſten waren faſt ganz weiß, die juͤngern etwas mehr braun geſprenkelt, die juͤngſten aber ganz braun. Einige unſerer
Matro-
*)Pennant’s British Zoology. B. III. p. 53. der neuen vermehrten Edition in Quarto, von 1776.
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Forſter’s Reiſe um die Welt
folge der vorigen Reiſe und nach dem was ſie auf der jetzigen bereits erfah-
ren und beobachtet hatten, urtheilten, machten ſich wenig Hoffnung neue Laͤnder
zu entdecken, ja ſie zweifelten ſogar, daß es uͤberhaupt ein ſolches Suͤd-Land
gaͤbe.
1773.
Junius.
Am folgenden Morgen um acht Uhr waren wir noch in der Muͤndung der
Straße und hatten die hohen mit Schnee bedeckten Berge der ſuͤdlichen Inſel
noch immer im Geſicht. Dieſes wintermaͤßigen Anſehens ohnerachtet war in un-
ſrer niedrigern Atmosphaͤre das Wetter hell und ſo gelinde, daß das Thermo-
meter im Schatten auf 51 Grad ſtand. Große Zuͤge von verſchiednen Wall-
fiſch-Arten giengen beym Schiff vorbey; ſie waren mehrentheils ganz ſchwarz
und hatten einen weißen Fleck vor der hinterſten Ruͤcken-Finne. Wir feuerten
auf ſie, und trafen einen ſo nachdruͤcklich am Kopf, daß er nicht mehr tauchen
konnte, ſondern auf der blutgefaͤrbten Oberflaͤche des Waſſers gewaltig um ſich
zu ſchlagen anfieng. Er ſchien ohngefaͤhr neun Fuß lang zu ſeyn, war ſchlank von
Coͤrper hatte aber einen ſtumpf geformten Kopf, daher ihn unſre Matroſen
botle-noſe nannten. Dieſen Namen fuͤhrt aber beym Dale ein ganz anderer
Fiſch, nemlich der Butskopf oder Schnabel-Wallfiſch (beaked whale), deſ-
ſen Naſe einem Bouteillen-Halſe aͤhnlich ſieht *). Weil wir damals eben ſo
guten Wind hatten, daß wir in einer Stunde drey und eine halbe engliſche Meile
ſeegelten, ſo hielt es der Capitain nicht der Muͤhe werth beylegen zu laſſen um
den todten Fiſch einzunehmen. “— Als heute zu Mittage der Capitain und
der Aſtronomus die Laͤngen-Uhren aufziehen wollten, war keiner vermoͤgend die
Spindel an Herrn Arnolds Uhr umzudrehen, und alſo mußte man ſie ablau-
fen laſſen. —”
So bald wir das Land aus dem Geſicht verlohren hatten, ſchwaͤrmte
eine unendliche Menge Albatroßen, von drey verſchiednen Arten, um uns her.
Die gemeinſte oder groͤßte Art war von unterſchiedlichen Farben, die wir ihrem
verſchiednen Alter zuſchrieben. Die Aelteſten waren faſt ganz weiß, die juͤngern
etwas mehr braun geſprenkelt, die juͤngſten aber ganz braun. Einige unſerer
Matro-
*) Pennant’s British Zoology. B. III. p. 53. der neuen vermehrten Edition in Quarto,
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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/229>, abgerufen am 16.02.2025.
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